Kapitel 1: Der Anfang
Voller Freude über ihren Neuanfang, schrieb sie gleich mal in ihr neues Tagebuch. Hallo Leute, mein Name ist Misami. Es reicht wenn man mich Misa nennt, das war mir schon immer lieber. Ich bin mehr oder weniger 15 Jahre. Warum werdet ihr noch erfahren, jetzt jedoch noch nicht. Neue Schule, neue Wohnung, neuer Anfang! Hoffentlich akzeptieren meine neuen Mitschüler mich auch so wie ich bin.
Nach diesem kurzen Eintrag, schlug sie das Buch zu und zog sich um. Wie fast immer hatte sie ein rotes, leicht aufreizendes Top, eine kurze schwarze Hose, eine ebenso schwarze Leggins mit einem aufgeklebtem Pflaster und ihre Punkerschuhe zur Hand. Erst vor kurzem wechselte sie die Schule. Mit ihr zogen auch ihre Eltern um. Sie verließ nur ungern ihre alte Schule, doch bei dem Gedanken an den kleinen Spinner, fiel es ihr gleich leichter.
Zuletzt nahm sie ihr Cappy und setzte es auf. Ich hasse es mich verstecken zu müssen, aber gleich am ersten Tag muss ja nicht jeder von meinem kleinem 'Makel' wissen. Mutter meinte immer, als sie mit mir schwanger war, wäre es eine sehr schwere Zeit gewesen. Es heißt ja auch, wenn die Frau Sodbrennen hat, dann hat das Kind bereits Haare auf dem Kopf. Tja, so habe ich es zumindest mal gehört. So ähnlich war es bei mir, nur eben dass meine kleinen Katzenohren bereits Fell hatten.
Sie packte sich ihr Frühstück ein, ließ sich einen Kuss von ihrer Mama auf die Wange drücken und verschwand durch die Tür. Nur leise hörte sie noch die Worte ihrer Mutter. „Pass auf dich auf und auf das was du tust. Viel Spaß!“ Ja ja, so ist Mama halt. Sie hat aber auch jeden Grund für eine solche Warnung. „Du aber auch Mama!“ kam nur als Antwort.
Sie schwang sich auf ihr neues Fahrrad und machte sich gleich auf den Weg. Heute war ein herrlicher Tag, keine einzige Wolke am Himmel. Die Sonne ging gerade auf und mit ihrem Fahrrad fuhr sie geradewegs darauf zu. Misa genoss die ersten Strahlen so lange sie nur konnte. Das Gymnasium war nur leider nicht sehr weit weg.
Als sie auf dem Gymnasium 'Sweet Amoris' ankam, war jedoch kaum einer da. Besser gesagt, sie hatten alle Unterricht. Oh je, gleich am ersten Tag zu spät! Erstmal muss ich, glaube ich, zur Direktorin.
fiel ihr wieder ein. Diese stand zum Glück gleich am Eingang. Die alte, rosige Dame gab ihr gleich mal den Tipp zur Schülervertretung zu gehen.
Da drinnen sah sie sofort einen fleißigen Jungen. Er merkte sie anfangs gar nicht. Erst als er sich aus seinen vielen Unterlagen befreite, bemerkte er das Mädchen. „Oh hallo. Suchst du etwas?“ wollte er wissen. In seiner Stimme lag etwas warmes, weiches, freundliches. Sie kannte so etwas nicht. Sie hingegen schaute nervös weg.
„Also, ich soll laut der Direktorin erstmal zum Schülersprecher gehen. Sie meinte er heißt Nathaniel. Weißt du wo er ist?“ Auf seine Lippen legte sich ein bezauberndes, eben so freundliches Lächeln. „Ja das bin ich. Du bist bestimmt die Neue. Misami, richtig?“ Sie antwortete ihm nur mit einem nicken.
Der Junge schien sofort zu wissen was er tun sollte. Er drehte sich wieder um und durchsuchte die Akten. Erst dann kündigte er ihr an, was noch alles fehlte. Ein Foto, eine Seite vom Formular und etwas Geld. Sie wirkte etwas niedergeschlagen. „Eine Seite vom Formular? Ich habe es selbst ausgefüllt.“ Gleich darauf erklärte er sich bereit, nochmal danach zu suchen. Sie lächelte ihn an, bedankte sich und ging.
Ja ja, schon gut. Zum Teil aussehen wie ein Punk aber fast immer den Charakter einer Maus. Es regt mich auch immer auf! Nun ja, immerhin hat er mich nicht nach meinen Ohren gefragt. Soweit ich weiß, weiß die Direktorin davon und der Schülervertreter. Mutter wollte unbedingt, dass es jemanden gibt, der anfangs etwas auf mich aufpasst.
An dem Tag wurde sie fast rasend vor Wut. Sie meinte, sie bräuchte keinen Aufpasser. Misa suchte sich gleich die noch fehlenden Dinge zusammen. Als sie gerade wieder auf den Hof gelangte, hing da schon der nächste Junge rum. „Gibt es hier denn nur Kerle?!“ murmelte sie vor sich hin.
Der Rotschopf lehnte gegen die Schulmauer. Er trank einen Schluck und hörte dabei Musik. Sie konnte laut und deutlich mithören. Das ist eine berühmte Rockband. Er steht also auch auf so etwas. Naja, hätte man auch an seinem Shirt erkennen können. Sie lief ignorierend an ihm vorbei, denn seine Grimasse machte ihr etwas Angst.
In der Schule, lief sie gleich wieder zum blonden Jungen. Er öffnete ihr förmlich die Tür. Doch nur, weil er immer noch nach etwas suchte suchte. Mit einem lauten knall saß sie auf dem Boden. Erst dann merkte Nathaniel, was er angestellt hat. Als er sich jedoch nach ihr umdrehte, um helfen und sich entschuldigen zu können, hielt er inne.
Sie verlor beim Aufprall ihre Mütze. Diese lag nun direkt vor seinen Füßen. „Sieht doch niedlich aus!“ rutschte ihm raus. Sie knickte ihre Ohren nach vorn. Es sah aus als wäre sie traurig oder schüchtern. Also hob er die Mütze auf und gab sie ihr wieder. „Tut mir leid. Ich suche immer noch nach ein paar Unterlagen.“ entschuldigte er sich. Sie setzte das Cappy wieder auf und stütze sich mithilfe der Wand nach oben. „Schon gut. Gibt es eigentlich noch etwas anderes außer Unterlagen in deinem Leben?“ wollte sie zähneknirschend wissen.
Er antwortete vorerst nicht, sondern half ihr in den Raum. Sofort besorgte er sich Pflaster und versorgte damit die Wunden an ihren aufgerissenen Knien. Tja, jetzt brauche ich wirklich eine neue Leggins. „Tut es sehr weh?“ Daraufhin sah sie ihn nur streng an. „Was ist?“ wunderte er sich. Sie legte beide Hände in ihre Hüften und meinte, „Lenk' nicht von meiner Frage ab!“
Er musste schon wieder lachen. „Schöne Abwechslung während der Arbeit. Also, ich arbeite wirklich gern als Schülervertreter. Aber vielleicht hast du ja recht, ich werde mich versuchen zu besser.“ versprach er. Erst jetzt lächelte sie wieder und lockerte ihre vorherrschende Haltung. „Schön und nein, es tut nicht weh.“ Nathaniel drehte sich um. „Ich werde sofort weiter suchen. Du kannst dich in der Zeit ja mal mit ein paar Leuten unterhalten, meinst du nicht.“ schlug er daraufhin vor.
Sie überlegte kurz. Dabei nahm sie eine Hand an ihr Kinn und sah nach unten. So stand sie auch auf und ging. Im Flur wurde sie gleich mal überrannt. „Hey, platz da! Wer bist du überhaupt, dass du uns im Weg stehst!“ hörte sie eine Stimme. Irgendwie lieben sie es mich umzurennen, oder? Sie nahm ihren Mut zusammen und stand energisch auf. Mit einem Finger deutete sie auf sie. „Mein Name ist Misami und ich stand dir nicht im Weg, sondern du hast mich mit deinem breiten Hintern umgerannt!“
Daraufhin zischte sie nur und meinte, „Das wirst du noch bereuen!“ Dann zog sie mit ihren Freundinnen ab. Misa lief in die entgegengesetzte Richtung. Ihr Kopf war rot vor Wut. So wie sie sich kannte, verlief sie sich sicherlich. Erster Gang, nächste Ecke und nochmal im Kreis gedreht, und schon wusste sie nicht mehr wo sie war.
Zum Glück fand sie jemanden mitten im Gebäude. „Hallo,kannst du mir vielleicht hier heraus helfen?“ fragte sie wieder schüchtern. „Tut mir leid, ich bin auch neu hier. Kannst du dich noch an mich erinnern?“ Misami wusste gar nicht wie sie darauf reagieren sollte. „Da bist du sprachlos, was? Ich habe auch die Schule gewechselt, weil ich in deiner Nähe bleiben wollte.“ erklärte er mit einem viel zu breitem Grinsen auf den Lippen.
Sie drehte sich geradewegs um und ging ohne ein Wort von sich zu geben. Das ist Ken. Er folgt mir jetzt schon durch 5 Schulen. Ich hätte niemals nett zu ihm sein dürfen! Da hilft man ihm einmal aus der Patsche und gibt ihm sein Frühstück, und schon wird man zur 'großen Liebe'! Und ich dachte wirklich, er würde mich jetzt endlich in Ruhe lasse. regte sie sich noch mehr auf.
Ihr Kopf lief rot an vor Wut. Mit dieser Energie durchlief sie die ganze Schule und fand dann zum Hof. Sie brauchte dringend frische Luft. Was sie nicht bemerkte, der Junge von erst stand immer noch in seiner Ecke. Sie lief wütend auf und ab. Sie musste sich unbedingt abreagieren. Der Junge sah ihr belustigt zu, bis er richtig anfing zu lachen.
Sie fuhr so sehr zusammen, dass sein Gelächter nur noch lauter wurde. Sie drehte sich um, noch immer wutentbrannt. „Idiot!“ meinte sie nur. „Ebenfalls. Was willst du hier?!“ meinte er kühl. „Frische Luft schnappen.“ „Ich seh schon, war dringen nötig, was?“ belustigte er sich immer noch.
Sie regte sich immer noch etwas ab, dann wurde auch ihr Kopf wieder weiß. Sie hatte wirklich eine sehr helle Hautfarbe.Trotzdem blieb eine Stelle rot verfärbt. Erst jetzt spürte sie auch den stechenden Schmerz. „Was hast du angestellt?!“ wollte er nun doch wissen. Sie fasste sich über die rote Stelle und den leicht blutenden Kratzer. „Das war dieses dumme Huhn! Ach egal...“ und schon war sie wieder weg.
Sie verschwand wieder in der Schule. Eigentlich wollte sie zum Unterricht, doch dann hielt Nathaniel sie auf. Er rief ihr von seinem Zimmer aus zu. „Hey Misami, tut mir leid, aber ich kann deine Unterlagen nicht finden.“ Ihr Atem blieb stehen, genauso wie sie selbst. „Was? Was hast du da gesagt?!“ wollte sie nun geschockt wissen. „Ha ha, hat dir der Witz gefallen?“ „Witz?! Du hast mich echt erschreckt!“
Sie versuchte noch gerade so ihr verlegenes Gesicht und ein weiteres kleines Detail zu verstecken, doch es war zu spät. Nathaniel war viel zu aufmerksam, ihrer Meinung nach. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht so sehr erschrecken.“ Meinte er nur, dann verschwand er wieder in seinem Zimmer.
