Ich musste nach langem hin und her zu dem Schluss kommen, dass meine Reaktion wohl doch nicht so richtig war. Gut, er HAT Fehler gemacht aber … ich habe auch welche gemacht, mehr als genug sogar. Nachdem die Beiden mir so deutlich gemacht haben, dass ich nicht mal zuhören würde, konnte ich ja nur noch zu diesem Schluss kommen. Ich konnte hier draußen ja lange darüber nachdenken, in der abgeschiedenen Gasse. … Ich hasse Dunkelheit, nach wie vor.
So lange wie er gebraucht hat, war es kaum noch einen Herzinfarkt entfernt, als er dann doch endlich aufgetaucht ist. Ich war fast schon froh darüber. Ohne weiter darüber nach zu denken, spreche ich einfach drauf los, bevor er es tun kann. „Bitte, erkläre es mir …“ Sein gehässiges, deutlich sichtbares Grinsen ist breiter geworden: „Was denn, nun doch? Was wird aus dem Versprechen?“ „Hör schon auf!“, bitte ich ihn mit gesenktem Blick. Sein schwebendes Lächeln schwindet. Er hört endlich aufmerksam zu, „Ich will nicht fahren. Ich will nur verstehen, was S … C-Cat Doll da macht.“ „Guuut, du gewöhnst dich immerhin langsam mal an die Namen. Weißt du was … hätte ich eh gemacht aber betteln gefällt mir, also … na gut, zuerst: Du hast die erste Regel vergessen.“ „Das war mir bis heute auch lieber so!“, entgegne ich ihm murrend. Das mit dem betteln war doch echt nicht nötig oder? So ein Arschloch! Er denkt über irgendetwas nach. Vielleicht geht ihm ja endlich mal in den Kopf, dass ich das für Sally mache. Wenn ich verstehe, was sie da für einem Sport nachgeht, kann ich vielleicht auch verstehen, was sie daran findet und ihr vielleicht auch besser helfen, was ihre Beine angeht. Er antwortet nun nicht mehr, aus welchem Grund auch immer. Also stelle ich niedergeschlagen fest: „Na gut, dann … dann wohl nicht. … War ja nur eine Frage.“ Schon etwas frustrierend, dass sie mich erst so zum nachdenken bringen und mir dann nicht mal erklären wollen, was Sache ist. Ich mache einfach kehrt und will langsam mal nach Hause gehen. Isebell hat seit Wochen Sally nicht gesehen und ich bin auch ständig weg. Allmählich tut sie mir leid. So wie ich um die Ecke verschwunden bin, kann ich auch schon wieder dieses Surren hören. Es ist immer noch beängstigend, da fällt mir aber auf, dass es wirklich haargenau das Gleiche ist, wie in der Pause damals, was ich daraufhin noch ein paar Mal hören musste. Es hat sich irgendwie in meinen Kopf eingeprägt. Es kommt näher, nur kommt mir nicht der Gedanke, dass es dieser Fourth sein könnte. Warum nicht? An wen habe ich denn sonst gedacht? An Sally? Erst als er direkt über mir schwebt, 2 Drehungen in der Luft macht und mich währenddessen ziemlich genau mit seinen Augen fixiert, nein, verfolgt, bleibe ich stehen. Er scheint den Wind ziemlich genau lesen zu können und schwingt mit dem Strom ein paar Meter zurück, um direkt vor mir auf dem Boden zu landen. Jaaa, schon nur mit den Drehungen wäre er extrem weit gekommen, weiter weg wie ich stehen geblieben bin auf jeden Fall. „Hey, hey, wohin willst du denn?“, fragt er mich aufgeweckt wie ein kleines Kind. „Na nach Hause.“ „Was wird aus den Erklärungen?“ „A-Also doch?“, hake ich verwundert nach und blicke etwas zur Seite. „Na klar, ich habe doch zugestimmt.“, versichert er mir nochmal. Ich dachte, das war irgendwie nur ein Scherz. Wer weiß. Jedenfalls habe ich einen Protest: „Heute war schon Schule, danach wieder arbeiten und noch mehr lernen … da kapiere ich bestimmt wieder nur Bahnhof!“ Jaaa, meine Aufnahmefähigkeit an Informationen ist nicht gerade hoch, zumindest fühlt sich das immer so an, wenn dieses Sportthema aufkommt. „Ach komm schon, nur ein paar Regeln.“ „E-E-Ein p-p-paar Regeln?“, muss ich mit groß werdenden Augen nachhaken. Er atmet tief durch, stöhnt frustriert und sieht zur Seite, sieht zu mir. Ich versuche einfach mal, seine Regeln zu verstehen. Ich befürchte nämlich, dass da noch einiges auf mich zukommen wird. „Also gut aber ich muss trotzdem Heim.