Ich habe nur die Sonne gesehen, da war mir halt so danach.“
„Ach was, red' nicht! Deine Sonne hört sich aber ziemlich interessant an.“, spielt sie wieder auf ihr Lieblingsthema an. Bevor ich weiter darüber nachdenke, entfliehen mir schon von allein Worte: „Sie war groß … und ziemlich schön. Mehr weiß ich aber auch nicht.“ „Also doch ein Kerl, ja? Sage schon, wo hast du ihn getroffen.“, wird sie nur neugieriger. Habe ich tatsächlich IHN damit gemeint? Ehrlich? Ich weiß es nicht, will daran auch keine Gedanken verschwenden. Lieber folge ich den Stufen hinauf, übergebe die sehnlichst erwarteten Tüten und hole vorher noch die zweite Packung für Isebell heraus. Sie freut sich, wie ich es mir dachte. Sie liebt Milch aber ich fürchte nur deswegen, weil Sally und ich auch immer welche trinken, wobei Sally sich davon langsam lossagen kann. Sally … Richtig … ich wollte da ja noch etwas für sie tun. Heute schon? Besser wäre wohl. Jeder Tag, der mir verloren geht, könnte Sally ihr letzter mit funktionierenden Beinen sein. Ich wollte ihr helfen, es ist meine freie Entscheidung, also mache ich mir die Arbeit auch. Der Unterricht zieht sich seitdem. Ab und zu musste ich doch nochmal an diesen Jungen von dieser anderen Schule denken. Ich bin mir immer unsicherer, ob er es wirklich war. Immerhin fehlen mir ja doch ziemlich viele Erinnerungen von der … nein halt, nicht schon wieder! Andere Gedanken! Genau. Straßen abklappern! Ich habe mich auf der Hauptstraße im Einkaufsviertel von Kayli und Isebell verabschiedet. Sie hat versprochen, dass sie die Kleine bis zur Hausecke bringen wird. Zu mir kommen durfte Kayli noch nie. Anfangs hat sie oft gefragt weshalb aber ich glaube, dass sie vor und nach dem Athletikunterricht schon oft meine blauen Flecken gesehen hat, nur nichts dazu sagt. Sie ist ja nicht dumm. Etwas weiter abseits der Hauptstraße, da wo nur noch Gaststätten und Bars ihre Lokalitäten haben, stehe nun ich. Ganz genau: Um Sally zu helfen, versuche ich einen Job zu finden und mag dieser noch so klein sein. Das Schwierigste: mein Alter; das Zweitschwierigste: meine Schule. Zwei Hürden, die nicht so einfach zu überwinden sind aber ich habe nicht vor, mich so einfach abschütteln zu lassen und auch nicht, irgendwelche … sagen wir mal, schmutzigen … Arbeiten zu verrichten. Ich will etwas ehrliches finden, auch wenn es nur putzen ist. Unweit neben mir befindet sich auch schon das erste Restaurant. Ein 3* Lokal. Njaaaa … fangen wir lieber etwas kleiner an. Ich muss mir eh noch überlegen, was ich sagen will. Also probiere ich es 100m weiter. Es ist kleiner, gemütlicher, urig, verschlafen, wie auch immer man es bezeichnen will. Jedenfalls ist es eine Bar, die von außen betrachtet freundliche Mitarbeiter hat. Wer weiß … Also betrete ich es, ohne wirklichen Plan was ich sagen könnte oder vorzuweisen hätte. Sobald ich den Raum betrete, ist da als erstes zu hören … mein Herz. Na toll, völlig vergessen, dass ich dieses Problemchen auch noch habe. Kaum später wie ich das feststellen konnte, taucht auch schon eine Person auf, eine Frau, die Kellnerin, wenn ich rate darf. Bevor ich aber zu Wort komme, mustert sie mich schon pessimistisch und spricht an meiner Stelle. „Wer – Wer bist du? Verzeihung aber es ist noch gar nicht offen. Abgesehen davon bist du eh noch viel zu jung!“ „Äh … ja …“ „Da gibt es auch kein überreden. Das hier ist eine Bar, in der es nur Alkohol gibt. Zutritt ab 18 Jahren.“ „Ja aber deswegen …“ „Du bist ganz bestimmt noch nicht alt genug dafür. Geh jetzt bitte, bevor ich zu ungehalten werde.