Sie blieb eine Weile lang stehen und reagierte sich ab. Erst dann lief sie ihm nach. Er saß wieder an seinem Schreibtisch. „Hey, jetzt sag schon. Hast du nun mein Formular gefunden oder nicht?“ „Oh … ähm, ja. Hier hast du es!“ meinte er nur. Dabei konnte er sie nicht mal ansehen. Sie nahm es an sich und ging.
Alles zusammen gab sie der Direktorin. Sie verlangte noch eine blöde Büroklammer. Zum Glück hatte sie immer alles bei sich. Sie nahm ihre vorhandene aus ihrer Hosentasche und gab sie ebenfalls der Direktorin. Anschließend verließ sie die Schule, denn es klingelte bereits zum Schluss. Sie blieb kurz auf dem Hof stehen.
Wütend und gekränkt zugleich, ballte sie eine Hand zu einer Faust. Sie zitterte am ganzen Körper und biss ihre Zähne zusammen. Sie ließ es nur ungern zu zu weinen, doch gleich am ersten Tag so etwas erleben zu müssen, das tat selbst ihr weh. Es tropften nur zwei Tränen herunter.
Diese wurden vom Wind bis an den Rand des Hofes getragen. Der Rothaarige sah nur etwas glitzern. Neugierig drehte er sich um und sah von der Mauer herunter. Auch er konnte sie deutlich sehen. Das Mädchen, was er erst auslachte, weinte nun. Er wollte gerade von der Mauer springen, als sie wieder wegrannte. Sie schien sich bereits abgeregt zu haben, also musste er nichts tun. Eigentlich hasste er es auch sich um heulende, kleine Kinder zu kümmern. „Dummkopf!“ flüsterte er nur, zu sich selbst und zu ihr.
Er hatte Angst, riesige Angst. Ich konnte es deutlich spüren. Er weiß mehr als die anderen, und nimmt sich daher in Acht. Jeder hat Angst, einfach jeder! Sie müssen es, es ist einfach besser so! Auch wenn es weh tut, daran lässt sich nichts ändern. Alle sind gleich!
Kapitel 2: Seltsame Neue
Zu Hause lief sie stur an ihren Eltern vorbei. Oben knallte sie die Tür zu und schmiss sich erschöpft in ihr Bett. Inzwischen war es schon dunkel. Aus ihrem Mundwinkel floss etwas Blut. Sie schien sich ganz leicht gebissen zu haben. Binnen weniger Sekunden schlief sie auch schon. Sie gab dabei ein ganz leises Schnurren von sich.
Am nächsten Morgen musste sie sich beeilen, noch dazu vergaß sie ihr Fahrrad am vorherigen Tag in der Schule. Schnell noch den Rucksack geschnappt und schon ging es los. An der Schule blieb sie keuchend stehen. Mit einer Hand stützte sie sich an der Mauer ab, mit der anderen stützte sie ihr Knie. Keuchend hielt sie eine Minute inne, bis die Sonne vor ihr verschwand. Verwundert schaute sie auf und blickte in zwei schwarze, schmale Augen.
Gleich darauf jedoch sah sie wieder zu Boden. Peinlich, warum muss mich auch gerade ein Kerl in dieser Situation sehen? Ihr Gesicht wurde in ein schönes rot versetzt. „Na, doch schiss bekommen vorm Schule schwänzen?!“ neckte er sie kühl. „Wie kommst du darauf, dass ich Schule schwänzen will?“ „Nur so, warum denn nicht.“
Die ersten Stunden waren gleich ihre Lieblingsfächer, Mathe und Kunst. Musik gehörte durch eine ihrer Schulen inzwischen auch schon dazu, aber das hatten sie heute nicht. Da sie noch keine Freunde gefunden hat, sprach sie zwangsweise mit sich selbst. „Eigentlich kenne ich nicht mal meinen Stundenplan. Irgendwie bin ich immer nur den anderen gefolgt, zum Glück habe ich sie nicht aus den Augen verloren!“
Als ob es eine der Mädchen hörte, so stellte sie sich vor sie und meinte, „Hallo, du bist die Neue nicht wahr? Ich bin Iris, nett dich kennen zu lernen.“ Misa sah wieder nervös zur Seite weg. „J-Ja … mein … also, mein Name ist Misami. Es reicht wenn … wenn du mich Misa nennst.“ quälte sie aus sich heraus. Ohne noch mehr zu sagen, ging sie einfach wieder.
Dabei hatte ich mir doch so fest vorgenommen sie nach dem Stundenplan zu fragen. So ein Mist aber auch! Sie lief einfach wieder nach draußen, auf den Flur. Sie sah, nein, starrte schon fast, zur Tür des Schülervertreters. Anschließend getraute sie sich doch noch. Sie klopfte dreimal an, doch es war so leise, dass man es hätte überhören können. Am liebsten wäre sie nach dem gestrigen Tag im Erdboden versunken.
„Komm ruhig rein!“ hörte sie nun doch die inzwischen vertraute Stimme. Er selbst hätte eben so wenig wie sie selbst damit gerechnet, dass sie es tatsächlich tat. „H-hey … ich weiß nicht, wo ich jetzt Unterricht habe, kannst … kannst du mir helfen?“ piepste sie. Er freute sich inzwischen über ihre mutige Entscheidung. Sein warmes Lächeln ließ auch sie lockerer werden. „Klar doch, warte, ich muss danach suchen.“ „Wann musst du das mal nicht.“ rutschte ihr aus versehen zu laut raus.
Doch Nathaniel wusste ja, dass sie recht hatte. Nach etwa zwei Minuten konnte er ihr einen Zettel geben. „Tut mir leid, ich habe versäumt ihn dir zu geben.“ entschuldigte er sich letztendlich. Sie jedoch grinste nur erleichtert. „Ach und, tut mir leid, dass ich dich gestern so sauer gemacht haben.“ Darauf wollte sie jedoch keine Reaktion zeigen.
Misa verließ einfach den Raum und schaute, um sich abzulenken, auf den Stundenplan. Sie lief bereits in Richtung Hof, als hätte sie es gewusst. „Nein, bitte kein Sport!“ jammerte sie laut. „So unsportlich kommst du gar nicht rüber!“ Verwirrt löste sie sich vom Blatt. „Erschreck mich nicht ständig so sehr!“ regte sie sich auf. Zum ersten mal legte er ein Lächeln auf seine Lippen und es ertönte ein leises schmunzeln.
„Willst du schon wieder Schule schwänzen!“ ärgerte er weiter. Unter dem Cappy spitzten sich ihre Ohren, hinter ihrem Rücken konnte man leicht einen Schwanz aufgeregt wedeln sehen, aber auch nur wenn man richtig hinsah. Sie drückte ihre Knie durch und sah ihn etwas böse an. „Man, du nervst. Ich habe bis jetzt noch nicht die Schule geschwänzt und werde es auch nicht machen.“ regte sie sich auf. Er musste schon wieder schmunzeln.
Der Katzenschwanz verschwand, stattdessen schaute sie noch immer genervt zur Seite weg. Ich werde aus diesem Jungen einfach nicht schlau! Er nervt mich eh nur aber wer ist das überhaupt? Noch bevor sie ihn fragen konnte, stellte er ihr schon eine Frage. „Du bist sicher eine der Neuen, oder?“ „Nein, ich gehe schon seit knapp drei Jahren in die gleiche Klasse und sitze neben dir!“ meinte sie nur sarkastisch.
Jedoch hatte sie mit einem Teil der Aussage recht, denn sie säße wirklich neben ihm, wenn er mal zum Unterricht kommen würde! „Gehst du jetzt wenigstens mal zum Unterricht, du den ich nicht kenne!“ sprach sie einfach weiter, mit einem gleichen Unterton wie zuvor. „Mein Name ist Castiel und Sport lass ich mir nicht entgehen. Will mal sehen wie sehr ich heute lachen kann.“ spielte er auf etwas an.
Sie ging einfach weiter, dabei hielt sie jedoch nach ein paar Metern inne. Castiel lachte schon wieder lautstark. „Komm mit, ich zeige dir die Halle!“ meinte er noch im Lachen. Sie folgte ihm nur ungern nach einer solchen Blamage, aber was hätte sie sonst tun sollen. Mit strammen Schritten folgte sie ihm dann doch. Sie hatte zum Glück immer Wechselsachen mit, ob nun Sportunterricht oder nicht. Diese zog sie sich einfach an. Allerdings musste sie Barfuß in die Halle kommen. Es kümmerte zum Glück keinen, sie war nicht mal die Einzige.
Castiel saß wie immer am Rand und sah zu. Er verweigerte einfach den Unterricht. Eigentlich nur zufällig sah er auf ihre Füße. Dabei konnte er nur zu deutlich den tätowierten Totenkopf über dem Knöchel sehen. Das war das Logo von Winged Skull, dieses Mädchen wurde langsam interessant. Nun mussten sich alle aufstellen und sich vom Lehrer kontrollieren lassen, vor allem die Mädchen betrachtete er sich dabei gut.
Das Mädchen aus dem Flur hätte noch etliche Ketten und Ringe ablegen müssen, doch lieber verweigerte sie ebenfalls. Noch unauffälliger hätte sie sich nicht neben den Rotschopf setzen können. Leider blieb er auch vor Misa stehen. „Du bist noch neu, also nehme ich dir das mal nicht übel. Trotzdem musst du deine Mütze abnehmen.“ „Es ist ein Cappy und ich will nicht.“ brummelte sie zu sich selbst.
Jedoch blieb ihr nichts anderes übrig. Sie ließ bereits einen Blick zum Rotschopf schweifen. Er sah jetzt schon siegessicher aus, doch ein weiterer, zustimmender Blick zu Nathaniel und sie nahm beide Hände an ihren Kopf. „Nun mach schon!“ wurde der Lehrer aufdringlicher. Sie zog ihre Hände wieder runter und starrte zu Boden. Der blonde Junge mischte sich lieber mit ein, bevor sie wütend werden würde.
„Herr Tanaka, bitte lassen sie ihr etwas Zeit.“ bat er freundlich. Der Lehrer verstand nicht. Misami jedoch nutzte die Zeit, in der der Mann zu ihm sah aus, um einen Schritt nach hinten zu machen und das Cappy herunter zu ziehen. Als der Lehrer wieder zu ihr sah, merkte er endlich warum. Sie versuchte noch immer mit aller Macht ihre kleinen Ohren unter den Haaren zu verstecken. Herr Tanaka glaubte nicht was er da sah. „Ich sagte doch, du sollst alles abnehmen!“ wurde er böse.
Die Schüler wurden nun doch aufmerksam und schauten aufgeregt zu ihr. Diese jedoch glaubten es. Erst als sie ihre Ohren nach hinten verlegte und böse wurde, glaubte auch er es. In dem Moment drehte sie sich um und verschwand durch die Tür. Castiel sah schon lang nicht mehr hin, denn sie holte sich von Nathaniel die Bestätigung, dass es okay wäre. Von Nathaniel, dem NATHANIEL, den er am meisten hasste!