“ Das scheint ihn nicht zu stören. Er folgt mir durch die Straßen und Gassen und ich suche einfach einen Weg raus, wo sich vielleicht nicht jeder fragt, was der Typ neben mir für ein Problem mit seinem Gesicht haben könnte. Er lässt es sich nicht nehmen einen Finger zu heben, wie ein höchst professioneller Lehrer. Seine Nase zeigt auch mehr gen Himmel als alles andere. Ich muss lachen. Das sieht einfach so unwirklich aus. Er lässt sich davon aber nicht stören und erzählt: „Also, als erstes sind da wie erwähnt unsere Grundregeln. Die die auch immer auf der Eintrittskarte stehen. Erinnerst du dich?“ Ich muss zugeben: Nein, irgendwie nicht so ganz außer das mit dem Bestrafen und der Maske. Er zeigt mir eine seiner Karten. Das zweite Mal, dass ich so etwas in der Hand halte. Ich lese mir die minimalistisch gedruckten Regeln auf der Karte durch und fasse zusammen: „Regeln: keine Namen … Maske tragen … kein Blickkontakt … Bewertungen des Aussehens, des Kampfes und des Verhaltens. … Abgabe der Zettel bis 10 Minuten nach der Show. … Einmischen verboten – Bestrafung und Einnahme des jeweiligen Platzes. … verletzte Spieler … “, murmle ich vor mich hin, bis ich zur besagten letzten Regel komme. „Wie – Wie genau ist das gemeint mit dem aussondern?“ „Ach das … ja, eigentlich heißt es: Rette sich wer kann. Wenn die Bullen kommen und da wer liegt, einfach liegen lassen. Das gleiche gilt für die Spiele. Wer liegt, der bleibt liegen.“ Leicht rot werdend blicke ich zu Boden und gebe ihm die Karte zurück. „Und du hast sie trotzdem … a-also … d-danke.“ „Danke! Endlich!!! Du kannst ja sogar lieb sein.“, grinst er mich plötzlich ziemlich menschlich an. Ich dachte irgendwie, dass sich alle King's fühlen würden, als wären sie etwas besseres. Er nimmt entspannt seine Arme hinter den Kopf, als würde er sich eben hinlegen wollen und richtet seine Blicke weiter dem Himmel zu. Irgendetwas freut ihn, sogar so sehr, dass er seine Augen schließt und breit grinst. Ich verstehe überhaupt nicht was er hat. „Was ist?“ „Was? … Nichts, nichts. Ich komme mir nur immer so groß vor, wenn jemand ohne Scates neben mir steht.“ Aha, sehr lustig … Na ja, Hauptsache er hat seinen Spaß. … Jedenfalls lässt ihn das irgendwie doch so ziemlich normal wirken, nimmt man mal Mantel und Maske weg. „Hast du Fragen? Also spezielle Fragen?“, wendet er sich nun wieder an mich, dreht sich während des Sprechens um und fährt nun ein Stück weit vor mir, rückwärts. Er scheint mich anschauen zu wollen. Eigenartiger Typ! „I-Ich weiß nicht. … Das ist so viel auf einmal. Wo soll ich da anfangen?“ „Hmm … also … fangen wir von vorne an. Vielleicht löst das schon einige Probleme. Womit willst du lieber Anfangen? Aufnahmerituale oder Spielregeln?“ Regeln? Jetzt noch? Nein Danke! „Weder noch … das System interessiert mich. Warum wählt man solche wie – wie dich!“, kann ich kaum meine Abneigung verbergen. Er schaut erst etwas finster, bevor er wieder grinsend in den Himmel schaut und spricht: „Also das System, alles klar. Die Spieler sind in Klassen aufgeteilt. Jede Klasse ist stärker, ist ja klar. Es geht von F bis S, S steht dabei über A, wie bei den meisten Spielen eben. In der S-Class werden jede Generation King-sama's gewählt. Diejenigen müssen spezielle Fähigkeiten haben, anders als andere S-Klasse Spieler. Sie sind einfach besser. Es werden nach und nach 10 gewählt, weil die Stadt in 9 Bezirke aufgeteilt ist. Der First-King behält den Überblick über alles. Wobei unser First eigentlich nicht der Richtige ist. Es müsste jemand sein der … der anders ist. Es würde auffallen. Schwer zu beschreiben, wenn man keinen richtigen First-King kennt, so wie du.“ „Schon gut und was macht ihr mit diesen 'Bezirken'? Was genau ist mit Generation gemeint und wieso wollen alle aufsteigen?“ „Hmm … Ehrgeiz? Streben nach Macht und Anerkennung? Oder vielleicht auch ganz einfach … Geld. Je höher man kommt, desto mehr verdient man. Die ersten 3 Plätze das Meiste, alle darunter weniger bis hin zu gar nichts. Zusätzlich kann man Wetten auf sich und andere abschließen, womit man wieder Geld verdienen kann … oder eben verlieren. Eine Generation geht über 10 Jahre und die King's werden von 15-25 Jahren gewählt. Jünger geht nicht, ältere fliegen raus. Die einzige Ausnahme ist die Schwester des First-King's. Sie ist 8, einfach zu talentiert, um sie auszuschließen und sie wurde da irgendwie hinein geboren. Und die Bezirke … die sind wichtig wegen der Phönixe, ä-ähm d-der Polizei meine ich. Wenn ein King geschnappt wird, dann kann der niemandem verraten wo die anderen sind und wenn die unter der Aufsicht der King's gefangen genommen werden, kümmert der sich meist um die Befreiung. … Muss nicht aber irgendwie ist es halt sein Bezirk. Man fühlt sich dann schon verpflichtet, d-denke ich zumindest. Keine Ahnung wie das die anderen handhaben. Sie erzählen jedenfalls immer nur negatives.