“ Ist sie doch schon! … Mürrisch gehe ich nach draußen, so wie es Madame verlangt … am besten noch mit Hofknicks und tiefer Verbeugung. Na ja, eins muss man ihr ja lassen, sie achtet WIRKLICH auf ihre Kundschaft … wenn ich denn zu denen gehören würde! Gleich gegenüber hat sich eine kleine Gaststätte nieder gelassen. Die Lichter sind schon alle an und die Karte für die Abendgerichte steht auch schon draußen. Sie dürfte also offen sein. Immerhin etwas, was man von außen gut sehen kann. Ich versuche es noch einmal ohne meine Medikamente. Als ich den kleinen Raum betrete, ist da nur ein Mann, der eben ein paar Tische eindeckt. Er schaut ein paar Mal auf, eh er mich richtig sieht. Seine Arbeit niederlegend kommt er nach vorn in den Eingangsbereich. Er ist etwas älter … sieht ziemlich … beängstigend aus. Seine Mimik spricht für sich, sodass ich am liebsten flüchten würde. Nach dem gerade glaube ich aber, dass es kaum noch schlimmer werden kann. „Verzeihung aber heute Abend ist geschlossene Gesellschaft. Eigentlich haben wir es auch auf die Tafel geschrieben.“, weist er mich unerwartet freundlich darauf hin. „Ähm j-ja, Entschuldigung. Des-Deswegen bin ich nicht hier. Ich – Ich wollte Sie fragen, ob – ob sie vielleicht einen J-Job für mich hätten. Irgendetwas, egal was, Hauptsache vernünftig.“, bitte ich ihn stotternd darum. Der große Mann mit kurzgeschorenem Haar und langem Bart zaubert sich ein so breites Lächeln auf die Lippen, dass sich auch seine Augen dabei schließen. „Es tut mir leid aber das Lokal ist nicht gerade groß, wie du sehen kannst. Ich glaube, das ist nichts für ein so junges Mädchen wie dich. Außerdem bräuchte ich deinen Ausweis als Kopie und ich weiß nicht, was deine Schule davon halten würde.“ Na toll, also im Prinzip genau das gleiche wie eben schon mal, nur in sehr lieb. „Na ja, dann kann man wohl nichts machen. Tut mir leid und vielen Dank trotzdem.“ Daraufhin schenke ich ihm auch ein schmales Lächeln und verlasse das Lokal. Nun gut, ich wollte hartnäckig sein aber noch habe ich genügend Auswahl und der Mann war so freundlich, dass es mir schwer fiel beharrlicher an die Sache ran zu gehen. Also habe ich es weiter probiert. Ein paar Mal wurde ich so abgewiesen wie bei der ersten Frau und ein paar Mal wie bei dem netten Mann. Man gewöhnt sich langsam an diese Absagen, was es natürlich nicht schöner für mich macht. „Bisherige Absagen: 10 … und das alles in den letzten 4 Straßen, WOW … na gut, wir probieren noch eins. So langsam wird es auch dunkel. Vater wird bestimmt …“ O Gott, ich will gar nicht wissen, was Vater tun wird. … Ziemlich hastig betrete ich also das nächste Lokal, was beim genaueren betrachten von innen sagt, dass hier eher Menschen im besseren Stand essen und trinken gehen würden. O … wenn ich noch genauer hinschaue, dann sind wir wieder am Anfang angekommen. … Ich habe gar nicht gemerkt, wie ich im Kreis gelaufen bin. Na toll, nun stehe ich doch in diesem superschicken 3* Lokal. Es läuft ganz leise Klaviermusik durch die Lautsprecher an der Decke und an der Bar steht ein junger Mann mit leicht gewelltem, dunklem Haar. Ihm hängt eine Strähne im Gesicht und er lächelt die ganze Zeit über, ob künstlich oder ehrlich vermag ich nicht zu unterscheiden. Als er bemerkt, dass da jemand in seinem Lokal steht, kommt er nicht gleich zur Tür gelaufen, so wie die aus den anderen. Es ist erleichternd angenehm, andererseits auch wieder schwerer, weil ich nun weiter hinein gehen muss, um mit ihm sprechen zu können. Ich stelle mich lediglich an den langen Tresen und sehe ihn eindringlich an, jedenfalls immer, wenn ich meine Blicke auf ihn halten kann. Nervös sein kann so anstrengend sein … egal. Ich will schließlich einen Job und das auch noch nach 19 Uhr! „Guten Abend junge Dame. Bevor ich Ihnen etwas ausschenken kann, dürfte ich bitte Ihren Ausweis sehen.