Eigentlich wollte Nathaniel ihr nachlaufen, doch was hätten dann die anderen gedacht. Klar, ihre Eltern und die seine waren gut miteinander befreundet und auch sie selbst verstand sich gut, aber das hätte sicher jeder falsch verstanden. Lieber blieb er brav da stehen wo er stand. Ken war zum Glück so klein, dass er es gar nicht erst sehen konnte.
Am Ende musste der Lehrer nach draußen. Er fand sie einfach nicht, egal wo er suchte.
Kapitel 3: Vergangenheit, Leidenschaft, Erinnerungen
„Sie ist gut und wird sicher schon zurück kommen, wenn sie sich beruhigt hat. Dann geh ich lieber zurück zu den anderen.“ sprach er mit sich selbst. Misa hörte ihn gut, denn sie hockte hinter einem nahen Strauch. Als sie mitbekam, wie er sich entfernte, lockerte sie sich. Die ganze Zeit über saß sie schon da und umklammerte ihre angewinkelten Beine.
Nathaniel getraute sich die ganze Zeit über nicht aus dem Unterricht zu verschwinden. Er sagte sich, wenn der Lehrer sie schon nicht finden könnte, wie sollte er das dann. Erst nach der Stunde suchte er. Dabei lief ihm Castiel über den Weg. „Selten gesehen. Hast hier draußen nichts zu suchen, denke ich!“ reagierte Castiel bösartig. „Ich suche jemanden aber wüsste nicht, was dich das etwas angeht!“ wurde selbst der vorbildliche Schüler Nathaniel aggressiv. Sie gingen lieber in verschiedene Richtungen.
Dabei versteckte sich Castiel da, wo er sich immer hin verzog. An der Stelle lagen auch ein paar Zigarettenstummel. „Nathaniel … der soll mir bloß nicht unter die Augen treten!“ sprach er mit sich selbst. Ruckartig stand jemand neben ihm auf. Er sah verwirrt und etwas entsetzt zur Seite. Sein Lächelns sah so ungeheuer schelmisch aus wie noch nie zuvor. „Sei bloß still!“ regte sie sich auf. „Ja ja, versteck dich ruhig weiter!“ konnte er sich seinen Kommentar doch nicht unterdrücken.
Er sah sie trotzdem fragend an. „Was ist?“ wollte sie aufgebracht wissen. „Warum bist du überhaupt abgehauen?“ Ihr sonst so bleiches Gesicht, tauchte wieder in einen rosigen Ton. „Hast du es denn nicht gesehen?“ „Ich glaube in diesem 'erschreckenden' Moment, habe ich nicht aufgepasst und die anderen haben auch nicht eindeutig darüber gesprochen.“ Sie legte zögernd eine Hand auf ihren Kopf.
Bei jedem Zentimeter, den sie diese herunter zog, wurde sie nervöser. Am Ende hielt er ihr Getue nicht mehr aus und riss ihr das Cappy vom Schopf. Sie wurde bis über alle vier Ohren rot. Misa schaute aufgeregt, nervös zur nächstbesten Seite weg. Ihre Ohren legte sie wieder nach vorn. Es wirkte unschuldig.
„Na los, sag schon was. Ich wette dir fällt dazu etwas unglaublich lustiges ein!“ vermutete sie niedergeschlagen. Castiel war zum ersten mal sprachlos. „Ähm, ähh, also … hier, nimm das wieder zurück!“ stammelte er vor sich hin, denn auch er wurde, ungewollt, so rot im Gesicht wie sein Haar es war.
Sie krallte es sich sofort, doch noch bevor sie es aufsetzten konnte, zerzauste er ihr Haar. Sie biss die Zähne zusammen und sah zu Boden. Es machte sie immer wütender. „Pfoten weg!“ drohte jemand hinter ihr und drängte sich dazwischen. Er nahm ihr ebenfalls die Kopfbedeckung ab, doch legte sie anschließend über ihre Ohren. „Nathaniel?!“ platzte freudig aus ihr heraus. Sofort nahm Castiel seine alte Grimasse an und verschwand.
„Komm mal mit, ich möchte dir etwas zeigen!“ lenkte der Junge umgehend ab. Sie folgte ihm einfach. Es ist schon lang nicht mehr vorgekommen, dass ich jemandem vertraut habe. Ich konnte es aber auch nie. Hoffentlich irre ich mich in der Hinsicht nicht. Aber, es ist ja Nathaniel, was sollte da schon schief gehen! Sie liefen bis ans Ende der Schule. Wieder wusste sie nicht wo genau sie hinliefen oder wie sie hätte zurück finden können.
Sie blieben vor einem Raum mit der Aufschrift Musikzimmer stehen. „Weißt du noch früher, da hast du auch immer gespielt, pausenlos gespielt! Ich habe es nur vergessen. Naja, wer hätte denn gedacht, dass ich dich jemals wieder sehe.“ schwelgte er in Erinnerungen. Jetzt begriff sie was er vor hatte. „Ja!“ antwortete sie nur, als wolle sie irgendetwas zustimmen. Er riss die Tür fast auf. Vor ihnen stand ein großer weißer Flügel. Nathaniel setzte sich und wartete. Sie stellte sich vor das Instrument.
Eine ganze Weile lang starrte sie es nur an. Zaghaft, als wäre es etwas besonderes, fuhr sie nur ganz vorsichtig über die Flächen und Ecken. Anschließend setzte sie sich und legte ihre Hände ganz sanft auf ein paar der Tasten. Genau in dem Moment kam einer der zurückhaltendsten Schüler vorbei. Er interessierte sich sehr für Musik, also lauschte er.
Sie brauchte nur einmal auf die Tasten drücken und beide schmolzen förmlich dahin. Das Stück war nicht sehr lang aber trug etwas sehr entspannendes und doch trauriges in sich. Es fühlte sich für beide so an, als ob man geradewegs in deren Herzen sehen würde. „In diesem Stück liegt ihr Herzblut, man kann es deutlich spüren. Ihr muss irgendetwas schreckliches passiert sein, nur was?“ fragte der Junge hinter der Tür sich.
Im nächsten Moment stand der Rotschopf vor ihm. „Was machst du hier?“ „Nichts…“ er schloss die Tür und ging mit ihm. Sie verstanden sich prächtig. Zusammen aßen beide etwas und unterhielten sich ebenfalls über Musik.
Nathaniel saß noch immer im Raum. Auch die Leute der Musik-AG hörten mit zu, darunter war leider auch Ken. „Danke Nathaniel?!“ knurrte sie kaum hörbar als sie es bemerkte. Es beeindruckte ihre Mitschüler sehr, sogar so sehr, dass sie sie mit in der AG haben wollten. Das war eigentlich auch der Gedanke des blonden Jungen. Sie lehnte zweimal dankend ab, doch sie zwangen sie regelrecht dazu. Sie legte wieder ihr bezauberndes Lächeln auf und stimmte letztendlich zu.
Seitdem sind drei Tage vergangen. Misami stand mal wieder vor Amber und ihren Freundininen und dann, …dann schlug sie kräftiger zu als es wahrscheinlich jeder andere konnte. Inzwischen fauchte sie das Katzenmädchen mehr an als zuvor. Es gefiel ihr gar nicht, dass Nathaniel sich ständig auf ihre Seite stellte. Ich darf nicht wütend werden, ich darf nicht wütend werden, ich darf nicht wütend werden!!! Nicht wieder... hielt sie sich stillschweigend vor. Es stellte sich als schwieriger heraus als sie dachte.
Ihre sonst so rosige Aura wurde dunkler als die Nacht. „Was denn los kleine Missgeburt?!“ wollte Amber krächzend wissen. Ihre zwei Freundininen Li und Charlotte lachten natürlich gleich mit. Sie sahen schon immer aus wie Puppen, doch heute wirkten sie wie Hexen. Nathaniel kam aus dem Zimmer der Schülervertretung.
Er hörte einen lauten Knall, der sich nun 'nur' als ein harter Schlag herausstellte. Der Junge riss seine Augen weit auf. Die leicht gebeugte Haltung des Mädchens ihrer Schwester gegenüber konnte nur eins bedeuten. Blitzschnell reagierte er. Er packte Misami an den Schultern und drehte sie um.
Ohne weiter zu zögern lief sie nach draußen. Sie hätte vor Wut explodieren können. Nachdem er mit seiner Schwester redete, lief er ihr auch sofort nach. Das machte das Bild natürlich nicht besser. „Bleib stehen!“ rief er ihr endlich nach. Nur ungern tat sie es. Immer näher kommend, wollte sie am liebsten verschwinden. „Du bist erst seit einer Woche auf der Schule und wärst eben fast durchgedreht. Versuche deine Aggressionen bitte in den Griff zu bekommen.“ flehte Nathaniel.
Sie ließ sich auf die Bank hinter sich gleiten und hielt wieder mit beiden Händen ihren Kopf. „Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid!“ flehte sie um die einhundert mal. Sie jammerte es mehr, als dass er es irgendwie hätte verstehen können. Er setzte sich neben sie und legte einen Arm zögernd um ihre Schulter. „Das hätte im Ernstfall auch nicht geholfen. Ich mein es doch nicht bös' mit dir, nur versuche dich besser zu kontrollieren. Es ist wichtig, das weißt du. Niemand darf erfahren, dass du hier bist.“ wurde er eindringlich.
Im selben Moment kam Castiel mal wieder vorbei. „Hast du es immer noch nicht gelernt, geh lieber wieder in deine kleine Zelle! Und die Neue da sollte langsam mal aufhören zu heuln, das wird langsam peinlich!“ zog er beide ins lächerliche. Das konnte sie aus irgend einem Grund ignorieren. Irgendwie verstand sie seine Reaktion sogar. Nun war es ihr ein leichtes sich zu beruhigen, nur … warum?
Kapitel 4: Katzenjammer oder doch mehr?
Sie vergrub ihre spitzen Zähne hinter ihren weichen Lippen und ihre Augen nahmen wieder eine normale Farbe an. „Ich heul nicht, ich jammer nur etwas.“ gab sie ebenso besserwisserisch zurück. „Das macht die Sache auch sicher besser!“ sein grinsen war bereits vorprogrammiert. Beide ließen ihn ziehen, bis es klingelte, dann verschwanden auch sie.
Das Wochenende über plagte sie sich nur mit der Frage warum sie ihn hat einfach so ohne Kommentar gehen lassen. Ihre Familie versuchte alles, um sie mal wieder zum Lachen zu bringen, doch seit dieser Veränderung ist ihr richtiges Lächeln wie verstummt.
Nochmal werde ich ihn nicht so wortlos gehen lassen. Er kann nicht ständig Nathaniel ärgern! Was haben die beiden eigentlich gegeneinander? Schrieb sie wieder in ihr Tagebuch. Es war das erste was sie am Montag Morgen tat. Bis zum späten Nachmittag war alles so öde wie immer, doch dann ging es zur Musik-AG. Es machte ihr richtige Spaß. Sie bekam für die Programme die sie einstudieren mussten eine Gitarre in die Hand gedrückt. Sie studierte nur liebend gern neue Lieder ein, doch nach den Vorschriften nach, durfte es nicht so laut werden.
Es gab heute noch einen Grund zur Freude. Sie überlegte sich nicht nur Castiel zur Rede zu stellen, sondern sich auch mal an Amber zu Rächen. Aus irgendwelchen Umständen konnte sie den Rotschopf gerade heute nicht finden. Zuvor besorgte sie sich Spraydosen und ein paar Plastikspinnen. Sie musste bis spät am Abend warten.
Ich sagte doch, es war noch nie gut, wenn ich Nachts allein war. Erst recht nicht in der Schule! Leicht beunruhigt lief sie weiter nach unten. Inzwischen herrschte vollkommene Stille. Sie wünschte sich, dass ihr Atem mal für einen Moment still sein könnte, genauso wie ihr Herz.
Zum Glück war ein kleines Fenster in der Tür eingebaut. Zur Zeit war es leer, sie konnte es einfach nicht unterlassen nachzuschauen. Also stieß sie die Tür noch etwas mehr auf und sah eine menge Geräte herumstehen. Da stand ein Schlagzeug, überall die verschiedensten Gitarren und in der Mitte ein Mikro. „Eine Band? Warum üben sie um diese Uhrzeit?!“ wunderte sie sich. Trotzdem ließ die Begeisterung nicht nach.
Wie hypnotisiert lief sie einfach hinein. Auf einer alten Kiste lag ein Heft, es war bereits aufgeschlagen. Darin stand ein Text, ein Liedtext. Es kam ihr sehr bekannt vor. „Das ist doch das Lied von diesem neuen Sänger. Mir fällt nur nicht mehr ein wie er hieß. Eigentlich habe ich mich viel mehr für die Gitarrenriffs interessiert.“ sprach sie wieder mit sich selbst.
Sie laß den Text dreimal durch, dann versuchte sie es leise nachzusingen. Da sie in dieser Hinsicht nicht so sehr aufpasste, wusste sie einfach nicht welche Melodie sie nehmen sollte. Anfangs probierte sie es mit etwas langsamen.
„Hey Jungs, hört ihr das?“ wollte einer von ihnen wissen. Sie legten alles zur Seite und schwiegen. Es war wirklich sehr leise, doch jetzt hörten auch sie es. Jeder nahm es als eine helle, gleitende Stimme wahr. Es gefiel ihnen, bis auf einem. „Gott, das hört sich an wie Katzenjammer. Lysander, dein armes Lied.“ „Scheint ein Mädchen zu sein. Sie probiert auf jeden Fall mehrere Varianten aus.“ rechnete er ihr gut an. „Wenn sie jetzt auch noch Feuer in der stimme hätte...“ überlegte sich ein anders Mitglied.
Sie blieben ruhig in der Tür stehen. Misami versuchte sich an die Parts der Gitarristen zu erinnern und es mit einem ähnlichen Schwung nachzusingen. So ganz klappte es noch immer nicht. Es fehlte irgendetwas. Ich habe sicher nicht mehr viel Zeit. Ich sollte lieber gehen, aber … ich will eigentlich gar nicht.
Nach kurzem Überlegen stand sie energisch auf. Ihre Augen Loderten vor Leidenschaft. Es wurde ihr egal, ob jemand in der Nähe war, sie versucht es einfach trotzdem. „Das ist doch…“ Alle drehten sich zum Rotschopf um. Endlich kamen sie mal auf die Idee nachzusehen.
„Ich glaube ich habs. Die Gitarrenriffs helfen einem da wirklich weiter!“ freute sie sich. Es fing wirklich mit einer stimme an, die Power in sich tragen musste. Die Leidenschaft in diesem Lied war deutlicher als sie glaubte. Es führte sie schon fast durch das gesamte Lied. Sie griff sich sogar das Mikro.
„Diese Neue … hat die denn kein zu Hause?!“ wollte einer unter ihnen wissen. Er wurde richtig böse und wollte sie eigentlich schon vom Mikro holen, doch ein anderer unter ihnen hielt den Jungen davon ab. „Nein, Castiel!“ riet er ihm. Ihm fiel sofort auf mit welcher Energie und welcher Leidenschaft Misa an das Lied heran ging. „Was?“ wollten nun auch die anderen beiden wissen. „Gib mir mal das zweite Mikro!“ verlangte der weißhaarige daraufhin. Die anderen sahen sich fragend an, doch taten was er wollte.
„Leute, geht leise an eure Plätze.“ wollte er des weiteren. „Lysander, du willst … du willst wirklich mit ihr singen?“ wunderte sich Castiel. Er lief langsam in den Raum. Noch ließ sie sich nicht unterbrechen, es machte einfach zu viel Spaß. Die andern beiden Mitglieder wollten es auch mal versuchen. Vielleicht war sie ja wirklich so gut. Sie zogen Castiel einfach mit in den Raum und anschließend …
Kapitel 5: Das Angebot
… anschließend spielten sie gemeinsam. Castiel nahm letztendlich auch seine Gitarre. Zusammen mit dem Bassisten stiegen sie immer ein. Der Drummer wusste von allein, wann er was zu spielen hat. Misa erschrak so sehr, dass sie kurzzeitig aufhörte. Sie schaute sich nervös um. Ihre Augen waren wieder wie immer blau-grün. Das hielt nicht lang. Der weißhaarige Junge hielt ihr das Mikro wieder unter die Nase, sang aber selbst auch weiter.
Ihre Augen wurden wieder rot und sie ließ all ihre Energie an diesen Liedern aus. Sie spielten gleich alles durch was bereits bekannt war und auch zwei neue Lieder. Sie brauchte sie nicht mal lesen um sie singen zu können, es ging auch so. Obwohl er es nicht gern zugab, so machte es auch Castiel Spaß. Mit dem Bassisten zusammen spielten sie so gut sie nur konnten. Immer wieder trat er auch nach vorn und spielte förmlich mit ihr.
Irgendwann konnte Lysander nicht mehr, auch die anderen hätten gern mal eine Pause gemacht. Doch irgendwie trug sie das Talent in sich alle mit sich zu reißen. Trotzdem ließen sie das jetzige Lied einfach ausklingen, dann hörte wohl oder übel auch die Neue auf mit singen. Endlich wurde ihr mal klar, was eben passierte.
Sie wurde auch erst jetzt rot im Gesicht. Es war ihr unglaublich peinlich. Die Jungs hingegen grinsten breit, doch das sah sie schon gar nicht mehr. Sie hielt sich mit einer Hand den Kopf und stotterte. „T-T-Tut mir leid…“ „Wovon sprichst du?“ wollte der weißhaarige wissen. „Du bist wirklich gut, mach dir darüber mal keine Gedanken. Viel mehr, ob du vielleicht …“ noch bevor er aussprach, setzte sein Atem aus.
Sie griff sich immer stärker an den Kopf. Selbst das stehen fiel ihr inzwischen schwer. „Was hast du?“ wollte der Drummer wissen. Es wurde so schwer, dass sie es nicht mehr aushielt. Sie ging zu Boden und verlor ihr Bewusstsein. Keiner reagierte schnell genug, doch gingen anschließend auch auf ihre Knie, um sie irgendwie zurück holen zu können. Jeder versuchte es mal, doch nichts half so wirklich.
Der weißhaarige Junge griff schon zum Telefon und Castiel probierte es weiter mit der Wiederbelebung, als sie sich wieder regte. Sie hustete stark und versuchte sich aufzurappeln. Auf allen Vieren hielt sie sich nun. Eine Hand konnte sie erheben , doch damit hielt sie sich nur den Hals, um anschließend zum Mund zu kommen. Sie hustete die ganze Zeit über weiter, bis sogar Blut kam.
Danach ging es. „Hey, hey wie geht’s dir?“ sorgten sich alle etwas. Sie blickte alle vier mit ihren großen zweifarbigen Augen an. „Blackout nennt man soetwas, glaube ich. … Ihr … ihr, ihr lebt ja.“ Jetzt verstanden die Jungs gar nichts mehr.
Bis jetzt hat das noch nie jemand überleben können. Wenn ich einen Blackout habe färben sich meine Augen rot und meine Zähne werden spitzer. Mehr habe ich noch nie mitbekommen und auch kein anderer. Sie sind tot, sie sind alle tot! Was ist passiert, dass es bei ihnen anders ist?
Sie fand einfach keine Antwort darauf. „Kannst du aufstehen?“ fragte eine ihr bekannte Stimme, jedoch war diese diesmal besorgt. „Ja, ich denke schon!“ antwortete sie ziemlich schwach. Erst jetzt nahm sie die Hand vom Mund. Einer der anderen Jungs zog sein Oberteil aus und meinte, „Nimm einfach das.“ „Aber das Shirt … das wird nicht mehr zu retten sein.“ „Wen interessiert das?“ „Außerdem hat er davon drei in seinem Schrank.“ vervollständigte der Drummer.
Misa befleckte das Oberteil und stemmte sich dann mit Castiels' Hilfe auf. „Geht es dir wirklich gut?“ wollte der Sänger nochmals als Bestätigung. „Ja ja, soetwas passiert öfter mal. Es wird gleich wieder besser sein.“ Trotzdem ließen die Jungs sie lieber nicht aus den Augen. Im nächsten Raum stand ein kleiner Tisch und ein paar Stühle waren ebenfalls vorhanden. Sie halfen ihr bis da hin und gaben ihr anschließend etwas Wasser.
Der Bassist hielt es einfach nicht mehr aus. Er sah zum weißhaarigen und fragte, „Was ist denn nun Lysander?“ „Fragt das Lieber Castiel, meine Entscheidung habe ich schon längst getroffen.“ Er legte ein unscheinbares Grinsen auf und antwortete nur, „Besser als dieses Katzengejammer.“ „Hey, tut mir wirklich leid, ich wusste nicht was ich da gemacht habe.Trotzdem, darf man erfahren wovon ihr sprecht?“ wurde sie neugierig. „Klar doch, schließlich geht es um dich. Willst du nicht vielleicht die Sängerin werden?“ unterbreitete ihr Lysander das Angebot.
Sie überlegte ziemlich lange, aber kam zu keiner Entscheidung. „Es gäbe da aber eine kleine Bedingung. Du dürftest keinem etwas davon erzählen. Wir sind mehr oder weniger unerlaubt hier unten.“ „Castiel, wieso mehr oder weniger?“ „Nathaniel weiß davon. Wenn er es verraten würde, dass ihm ständig der Schlüssel dafür abhanden kommt, dann wäre er auch dran.“ „Was ist nun mit dem Angebot? Sag schon, willst du oder nicht?“ mischte sich der Drummer ein. Sie wollten es nun langsam mal wissen.
Trotz der Denkerpause wusste sie es noch nicht. Es gab da ein paar Gründe warum sie es nicht tun sollte, aber sie wollte. Immer wenn sie glaubte eine Antwort zu haben, kamen ihr zweifel. „Komm schon, so ein Angebot bekommt man nicht täglich.“ „Ich weiß nicht Castiel.“ „Nimm dir ruhig Zeit zum überlegen aber wir würden uns darüber freuen.“ mischte sich Lysander mit ein. „Gut, ich … ich bin müde. So langsam sollte ich mal nach Hause, meine Mom wird sicher auch wütend sein.“ lenkte sie etwas ab.
Beim versuch aufzustehen, kippte sie fast wieder zur Seite weg. „Sicher, dass du es lebend bis zu deiner Wohnung schaffen wirst.“ machte sich Castiel mal wieder lustig. „Ja, sie ist nicht weit entfernt von der Schule.“ versuchte sie sich rauszureden, doch sie machten sich trotzdem noch ihre Gedanken. Am Ende meinte Castiel, dass er auch Heim müsste. Sein Hund müsse Futter bekommen. Er begleitete sie noch den ganzen Weg bis Heim.