“ Boar, wie oft ich heute schon diese Frage gehört habe! Es kotzt mich echt an und genau das scheint auch meine Miene zu verraten. Er schmunzelt, unterdrückt sich ein wahres Lächeln. Jetzt ist mir klar, dass es nur gekünstelt ist, sein Arbeitslächeln eben. „Wie oft hast du das heute schon gehört?“, fragt er mich, während er mit einem Auge zu mir auf schaut und eine Augenbraue hoch zieht. Seine dunklen Augen leuchten im gedimmten Licht, als wolle er jemanden verführen. Es klingt glaube ich eingebildet zu sagen, dass er vielleicht mich meinen könnte. „Ein paar Mal … nicht erwähnenswert.“, flüstere ich nur noch, aus Angst die nicht vorhandenen Gäste stören zu können. Eigentlich fällt mir einfach kein Grund ein aber ich habe das Gefühl es machen zu müssen. Dieses Mal jedenfalls kann er nicht einfach sein ehrliches Lächeln unterdrücken. Er lacht, ziemlich laut sogar aber nur kurz, bevor er sich doch wieder ein bekommt und zu seiner normalen Seriösität zurück findet. Mit einer Hand deutet er elegant auf den Platz vor sich am Tresen. „Setz dich, mach mal eine Pause.“ Ich nehme sofort meine Hände hoch und wedle nervös vor meinem Körper damit herum: „Ähh, nein – nein, lie-lieber nicht.“, entflieht mir lauter als gewollt, quietschend. „Keine Sorge, ich gebe dir etwas aus. Ich wette, ich weiß ganz genau, was du am liebsten trinkst.“ Wieder spielt er mit seinen Augenbrauen, lächelt mich von unten an und putzt weiter seine Gläser blitzeblank. Was – Was versucht er da? „Be-Bestimmt nicht, deswegen bin ich auch gar nicht …“ „Pssst!“, weist er mich darauf hin und sieht zur Abwechslung mal zur Tür. Ob er wohl dafür sorgen muss, dass es für seine Gäste ruhig genug ist, um die Musik weiter hören zu können? Erinnert mich irgendwie an Fahrstuhlmusik, so ein leichtes, leises Klimpern. Ein älterer Herr betritt das Lokal. Er hat einen äähhm … wohlgeformten … Bauch und trägt einen langen Mantel darüber. Man sieht schon von weitem, dass er auf keinen Fall arm ist. Er setzt sich völlig selbstständig, scheint ein Stammgast zu sein. Seine Begleitung lacht ein paar Mal laut auf, doch er unterbricht sie immer wieder, weist sie an ruhiger zu sein. Keine Minute wie sie sitzen, geht schon der junge Mann bei mir zu ihm. Der Gast kann ihm sofort eine Bestellung geben. Man hört nur ganz leise ein: „Sehr gern.“, eh er zurück kommt und sich fast unhörbar ein paar Gläser aus dem Schrank nimmt. Er muss nichts mixen, das wäre wohl auch ziemlich laut, giest den Beiden lediglich etwas ein. „Nun setz dich schon.“, lächelt er mit gleichbleibender Mimik mir gegenüber zu und hängt mit an: „Ich weiß doch was du willst. Du bist schon lange genug auf der Straße unterwegs.“ Ich werde leicht rot und wohl auch etwas neugierig. Er muss Zeit haben, das steht jedenfalls fest. Zugegeben, mit dieser Aussage hat er mich dazu gebracht mich setzen zu wollen. Wie hypnotisiert starre ich in die Leere, die der Mann mit seiner Abwesenheit hinterlässt. Er braucht nicht lang, um seinen Gästen die zwei Gläser und ein paar Salzstangen zu bringen. Er fragt nach, ob es noch etwas sein darf und als Beide verneinen, kommt er zurück. Nach wie vor spült er ein paar Gläser ab und trocknet sie anschließend. Ich frage mich wer wohl diese 200 Leute waren, die schon da gewesen sein müssen. Ein wenig glaube ich ja, dass das einfach zu seinem Barkeeper-Auftreten gehören könnte, denn er versucht mich mit selbigem Blick wie zuvor zu fesseln. Seine Augen sind wirklich faszinierend. Sie sind komplett schwarz, das ist kein Standard. Nach einer Weile nimmt er sich ein weiteres Glas aus dem Schrank. Mir ist gar nicht aufgefallen, wie ich ihn 10 Minuten