Voller Freude über ihren Neuanfang, schrieb sie gleich mal in ihr neues Tagebuch. Hallo Leute, mein Name ist Misami. Es reicht wenn man mich Misa nennt, das war mir schon immer lieber. Ich bin mehr oder weniger 15 Jahre. Warum werdet ihr noch erfahren, jetzt jedoch noch nicht. Neue Schule, neue Wohnung, neuer Anfang! Hoffentlich akzeptieren meine neuen Mitschüler mich auch so wie ich bin.
Nach diesem kurzen Eintrag, schlug sie das Buch zu und zog sich um. Wie fast immer hatte sie ein rotes, leicht aufreizendes Top, eine kurze schwarze Hose, eine ebenso schwarze Leggins mit einem aufgeklebtem Pflaster und ihre Punkerschuhe zur Hand. Erst vor kurzem wechselte sie die Schule. Mit ihr zogen auch ihre Eltern um. Sie verließ nur ungern ihre alte Schule, doch bei dem Gedanken an den kleinen Spinner, fiel es ihr gleich leichter.
Zuletzt nahm sie ihr Cappy und setzte es auf. Ich hasse es mich verstecken zu müssen, aber gleich am ersten Tag muss ja nicht jeder von meinem kleinem 'Makel' wissen. Mutter meinte immer, als sie mit mir schwanger war, wäre es eine sehr schwere Zeit gewesen. Es heißt ja auch, wenn die Frau Sodbrennen hat, dann hat das Kind bereits Haare auf dem Kopf. Tja, so habe ich es zumindest mal gehört. So ähnlich war es bei mir, nur eben dass meine kleinen Katzenohren bereits Fell hatten.
Sie packte sich ihr Frühstück ein, ließ sich einen Kuss von ihrer Mama auf die Wange drücken und verschwand durch die Tür. Nur leise hörte sie noch die Worte ihrer Mutter. „Pass auf dich auf und auf das was du tust. Viel Spaß!“ Ja ja, so ist Mama halt. Sie hat aber auch jeden Grund für eine solche Warnung. „Du aber auch Mama!“ kam nur als Antwort.
Sie schwang sich auf ihr neues Fahrrad und machte sich gleich auf den Weg. Heute war ein herrlicher Tag, keine einzige Wolke am Himmel. Die Sonne ging gerade auf und mit ihrem Fahrrad fuhr sie geradewegs darauf zu. Misa genoss die ersten Strahlen so lange sie nur konnte. Das Gymnasium war nur leider nicht sehr weit weg.
Als sie auf dem Gymnasium 'Sweet Amoris' ankam, war jedoch kaum einer da. Besser gesagt, sie hatten alle Unterricht. Oh je, gleich am ersten Tag zu spät! Erstmal muss ich, glaube ich, zur Direktorin.
fiel ihr wieder ein. Diese stand zum Glück gleich am Eingang. Die alte, rosige Dame gab ihr gleich mal den Tipp zur Schülervertretung zu gehen.
Da drinnen sah sie sofort einen fleißigen Jungen. Er merkte sie anfangs gar nicht. Erst als er sich aus seinen vielen Unterlagen befreite, bemerkte er das Mädchen. „Oh hallo. Suchst du etwas?“ wollte er wissen. In seiner Stimme lag etwas warmes, weiches, freundliches. Sie kannte so etwas nicht. Sie hingegen schaute nervös weg.
„Also, ich soll laut der Direktorin erstmal zum Schülersprecher gehen. Sie meinte er heißt Nathaniel. Weißt du wo er ist?“ Auf seine Lippen legte sich ein bezauberndes, eben so freundliches Lächeln. „Ja das bin ich. Du bist bestimmt die Neue. Misami, richtig?“ Sie antwortete ihm nur mit einem nicken.
Der Junge schien sofort zu wissen was er tun sollte. Er drehte sich wieder um und durchsuchte die Akten. Erst dann kündigte er ihr an, was noch alles fehlte. Ein Foto, eine Seite vom Formular und etwas Geld. Sie wirkte etwas niedergeschlagen. „Eine Seite vom Formular? Ich habe es selbst ausgefüllt.“ Gleich darauf erklärte er sich bereit, nochmal danach zu suchen. Sie lächelte ihn an, bedankte sich und ging.
Ja ja, schon gut. Zum Teil aussehen wie ein Punk aber fast immer den Charakter einer Maus. Es regt mich auch immer auf! Nun ja, immerhin hat er mich nicht nach meinen Ohren gefragt. Soweit ich weiß, weiß die Direktorin davon und der Schülervertreter. Mutter wollte unbedingt, dass es jemanden gibt, der anfangs etwas auf mich aufpasst.
An dem Tag wurde sie fast rasend vor Wut. Sie meinte, sie bräuchte keinen Aufpasser. Misa suchte sich gleich die noch fehlenden Dinge zusammen. Als sie gerade wieder auf den Hof gelangte, hing da schon der nächste Junge rum. „Gibt es hier denn nur Kerle?!“ murmelte sie vor sich hin.
Der Rotschopf lehnte gegen die Schulmauer. Er trank einen Schluck und hörte dabei Musik. Sie konnte laut und deutlich mithören. Das ist eine berühmte Rockband. Er steht also auch auf so etwas. Naja, hätte man auch an seinem Shirt erkennen können. Sie lief ignorierend an ihm vorbei, denn seine Grimasse machte ihr etwas Angst.
In der Schule, lief sie gleich wieder zum blonden Jungen. Er öffnete ihr förmlich die Tür. Doch nur, weil er immer noch nach etwas suchte suchte. Mit einem lauten knall saß sie auf dem Boden. Erst dann merkte Nathaniel, was er angestellt hat. Als er sich jedoch nach ihr umdrehte, um helfen und sich entschuldigen zu können, hielt er inne.
Sie verlor beim Aufprall ihre Mütze. Diese lag nun direkt vor seinen Füßen. „Sieht doch niedlich aus!“ rutschte ihm raus. Sie knickte ihre Ohren nach vorn. Es sah aus als wäre sie traurig oder schüchtern. Also hob er die Mütze auf und gab sie ihr wieder. „Tut mir leid. Ich suche immer noch nach ein paar Unterlagen.“ entschuldigte er sich. Sie setzte das Cappy wieder auf und stütze sich mithilfe der Wand nach oben. „Schon gut. Gibt es eigentlich noch etwas anderes außer Unterlagen in deinem Leben?“ wollte sie zähneknirschend wissen.
Er antwortete vorerst nicht, sondern half ihr in den Raum. Sofort besorgte er sich Pflaster und versorgte damit die Wunden an ihren aufgerissenen Knien. Tja, jetzt brauche ich wirklich eine neue Leggins. „Tut es sehr weh?“ Daraufhin sah sie ihn nur streng an. „Was ist?“ wunderte er sich. Sie legte beide Hände in ihre Hüften und meinte, „Lenk' nicht von meiner Frage ab!“
Er musste schon wieder lachen. „Schöne Abwechslung während der Arbeit. Also, ich arbeite wirklich gern als Schülervertreter. Aber vielleicht hast du ja recht, ich werde mich versuchen zu besser.“ versprach er. Erst jetzt lächelte sie wieder und lockerte ihre vorherrschende Haltung. „Schön und nein, es tut nicht weh.“ Nathaniel drehte sich um. „Ich werde sofort weiter suchen. Du kannst dich in der Zeit ja mal mit ein paar Leuten unterhalten, meinst du nicht.“ schlug er daraufhin vor.
Sie überlegte kurz. Dabei nahm sie eine Hand an ihr Kinn und sah nach unten. So stand sie auch auf und ging. Im Flur wurde sie gleich mal überrannt. „Hey, platz da! Wer bist du überhaupt, dass du uns im Weg stehst!“ hörte sie eine Stimme. Irgendwie lieben sie es mich umzurennen, oder? Sie nahm ihren Mut zusammen und stand energisch auf. Mit einem Finger deutete sie auf sie. „Mein Name ist Misami und ich stand dir nicht im Weg, sondern du hast mich mit deinem breiten Hintern umgerannt!“
Daraufhin zischte sie nur und meinte, „Das wirst du noch bereuen!“ Dann zog sie mit ihren Freundinnen ab. Misa lief in die entgegengesetzte Richtung. Ihr Kopf war rot vor Wut. So wie sie sich kannte, verlief sie sich sicherlich. Erster Gang, nächste Ecke und nochmal im Kreis gedreht, und schon wusste sie nicht mehr wo sie war.
Zum Glück fand sie jemanden mitten im Gebäude. „Hallo,kannst du mir vielleicht hier heraus helfen?“ fragte sie wieder schüchtern. „Tut mir leid, ich bin auch neu hier. Kannst du dich noch an mich erinnern?“ Misami wusste gar nicht wie sie darauf reagieren sollte. „Da bist du sprachlos, was? Ich habe auch die Schule gewechselt, weil ich in deiner Nähe bleiben wollte.“ erklärte er mit einem viel zu breitem Grinsen auf den Lippen.
Sie drehte sich geradewegs um und ging ohne ein Wort von sich zu geben. Das ist Ken. Er folgt mir jetzt schon durch 5 Schulen. Ich hätte niemals nett zu ihm sein dürfen! Da hilft man ihm einmal aus der Patsche und gibt ihm sein Frühstück, und schon wird man zur 'großen Liebe'! Und ich dachte wirklich, er würde mich jetzt endlich in Ruhe lasse. regte sie sich noch mehr auf.
Ihr Kopf lief rot an vor Wut. Mit dieser Energie durchlief sie die ganze Schule und fand dann zum Hof. Sie brauchte dringend frische Luft. Was sie nicht bemerkte, der Junge von erst stand immer noch in seiner Ecke. Sie lief wütend auf und ab. Sie musste sich unbedingt abreagieren. Der Junge sah ihr belustigt zu, bis er richtig anfing zu lachen.
Sie fuhr so sehr zusammen, dass sein Gelächter nur noch lauter wurde. Sie drehte sich um, noch immer wutentbrannt. „Idiot!“ meinte sie nur. „Ebenfalls. Was willst du hier?!“ meinte er kühl. „Frische Luft schnappen.“ „Ich seh schon, war dringen nötig, was?“ belustigte er sich immer noch.
Sie regte sich immer noch etwas ab, dann wurde auch ihr Kopf wieder weiß. Sie hatte wirklich eine sehr helle Hautfarbe.Trotzdem blieb eine Stelle rot verfärbt. Erst jetzt spürte sie auch den stechenden Schmerz. „Was hast du angestellt?!“ wollte er nun doch wissen. Sie fasste sich über die rote Stelle und den leicht blutenden Kratzer. „Das war dieses dumme Huhn! Ach egal...“ und schon war sie wieder weg.
Sie verschwand wieder in der Schule. Eigentlich wollte sie zum Unterricht, doch dann hielt Nathaniel sie auf. Er rief ihr von seinem Zimmer aus zu. „Hey Misami, tut mir leid, aber ich kann deine Unterlagen nicht finden.“ Ihr Atem blieb stehen, genauso wie sie selbst. „Was? Was hast du da gesagt?!“ wollte sie nun geschockt wissen. „Ha ha, hat dir der Witz gefallen?“ „Witz?! Du hast mich echt erschreckt!“
Sie versuchte noch gerade so ihr verlegenes Gesicht und ein weiteres kleines Detail zu verstecken, doch es war zu spät. Nathaniel war viel zu aufmerksam, ihrer Meinung nach. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht so sehr erschrecken.“ Meinte er nur, dann verschwand er wieder in seinem Zimmer.
Sie blieb eine Weile lang stehen und reagierte sich ab. Erst dann lief sie ihm nach. Er saß wieder an seinem Schreibtisch. „Hey, jetzt sag schon. Hast du nun mein Formular gefunden oder nicht?“ „Oh … ähm, ja. Hier hast du es!“ meinte er nur. Dabei konnte er sie nicht mal ansehen. Sie nahm es an sich und ging.
Alles zusammen gab sie der Direktorin. Sie verlangte noch eine blöde Büroklammer. Zum Glück hatte sie immer alles bei sich. Sie nahm ihre vorhandene aus ihrer Hosentasche und gab sie ebenfalls der Direktorin. Anschließend verließ sie die Schule, denn es klingelte bereits zum Schluss. Sie blieb kurz auf dem Hof stehen.
Wütend und gekränkt zugleich, ballte sie eine Hand zu einer Faust. Sie zitterte am ganzen Körper und biss ihre Zähne zusammen. Sie ließ es nur ungern zu zu weinen, doch gleich am ersten Tag so etwas erleben zu müssen, das tat selbst ihr weh. Es tropften nur zwei Tränen herunter.
Diese wurden vom Wind bis an den Rand des Hofes getragen. Der Rothaarige sah nur etwas glitzern. Neugierig drehte er sich um und sah von der Mauer herunter. Auch er konnte sie deutlich sehen. Das Mädchen, was er erst auslachte, weinte nun. Er wollte gerade von der Mauer springen, als sie wieder wegrannte. Sie schien sich bereits abgeregt zu haben, also musste er nichts tun. Eigentlich hasste er es auch sich um heulende, kleine Kinder zu kümmern. „Dummkopf!“ flüsterte er nur, zu sich selbst und zu ihr.
Er hatte Angst, riesige Angst. Ich konnte es deutlich spüren. Er weiß mehr als die anderen, und nimmt sich daher in Acht. Jeder hat Angst, einfach jeder! Sie müssen es, es ist einfach besser so! Auch wenn es weh tut, daran lässt sich nichts ändern. Alle sind gleich!
Kapitel 2: Seltsame Neue
Zu Hause lief sie stur an ihren Eltern vorbei. Oben knallte sie die Tür zu und schmiss sich erschöpft in ihr Bett. Inzwischen war es schon dunkel. Aus ihrem Mundwinkel floss etwas Blut. Sie schien sich ganz leicht gebissen zu haben. Binnen weniger Sekunden schlief sie auch schon. Sie gab dabei ein ganz leises Schnurren von sich.
Am nächsten Morgen musste sie sich beeilen, noch dazu vergaß sie ihr Fahrrad am vorherigen Tag in der Schule. Schnell noch den Rucksack geschnappt und schon ging es los. An der Schule blieb sie keuchend stehen. Mit einer Hand stützte sie sich an der Mauer ab, mit der anderen stützte sie ihr Knie. Keuchend hielt sie eine Minute inne, bis die Sonne vor ihr verschwand. Verwundert schaute sie auf und blickte in zwei schwarze, schmale Augen.
Gleich darauf jedoch sah sie wieder zu Boden. Peinlich, warum muss mich auch gerade ein Kerl in dieser Situation sehen? Ihr Gesicht wurde in ein schönes rot versetzt. „Na, doch schiss bekommen vorm Schule schwänzen?!“ neckte er sie kühl. „Wie kommst du darauf, dass ich Schule schwänzen will?“ „Nur so, warum denn nicht.“
Die ersten Stunden waren gleich ihre Lieblingsfächer, Mathe und Kunst. Musik gehörte durch eine ihrer Schulen inzwischen auch schon dazu, aber das hatten sie heute nicht. Da sie noch keine Freunde gefunden hat, sprach sie zwangsweise mit sich selbst. „Eigentlich kenne ich nicht mal meinen Stundenplan. Irgendwie bin ich immer nur den anderen gefolgt, zum Glück habe ich sie nicht aus den Augen verloren!“
Als ob es eine der Mädchen hörte, so stellte sie sich vor sie und meinte, „Hallo, du bist die Neue nicht wahr? Ich bin Iris, nett dich kennen zu lernen.“ Misa sah wieder nervös zur Seite weg. „J-Ja … mein … also, mein Name ist Misami. Es reicht wenn … wenn du mich Misa nennst.“ quälte sie aus sich heraus. Ohne noch mehr zu sagen, ging sie einfach wieder.
Dabei hatte ich mir doch so fest vorgenommen sie nach dem Stundenplan zu fragen. So ein Mist aber auch! Sie lief einfach wieder nach draußen, auf den Flur. Sie sah, nein, starrte schon fast, zur Tür des Schülervertreters. Anschließend getraute sie sich doch noch. Sie klopfte dreimal an, doch es war so leise, dass man es hätte überhören können. Am liebsten wäre sie nach dem gestrigen Tag im Erdboden versunken.
„Komm ruhig rein!“ hörte sie nun doch die inzwischen vertraute Stimme. Er selbst hätte eben so wenig wie sie selbst damit gerechnet, dass sie es tatsächlich tat. „H-hey … ich weiß nicht, wo ich jetzt Unterricht habe, kannst … kannst du mir helfen?“ piepste sie. Er freute sich inzwischen über ihre mutige Entscheidung. Sein warmes Lächeln ließ auch sie lockerer werden. „Klar doch, warte, ich muss danach suchen.“ „Wann musst du das mal nicht.“ rutschte ihr aus versehen zu laut raus.
Doch Nathaniel wusste ja, dass sie recht hatte. Nach etwa zwei Minuten konnte er ihr einen Zettel geben. „Tut mir leid, ich habe versäumt ihn dir zu geben.“ entschuldigte er sich letztendlich. Sie jedoch grinste nur erleichtert. „Ach und, tut mir leid, dass ich dich gestern so sauer gemacht haben.“ Darauf wollte sie jedoch keine Reaktion zeigen.
Misa verließ einfach den Raum und schaute, um sich abzulenken, auf den Stundenplan. Sie lief bereits in Richtung Hof, als hätte sie es gewusst. „Nein, bitte kein Sport!“ jammerte sie laut. „So unsportlich kommst du gar nicht rüber!“ Verwirrt löste sie sich vom Blatt. „Erschreck mich nicht ständig so sehr!“ regte sie sich auf. Zum ersten mal legte er ein Lächeln auf seine Lippen und es ertönte ein leises schmunzeln.
„Willst du schon wieder Schule schwänzen!“ ärgerte er weiter. Unter dem Cappy spitzten sich ihre Ohren, hinter ihrem Rücken konnte man leicht einen Schwanz aufgeregt wedeln sehen, aber auch nur wenn man richtig hinsah. Sie drückte ihre Knie durch und sah ihn etwas böse an. „Man, du nervst. Ich habe bis jetzt noch nicht die Schule geschwänzt und werde es auch nicht machen.“ regte sie sich auf. Er musste schon wieder schmunzeln.
Der Katzenschwanz verschwand, stattdessen schaute sie noch immer genervt zur Seite weg. Ich werde aus diesem Jungen einfach nicht schlau! Er nervt mich eh nur aber wer ist das überhaupt? Noch bevor sie ihn fragen konnte, stellte er ihr schon eine Frage. „Du bist sicher eine der Neuen, oder?“ „Nein, ich gehe schon seit knapp drei Jahren in die gleiche Klasse und sitze neben dir!“ meinte sie nur sarkastisch.
Jedoch hatte sie mit einem Teil der Aussage recht, denn sie säße wirklich neben ihm, wenn er mal zum Unterricht kommen würde! „Gehst du jetzt wenigstens mal zum Unterricht, du den ich nicht kenne!“ sprach sie einfach weiter, mit einem gleichen Unterton wie zuvor. „Mein Name ist Castiel und Sport lass ich mir nicht entgehen. Will mal sehen wie sehr ich heute lachen kann.“ spielte er auf etwas an.
Sie ging einfach weiter, dabei hielt sie jedoch nach ein paar Metern inne. Castiel lachte schon wieder lautstark. „Komm mit, ich zeige dir die Halle!“ meinte er noch im Lachen. Sie folgte ihm nur ungern nach einer solchen Blamage, aber was hätte sie sonst tun sollen. Mit strammen Schritten folgte sie ihm dann doch. Sie hatte zum Glück immer Wechselsachen mit, ob nun Sportunterricht oder nicht. Diese zog sie sich einfach an. Allerdings musste sie Barfuß in die Halle kommen. Es kümmerte zum Glück keinen, sie war nicht mal die Einzige.
Castiel saß wie immer am Rand und sah zu. Er verweigerte einfach den Unterricht. Eigentlich nur zufällig sah er auf ihre Füße. Dabei konnte er nur zu deutlich den tätowierten Totenkopf über dem Knöchel sehen. Das war das Logo von Winged Skull, dieses Mädchen wurde langsam interessant. Nun mussten sich alle aufstellen und sich vom Lehrer kontrollieren lassen, vor allem die Mädchen betrachtete er sich dabei gut.
Das Mädchen aus dem Flur hätte noch etliche Ketten und Ringe ablegen müssen, doch lieber verweigerte sie ebenfalls. Noch unauffälliger hätte sie sich nicht neben den Rotschopf setzen können. Leider blieb er auch vor Misa stehen. „Du bist noch neu, also nehme ich dir das mal nicht übel. Trotzdem musst du deine Mütze abnehmen.“ „Es ist ein Cappy und ich will nicht.“ brummelte sie zu sich selbst.
Jedoch blieb ihr nichts anderes übrig. Sie ließ bereits einen Blick zum Rotschopf schweifen. Er sah jetzt schon siegessicher aus, doch ein weiterer, zustimmender Blick zu Nathaniel und sie nahm beide Hände an ihren Kopf. „Nun mach schon!“ wurde der Lehrer aufdringlicher. Sie zog ihre Hände wieder runter und starrte zu Boden. Der blonde Junge mischte sich lieber mit ein, bevor sie wütend werden würde.
„Herr Tanaka, bitte lassen sie ihr etwas Zeit.“ bat er freundlich. Der Lehrer verstand nicht. Misami jedoch nutzte die Zeit, in der der Mann zu ihm sah aus, um einen Schritt nach hinten zu machen und das Cappy herunter zu ziehen. Als der Lehrer wieder zu ihr sah, merkte er endlich warum. Sie versuchte noch immer mit aller Macht ihre kleinen Ohren unter den Haaren zu verstecken. Herr Tanaka glaubte nicht was er da sah. „Ich sagte doch, du sollst alles abnehmen!“ wurde er böse.
Die Schüler wurden nun doch aufmerksam und schauten aufgeregt zu ihr. Diese jedoch glaubten es. Erst als sie ihre Ohren nach hinten verlegte und böse wurde, glaubte auch er es. In dem Moment drehte sie sich um und verschwand durch die Tür. Castiel sah schon lang nicht mehr hin, denn sie holte sich von Nathaniel die Bestätigung, dass es okay wäre. Von Nathaniel, dem NATHANIEL, den er am meisten hasste!