lang angestarrt habe, bis er sich endlich mal unerwartet anders bewegt hat. Dass er sich dabei nicht komisch vorkommt … eigenartig. Jedenfalls nimmt er aus dem Mini-Kühlschrank, direkt unter sich, etwas hervor. Ich kann nichts sehen, bis er eingießt. Milch … lediglich ein Glas Milch. Unglaublich … er macht das echt gut. Woran liest man mir denn ab, dass ich so etwas lieber trinke als alles andere? „Trink, geht wie gesagt auf's Haus. Also … nachdem ich dich den halben Nachmittag beobachtet habe, kann ich mir eigentlich ja denken, was du hier willst aber … erklär's mir.“ „Wie mies …“, ziehe ich künstlich einen Schmollmund und blicke zu Boden. Er schmunzelt stillschweigend und wartet. „Ich … Ich suche einen Job. Gibt es nicht irgendetwas, was Sie mir anbieten können? Bitte! Bitte, bitte!“ „So dringend nötig zu betteln? Schon nach einem Tag?“, fragt er nach, legt endlich mal sein Tuch zum abtrocknen nieder und lehnt sich quer über den Tresen, um seine Ellenbogen darauf abstützen zu können und sein Gesicht in seine Hände zu betten. So starrt er mich an, eindringlich. „Was heißt verzweifelt … Sie sind der Erste, der mit sich reden lässt.“ „O man … ja, das glaube ich. Diese Straßenseite ist nicht gerade die angenehmste. Auf der anderen Seite der Einkaufsmeile sollte es vielleicht einfacher sein.“, weist er mich daraufhin, doch ich weiß, ich weiß ganz genau, was sich auf der anderen Seite befindet. „Ich will ehrliche Arbeit … nicht so etwas.“ „Klingt gut, gut, sehr gut … und du hältst das nach der Schule noch durch?“, haucht er mir leise, mit leicht rauer Stimme entgegen. Meine Augen verengen sich. Er ist seltsam … „Vielleicht sollten Sie sich ja mal eine Dame von der anderen Straßenseite suchen!“, murre ich ihn automatisch an. Erschrocken wache ich nach meinen Worten wieder auf, halte mir mit beiden Händen den Mund zu und senke meinen Kopf. Hochrot. Er lacht nur wieder, schnaubt belustigt. „Genau wegen so etwas kann ich dich leider nicht einstellen. Bei unserer Kundschaft sind solche Worte nicht angebracht, auch wenn es einige gewiss verdient hätten. Na ja, hätte dich so oder so nicht einstellen können. Das ginge höchstens an unseren Chef und der sagt zu Minderjährigen und Schulgängern immer nein. Ich kann dir nicht helfen.“ Zu meinem gesunkenem Kopf kommen nun auch noch meine Schultern dazu. Frustrierend. Also sinke ich vom Barhocker hinab und will schon wieder gehen, als ich unerwartet seine kalte Hand an meinem Oberarm spüre – sogar durch die Lederjacke durch. „Hey, he, jetzt mal ganz langsam Kleines.“, zwinkert er mir warm zu. In meinem Nacken bildet sich eine Gänsehaut, die mich für einen Moment zittern lässt. Neugierig bin ich natürlich sofort. Ich wende mich zu ihm zurück und warte still auf seine Worte. „Ich kenne da vielleicht jemanden, wo genau so ein Mundwerk zu gebrauchen wäre.“ „Hört sich nicht besser an als wenn ich auf die andere Seite wechseln würde … drücke dich deutlicher aus!“, murre ich sofort. Ich habe seine Spielchen satt, es nervt irgendwie. Er lässt frustriert stöhnend seinen Kopf sinken und lässt los: „Mit dir kann man echt nicht flirten. Du bist richtig dämlich!“ Okaaay … das war vielleicht eine Nummer ZU offen! Doch letztendlich richtet er sich wieder auf und kommt hinter seiner Bar hervor. Er kramt aus seiner Hosentasche eine Visitenkarte. „Geh da hin. Er kann dir vielleicht helfen.“ „Vielleicht? Es ist aber ehrliche Arbeit oder? Alter? Schule?“ „Keine Sorge. Gehe einfach hin. Er kümmert sich um alles was wichtig ist, ganz LEGAL!“ Ich schaue auf die Karte, zu ihm, wieder auf die Karte und letztendlich mit zusammengeschobener Augenbrauen wieder zu ihm. „Dein Vater?