Eigentlich wollte Nathaniel ihr nachlaufen, doch was hätten dann die anderen gedacht. Klar, ihre Eltern und die seine waren gut miteinander befreundet und auch sie selbst verstand sich gut, aber das hätte sicher jeder falsch verstanden. Lieber blieb er brav da stehen wo er stand. Ken war zum Glück so klein, dass er es gar nicht erst sehen konnte.
Am Ende musste der Lehrer nach draußen. Er fand sie einfach nicht, egal wo er suchte.
Kapitel 3: Vergangenheit, Leidenschaft, Erinnerungen
„Sie ist gut und wird sicher schon zurück kommen, wenn sie sich beruhigt hat. Dann geh ich lieber zurück zu den anderen.“ sprach er mit sich selbst. Misa hörte ihn gut, denn sie hockte hinter einem nahen Strauch. Als sie mitbekam, wie er sich entfernte, lockerte sie sich. Die ganze Zeit über saß sie schon da und umklammerte ihre angewinkelten Beine.
Nathaniel getraute sich die ganze Zeit über nicht aus dem Unterricht zu verschwinden. Er sagte sich, wenn der Lehrer sie schon nicht finden könnte, wie sollte er das dann. Erst nach der Stunde suchte er. Dabei lief ihm Castiel über den Weg. „Selten gesehen. Hast hier draußen nichts zu suchen, denke ich!“ reagierte Castiel bösartig. „Ich suche jemanden aber wüsste nicht, was dich das etwas angeht!“ wurde selbst der vorbildliche Schüler Nathaniel aggressiv. Sie gingen lieber in verschiedene Richtungen.
Dabei versteckte sich Castiel da, wo er sich immer hin verzog. An der Stelle lagen auch ein paar Zigarettenstummel. „Nathaniel … der soll mir bloß nicht unter die Augen treten!“ sprach er mit sich selbst. Ruckartig stand jemand neben ihm auf. Er sah verwirrt und etwas entsetzt zur Seite. Sein Lächelns sah so ungeheuer schelmisch aus wie noch nie zuvor. „Sei bloß still!“ regte sie sich auf. „Ja ja, versteck dich ruhig weiter!“ konnte er sich seinen Kommentar doch nicht unterdrücken.
Er sah sie trotzdem fragend an. „Was ist?“ wollte sie aufgebracht wissen. „Warum bist du überhaupt abgehauen?“ Ihr sonst so bleiches Gesicht, tauchte wieder in einen rosigen Ton. „Hast du es denn nicht gesehen?“ „Ich glaube in diesem 'erschreckenden' Moment, habe ich nicht aufgepasst und die anderen haben auch nicht eindeutig darüber gesprochen.“ Sie legte zögernd eine Hand auf ihren Kopf.
Bei jedem Zentimeter, den sie diese herunter zog, wurde sie nervöser. Am Ende hielt er ihr Getue nicht mehr aus und riss ihr das Cappy vom Schopf. Sie wurde bis über alle vier Ohren rot. Misa schaute aufgeregt, nervös zur nächstbesten Seite weg. Ihre Ohren legte sie wieder nach vorn. Es wirkte unschuldig.
„Na los, sag schon was. Ich wette dir fällt dazu etwas unglaublich lustiges ein!“ vermutete sie niedergeschlagen. Castiel war zum ersten mal sprachlos. „Ähm, ähh, also … hier, nimm das wieder zurück!“ stammelte er vor sich hin, denn auch er wurde, ungewollt, so rot im Gesicht wie sein Haar es war.
Sie krallte es sich sofort, doch noch bevor sie es aufsetzten konnte, zerzauste er ihr Haar. Sie biss die Zähne zusammen und sah zu Boden. Es machte sie immer wütender. „Pfoten weg!“ drohte jemand hinter ihr und drängte sich dazwischen. Er nahm ihr ebenfalls die Kopfbedeckung ab, doch legte sie anschließend über ihre Ohren. „Nathaniel?!“ platzte freudig aus ihr heraus. Sofort nahm Castiel seine alte Grimasse an und verschwand.
„Komm mal mit, ich möchte dir etwas zeigen!“ lenkte der Junge umgehend ab. Sie folgte ihm einfach. Es ist schon lang nicht mehr vorgekommen, dass ich jemandem vertraut habe. Ich konnte es aber auch nie. Hoffentlich irre ich mich in der Hinsicht nicht. Aber, es ist ja Nathaniel, was sollte da schon schief gehen! Sie liefen bis ans Ende der Schule. Wieder wusste sie nicht wo genau sie hinliefen oder wie sie hätte zurück finden können.
Sie blieben vor einem Raum mit der Aufschrift Musikzimmer stehen. „Weißt du noch früher, da hast du auch immer gespielt, pausenlos gespielt! Ich habe es nur vergessen. Naja, wer hätte denn gedacht, dass ich dich jemals wieder sehe.“ schwelgte er in Erinnerungen. Jetzt begriff sie was er vor hatte. „Ja!“ antwortete sie nur, als wolle sie irgendetwas zustimmen. Er riss die Tür fast auf. Vor ihnen stand ein großer weißer Flügel. Nathaniel setzte sich und wartete. Sie stellte sich vor das Instrument.
Eine ganze Weile lang starrte sie es nur an. Zaghaft, als wäre es etwas besonderes, fuhr sie nur ganz vorsichtig über die Flächen und Ecken. Anschließend setzte sie sich und legte ihre Hände ganz sanft auf ein paar der Tasten. Genau in dem Moment kam einer der zurückhaltendsten Schüler vorbei. Er interessierte sich sehr für Musik, also lauschte er.
Sie brauchte nur einmal auf die Tasten drücken und beide schmolzen förmlich dahin. Das Stück war nicht sehr lang aber trug etwas sehr entspannendes und doch trauriges in sich. Es fühlte sich für beide so an, als ob man geradewegs in deren Herzen sehen würde. „In diesem Stück liegt ihr Herzblut, man kann es deutlich spüren. Ihr muss irgendetwas schreckliches passiert sein, nur was?“ fragte der Junge hinter der Tür sich.
Im nächsten Moment stand der Rotschopf vor ihm. „Was machst du hier?“ „Nichts…“ er schloss die Tür und ging mit ihm. Sie verstanden sich prächtig. Zusammen aßen beide etwas und unterhielten sich ebenfalls über Musik.
Nathaniel saß noch immer im Raum. Auch die Leute der Musik-AG hörten mit zu, darunter war leider auch Ken. „Danke Nathaniel?!“ knurrte sie kaum hörbar als sie es bemerkte. Es beeindruckte ihre Mitschüler sehr, sogar so sehr, dass sie sie mit in der AG haben wollten. Das war eigentlich auch der Gedanke des blonden Jungen. Sie lehnte zweimal dankend ab, doch sie zwangen sie regelrecht dazu. Sie legte wieder ihr bezauberndes Lächeln auf und stimmte letztendlich zu.
Seitdem sind drei Tage vergangen. Misami stand mal wieder vor Amber und ihren Freundininen und dann, …dann schlug sie kräftiger zu als es wahrscheinlich jeder andere konnte. Inzwischen fauchte sie das Katzenmädchen mehr an als zuvor. Es gefiel ihr gar nicht, dass Nathaniel sich ständig auf ihre Seite stellte. Ich darf nicht wütend werden, ich darf nicht wütend werden, ich darf nicht wütend werden!!! Nicht wieder... hielt sie sich stillschweigend vor. Es stellte sich als schwieriger heraus als sie dachte.
Ihre sonst so rosige Aura wurde dunkler als die Nacht. „Was denn los kleine Missgeburt?!“ wollte Amber krächzend wissen. Ihre zwei Freundininen Li und Charlotte lachten natürlich gleich mit. Sie sahen schon immer aus wie Puppen, doch heute wirkten sie wie Hexen. Nathaniel kam aus dem Zimmer der Schülervertretung.
Er hörte einen lauten Knall, der sich nun 'nur' als ein harter Schlag herausstellte. Der Junge riss seine Augen weit auf. Die leicht gebeugte Haltung des Mädchens ihrer Schwester gegenüber konnte nur eins bedeuten. Blitzschnell reagierte er. Er packte Misami an den Schultern und drehte sie um.
Ohne weiter zu zögern lief sie nach draußen. Sie hätte vor Wut explodieren können. Nachdem er mit seiner Schwester redete, lief er ihr auch sofort nach. Das machte das Bild natürlich nicht besser. „Bleib stehen!“ rief er ihr endlich nach. Nur ungern tat sie es. Immer näher kommend, wollte sie am liebsten verschwinden. „Du bist erst seit einer Woche auf der Schule und wärst eben fast durchgedreht. Versuche deine Aggressionen bitte in den Griff zu bekommen.“ flehte Nathaniel.
Sie ließ sich auf die Bank hinter sich gleiten und hielt wieder mit beiden Händen ihren Kopf. „Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid!“ flehte sie um die einhundert mal. Sie jammerte es mehr, als dass er es irgendwie hätte verstehen können. Er setzte sich neben sie und legte einen Arm zögernd um ihre Schulter. „Das hätte im Ernstfall auch nicht geholfen. Ich mein es doch nicht bös' mit dir, nur versuche dich besser zu kontrollieren. Es ist wichtig, das weißt du. Niemand darf erfahren, dass du hier bist.“ wurde er eindringlich.
Im selben Moment kam Castiel mal wieder vorbei. „Hast du es immer noch nicht gelernt, geh lieber wieder in deine kleine Zelle! Und die Neue da sollte langsam mal aufhören zu heuln, das wird langsam peinlich!“ zog er beide ins lächerliche. Das konnte sie aus irgend einem Grund ignorieren. Irgendwie verstand sie seine Reaktion sogar. Nun war es ihr ein leichtes sich zu beruhigen, nur … warum?
Kapitel 4: Katzenjammer oder doch mehr?
Sie vergrub ihre spitzen Zähne hinter ihren weichen Lippen und ihre Augen nahmen wieder eine normale Farbe an. „Ich heul nicht, ich jammer nur etwas.“ gab sie ebenso besserwisserisch zurück. „Das macht die Sache auch sicher besser!“ sein grinsen war bereits vorprogrammiert. Beide ließen ihn ziehen, bis es klingelte, dann verschwanden auch sie.
Das Wochenende über plagte sie sich nur mit der Frage warum sie ihn hat einfach so ohne Kommentar gehen lassen. Ihre Familie versuchte alles, um sie mal wieder zum Lachen zu bringen, doch seit dieser Veränderung ist ihr richtiges Lächeln wie verstummt.
Nochmal werde ich ihn nicht so wortlos gehen lassen. Er kann nicht ständig Nathaniel ärgern! Was haben die beiden eigentlich gegeneinander? Schrieb sie wieder in ihr Tagebuch. Es war das erste was sie am Montag Morgen tat. Bis zum späten Nachmittag war alles so öde wie immer, doch dann ging es zur Musik-AG. Es machte ihr richtige Spaß. Sie bekam für die Programme die sie einstudieren mussten eine Gitarre in die Hand gedrückt. Sie studierte nur liebend gern neue Lieder ein, doch nach den Vorschriften nach, durfte es nicht so laut werden.
Es gab heute noch einen Grund zur Freude. Sie überlegte sich nicht nur Castiel zur Rede zu stellen, sondern sich auch mal an Amber zu Rächen. Aus irgendwelchen Umständen konnte sie den Rotschopf gerade heute nicht finden. Zuvor besorgte sie sich Spraydosen und ein paar Plastikspinnen. Sie musste bis spät am Abend warten.