“, rate ich und … voll ins schwarze. Er versucht sein Lachen zu verstecken, indem er weiter zu Boden schaut. Mich belustigt es einfach. Bevor ich irgendwie anfangen könnte zu denken, gehe ich die 2 Schritte auf ihn zu und gebe ihm einfach einen Kuss auf die Wange. Mir wird klar, was ich da anstelle, als es schon zu spät ist, wende mich ab, als wäre es völlig normal und gehe, ohne noch mehr zu sagen. Auch draußen will ich lieber nicht weiter daran denken, was mich da geritten haben muss. Also halte ich die Karte mit beiden Händen in die Höhe, als könnte ich durch den aufgehenden Mond sehen, ob es eine Fälschung ist oder nicht. Wie dumm von mir aber irgendwie freut es mich einfach endlich einen kleinen Erfolg zu haben. Mit dieser Karte im Gepäck und all meinen Schulsachen mache ich mich auf den Weg Heim. Um diese Uhrzeit hat der Laden bestimmt nicht mehr offen oder ist gerade dabei nach einem langem, stressigem Tag zu schließen. Da wird es bessere Zeitpunkte geben einen Chef nach einem Job zu fragen. Außerdem tut mir eh alles weh, nicht zuletzt auch mein Brustkorb. Zu viele Höhen und Tiefen heute, zu viele Energieschübe und zu häufige Kraftlosigkeit. Nur noch eins muss ich diesen Abend tun: Ich muss zum Arzt, mal wieder. Er sollte sich nochmal die Wunde ansehen. Wir haben die ganze Zeit über bei ihm zu Hause gelegen, hinten, abseits seines Hauses, in einer Art Gartenlaube, die trotzdem bestens ausgestattet ist. Über das Hintertor zum Garten hinein kletternd, höre ich da auch schon Schritte auf mich zukommen. „Na, auch schon zurück? Da passt man einmal die Woche nicht auf und schläft am Tisch ein … hattest du keine Ahnung woher das kommen könnte?!“ Ertappt greife ich mir an den Hinterkopf und lächle eher künstlich, viel zu übertrieben. „Ähhh … i-ich dachte nur … schlafen lassen wäre höflicher …“ „Hmmmhm, klar! Höflich … wie schlimm ist es?“ „Was?“, frage ich nervös nach. „Du kommst zurück. Also, wie schlimm ist es?“ „N-Nicht so schlimm … es hat nur geblutet.“ Ein lautes Stöhnen ist zu hören, während ich auf den Boden schaue. „Komm schon mit … und morgen sagst du bitte wenigstens etwas! Deine Schwester hat den ganzen Tag nach dir gefragt.“, redet er mir ins Gewissen. Ich reagiere sofort darauf, schaue ihn missmutig an und laufe dann umgehend zu ihr in den kleinen Raum. Sie liegt nach wie vor im Bett und man sieht ihr an, wie erleichtert sie ist. Ich bin es auch, dass sie freiwillig liegen geblieben ist, setze mich sogleich zu ihr. Man sieht ihr an, wie müde sie ist. „Wie geht es Isebell?“, erkundigt sie sich, nachdem sie gesehen hat, wie es mir geht. „Keine Sorge, ihr ist nach wie vor nichts passiert. Sie ist einfach noch zu jung, hat eben ihren Sonderstatus.“, lächle ich ihr entgegen. Sie atmet tief durch und haucht dazwischen: „Ein Glück … dann kann ich ja …“ Sie schläft noch beim sprechen ein. Es beruhigt mich sie so schlafen zu sehen. Wenn sie nach all dem Sport, mit all diesen Schwierigkeiten noch so leicht einschlafen kann, dann wird es ihr bestimmt recht bald wieder besser gehen. Ich hoffe es jedenfalls. Als der Arzt leise und doch hörbar das Zimmer betritt, rutsche ich schon von allein weiter hinter auf das Bett, um meine Beine voll ausstrecken zu können. Er nimmt die Verbände ab und schaut sich bei dem dumpfen Licht hier auch noch nach seiner eigentlichen Arbeit meine Beine an. Sprechen tut er nicht mehr viel. Am Ende schlafe ich noch beim verarzten ein, ohne es wirklich zu bemerken. Er nimmt sich Zeit, scheint das trotz allem ja irgendwie gerne zu machen. Ich kann wohl einfach nicht nachvollziehen, welchen Grund er dafür haben könnte. Es scheint ihn jedenfalls zu freuen.
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