Ich sagte doch, es war noch nie gut, wenn ich Nachts allein war. Erst recht nicht in der Schule! Leicht beunruhigt lief sie weiter nach unten. Inzwischen herrschte vollkommene Stille. Sie wünschte sich, dass ihr Atem mal für einen Moment still sein könnte, genauso wie ihr Herz.
Zum Glück war ein kleines Fenster in der Tür eingebaut. Zur Zeit war es leer, sie konnte es einfach nicht unterlassen nachzuschauen. Also stieß sie die Tür noch etwas mehr auf und sah eine menge Geräte herumstehen. Da stand ein Schlagzeug, überall die verschiedensten Gitarren und in der Mitte ein Mikro. „Eine Band? Warum üben sie um diese Uhrzeit?!“ wunderte sie sich. Trotzdem ließ die Begeisterung nicht nach.
Wie hypnotisiert lief sie einfach hinein. Auf einer alten Kiste lag ein Heft, es war bereits aufgeschlagen. Darin stand ein Text, ein Liedtext. Es kam ihr sehr bekannt vor. „Das ist doch das Lied von diesem neuen Sänger. Mir fällt nur nicht mehr ein wie er hieß. Eigentlich habe ich mich viel mehr für die Gitarrenriffs interessiert.“ sprach sie wieder mit sich selbst.
Sie laß den Text dreimal durch, dann versuchte sie es leise nachzusingen. Da sie in dieser Hinsicht nicht so sehr aufpasste, wusste sie einfach nicht welche Melodie sie nehmen sollte. Anfangs probierte sie es mit etwas langsamen.
„Hey Jungs, hört ihr das?“ wollte einer von ihnen wissen. Sie legten alles zur Seite und schwiegen. Es war wirklich sehr leise, doch jetzt hörten auch sie es. Jeder nahm es als eine helle, gleitende Stimme wahr. Es gefiel ihnen, bis auf einem. „Gott, das hört sich an wie Katzenjammer. Lysander, dein armes Lied.“ „Scheint ein Mädchen zu sein. Sie probiert auf jeden Fall mehrere Varianten aus.“ rechnete er ihr gut an. „Wenn sie jetzt auch noch Feuer in der stimme hätte...“ überlegte sich ein anders Mitglied.
Sie blieben ruhig in der Tür stehen. Misami versuchte sich an die Parts der Gitarristen zu erinnern und es mit einem ähnlichen Schwung nachzusingen. So ganz klappte es noch immer nicht. Es fehlte irgendetwas. Ich habe sicher nicht mehr viel Zeit. Ich sollte lieber gehen, aber … ich will eigentlich gar nicht.
Nach kurzem Überlegen stand sie energisch auf. Ihre Augen Loderten vor Leidenschaft. Es wurde ihr egal, ob jemand in der Nähe war, sie versucht es einfach trotzdem. „Das ist doch…“ Alle drehten sich zum Rotschopf um. Endlich kamen sie mal auf die Idee nachzusehen.
„Ich glaube ich habs. Die Gitarrenriffs helfen einem da wirklich weiter!“ freute sie sich. Es fing wirklich mit einer stimme an, die Power in sich tragen musste. Die Leidenschaft in diesem Lied war deutlicher als sie glaubte. Es führte sie schon fast durch das gesamte Lied. Sie griff sich sogar das Mikro.
„Diese Neue … hat die denn kein zu Hause?!“ wollte einer unter ihnen wissen. Er wurde richtig böse und wollte sie eigentlich schon vom Mikro holen, doch ein anderer unter ihnen hielt den Jungen davon ab. „Nein, Castiel!“ riet er ihm. Ihm fiel sofort auf mit welcher Energie und welcher Leidenschaft Misa an das Lied heran ging. „Was?“ wollten nun auch die anderen beiden wissen. „Gib mir mal das zweite Mikro!“ verlangte der weißhaarige daraufhin. Die anderen sahen sich fragend an, doch taten was er wollte.
„Leute, geht leise an eure Plätze.“ wollte er des weiteren. „Lysander, du willst … du willst wirklich mit ihr singen?“ wunderte sich Castiel. Er lief langsam in den Raum. Noch ließ sie sich nicht unterbrechen, es machte einfach zu viel Spaß. Die andern beiden Mitglieder wollten es auch mal versuchen. Vielleicht war sie ja wirklich so gut. Sie zogen Castiel einfach mit in den Raum und anschließend …
Kapitel 5: Das Angebot
… anschließend spielten sie gemeinsam. Castiel nahm letztendlich auch seine Gitarre. Zusammen mit dem Bassisten stiegen sie immer ein. Der Drummer wusste von allein, wann er was zu spielen hat. Misa erschrak so sehr, dass sie kurzzeitig aufhörte. Sie schaute sich nervös um. Ihre Augen waren wieder wie immer blau-grün. Das hielt nicht lang. Der weißhaarige Junge hielt ihr das Mikro wieder unter die Nase, sang aber selbst auch weiter.
Ihre Augen wurden wieder rot und sie ließ all ihre Energie an diesen Liedern aus. Sie spielten gleich alles durch was bereits bekannt war und auch zwei neue Lieder. Sie brauchte sie nicht mal lesen um sie singen zu können, es ging auch so. Obwohl er es nicht gern zugab, so machte es auch Castiel Spaß. Mit dem Bassisten zusammen spielten sie so gut sie nur konnten. Immer wieder trat er auch nach vorn und spielte förmlich mit ihr.
Irgendwann konnte Lysander nicht mehr, auch die anderen hätten gern mal eine Pause gemacht. Doch irgendwie trug sie das Talent in sich alle mit sich zu reißen. Trotzdem ließen sie das jetzige Lied einfach ausklingen, dann hörte wohl oder übel auch die Neue auf mit singen. Endlich wurde ihr mal klar, was eben passierte.
Sie wurde auch erst jetzt rot im Gesicht. Es war ihr unglaublich peinlich. Die Jungs hingegen grinsten breit, doch das sah sie schon gar nicht mehr. Sie hielt sich mit einer Hand den Kopf und stotterte. „T-T-Tut mir leid…“ „Wovon sprichst du?“ wollte der weißhaarige wissen. „Du bist wirklich gut, mach dir darüber mal keine Gedanken. Viel mehr, ob du vielleicht …“ noch bevor er aussprach, setzte sein Atem aus.
Sie griff sich immer stärker an den Kopf. Selbst das stehen fiel ihr inzwischen schwer. „Was hast du?“ wollte der Drummer wissen. Es wurde so schwer, dass sie es nicht mehr aushielt. Sie ging zu Boden und verlor ihr Bewusstsein. Keiner reagierte schnell genug, doch gingen anschließend auch auf ihre Knie, um sie irgendwie zurück holen zu können. Jeder versuchte es mal, doch nichts half so wirklich.
Der weißhaarige Junge griff schon zum Telefon und Castiel probierte es weiter mit der Wiederbelebung, als sie sich wieder regte. Sie hustete stark und versuchte sich aufzurappeln. Auf allen Vieren hielt sie sich nun. Eine Hand konnte sie erheben , doch damit hielt sie sich nur den Hals, um anschließend zum Mund zu kommen. Sie hustete die ganze Zeit über weiter, bis sogar Blut kam.
Danach ging es. „Hey, hey wie geht’s dir?“ sorgten sich alle etwas. Sie blickte alle vier mit ihren großen zweifarbigen Augen an. „Blackout nennt man soetwas, glaube ich. … Ihr … ihr, ihr lebt ja.“ Jetzt verstanden die Jungs gar nichts mehr.
Bis jetzt hat das noch nie jemand überleben können. Wenn ich einen Blackout habe färben sich meine Augen rot und meine Zähne werden spitzer. Mehr habe ich noch nie mitbekommen und auch kein anderer. Sie sind tot, sie sind alle tot! Was ist passiert, dass es bei ihnen anders ist?
Sie fand einfach keine Antwort darauf. „Kannst du aufstehen?“ fragte eine ihr bekannte Stimme, jedoch war diese diesmal besorgt. „Ja, ich denke schon!“ antwortete sie ziemlich schwach. Erst jetzt nahm sie die Hand vom Mund. Einer der anderen Jungs zog sein Oberteil aus und meinte, „Nimm einfach das.“ „Aber das Shirt … das wird nicht mehr zu retten sein.“ „Wen interessiert das?“ „Außerdem hat er davon drei in seinem Schrank.“ vervollständigte der Drummer.
Misa befleckte das Oberteil und stemmte sich dann mit Castiels' Hilfe auf. „Geht es dir wirklich gut?“ wollte der Sänger nochmals als Bestätigung. „Ja ja, soetwas passiert öfter mal. Es wird gleich wieder besser sein.“ Trotzdem ließen die Jungs sie lieber nicht aus den Augen. Im nächsten Raum stand ein kleiner Tisch und ein paar Stühle waren ebenfalls vorhanden. Sie halfen ihr bis da hin und gaben ihr anschließend etwas Wasser.
Der Bassist hielt es einfach nicht mehr aus. Er sah zum weißhaarigen und fragte, „Was ist denn nun Lysander?“ „Fragt das Lieber Castiel, meine Entscheidung habe ich schon längst getroffen.“ Er legte ein unscheinbares Grinsen auf und antwortete nur, „Besser als dieses Katzengejammer.“ „Hey, tut mir wirklich leid, ich wusste nicht was ich da gemacht habe.Trotzdem, darf man erfahren wovon ihr sprecht?“ wurde sie neugierig. „Klar doch, schließlich geht es um dich. Willst du nicht vielleicht die Sängerin werden?“ unterbreitete ihr Lysander das Angebot.
Sie überlegte ziemlich lange, aber kam zu keiner Entscheidung. „Es gäbe da aber eine kleine Bedingung. Du dürftest keinem etwas davon erzählen. Wir sind mehr oder weniger unerlaubt hier unten.“ „Castiel, wieso mehr oder weniger?“ „Nathaniel weiß davon. Wenn er es verraten würde, dass ihm ständig der Schlüssel dafür abhanden kommt, dann wäre er auch dran.“ „Was ist nun mit dem Angebot? Sag schon, willst du oder nicht?“ mischte sich der Drummer ein. Sie wollten es nun langsam mal wissen.
Trotz der Denkerpause wusste sie es noch nicht. Es gab da ein paar Gründe warum sie es nicht tun sollte, aber sie wollte. Immer wenn sie glaubte eine Antwort zu haben, kamen ihr zweifel. „Komm schon, so ein Angebot bekommt man nicht täglich.“ „Ich weiß nicht Castiel.“ „Nimm dir ruhig Zeit zum überlegen aber wir würden uns darüber freuen.“ mischte sich Lysander mit ein. „Gut, ich … ich bin müde. So langsam sollte ich mal nach Hause, meine Mom wird sicher auch wütend sein.“ lenkte sie etwas ab.
Beim versuch aufzustehen, kippte sie fast wieder zur Seite weg. „Sicher, dass du es lebend bis zu deiner Wohnung schaffen wirst.“ machte sich Castiel mal wieder lustig. „Ja, sie ist nicht weit entfernt von der Schule.“ versuchte sie sich rauszureden, doch sie machten sich trotzdem noch ihre Gedanken. Am Ende meinte Castiel, dass er auch Heim müsste. Sein Hund müsse Futter bekommen. Er begleitete sie noch den ganzen Weg bis Heim.