“ Ignorierend was er zuletzt gesagt hat, filtere ich die wichtigsten Dinge heraus und frage weiter: „Aha … Also passt ihr auf die Stadt auf?“ „Sozusagen und wir sind auf der Suche nach neuen Spielern. Als King-sama wird man je nach Wohnort in einen Bezirk gesteckt. Das hier ist meiner.“ „Das hier? Damit kann ich wenig anfangen.“ „Willst du eine Karte?“ „N-Nein. Ich denke so wichtig ist das nicht.“, gebe ich letztendlich zu. Es ist wohl besser nicht noch genauer darüber Bescheid zu wissen. „Die könnte ich dir auch nicht geben. Ich kenne nur die Grenzen meines Bezirks.“ „A-Aber wenn ihr alle keine Ahnung vom anderen habt, wer teilt dann die Bezirke ein?“, verwundert es mich. „Das sind die Old King's. Sie planen und gestalten alles was so läuft, auch die Bestrafungen. Wenn keiner anwesend ist und ihre Spione auch nicht arbeiten, dann passiert gern mal so ein Chaos wie letztens. Die Old King's sind die verlässlichsten Personen, die man haben kann. Sie leben völlig normal weiter, gehen arbeiten, haben ihre Familien und arbeiten im Hintergrund für uns. Sie gehen so sicher vor, dass es bisher nur ein einziges Mal vorgekommen ist, dass einer entdeckt wurde.“ „Was ist mit dem passiert und warum wurde er entdeckt?“ „Er … Er war ein Spion.“ „W-Was?“ „Ja, einer der Polizei aber … er hat sich so sehr in den Sport verliebt, dass er sich seiner früheren Arbeit abgewandt hat. Trotzdem war er immer eine unsichere Stelle. Einige Leute kannten ihn und konnten ihn deswegen auch finden. Er … Er …“ „Nein, halt, warte mal. Wenn du schon so nostalgisch sprichst, will ich es gar nicht erst hören! Egal was mit ihm passiert ist!“ Er schmunzelt über meine immer wieder aufkommende Panik und spricht: „Alles klar. Was willst du noch wissen? Doch neugierig, was es alles für Spiele gibt?“ „Ich bin nicht neugierig!“, protestiere ich mit viel zu hoher, kindlich angestochener Stimme. Er regt mich so auf aber seien wir mal ehrlich … ich bin es doch, aber so was von! „Schooon klar. Also … es gibt 4 Disziplinen: Round Jump 'n' Run, Streat Jump 'n' Run, Parkour und Slalom.“ „Die haben aber nicht alle andere Regeln oder?“, frage ich tief durchatmend nach. „Hmm, verschiedene Regeln eher weniger. Man darf nie jemanden ansehen, treten, beißen, spucken und und und aber es sind halt verschiedene Disziplinen.“ „Okay. Erzähl aber … ich habe nicht mehr so viel Zeit.“ Also fasst er sich kurz: „Bei Round geht es um Münzjagt, bei Streat geht es ebenfalls um Münzjagt, nur auf der Straße, beim Parkour sucht man sich strecken raus, die man mit Tricks ablaufen muss und beim Slalom … tja, das ist etwas komplizierter. Das machen nur die Wenigsten, ist aber das interessanteste als King-sama.“ Ich halte an, wende mich umgehend zu ihm, neben mich, und sehe ihn mit schmalen Blicken an: „Komplizierter?“ Warum er neben mir fährt? Ich glaube, er kann einfach nicht stillhalten, springt ständig herum, dreht sich, zeigt einfach wie ein echter Angeber, was er so kann. Meine künstlich tiefe Stimme bringt ihn wieder zum Lachen aber er zieht gleich, wendet sich genauso zur Seite, um mir direkt gegenüber zu stehen und mit direkt, meine ich auch direkt! Er kommt so nah an mich heran gefahren, dass ich seinen Mantel und sein Camouflage-Hemd an meinem Brustkorb spüren kann. Seine Arme hat er weiterhin über seinen Körper hinweg, hinter seinem Rücken gekreuzt. Seine eben so ernste, herausfordernde Stimme ändert sich. Sie wird weicher, verträumter. Es wirkt falsch, wenn man die Situation von außen betrachtet und trotzdem mag ich es irgendwie – seine Stimme meine ich. „Ja, komplizierter, kleines Mädchen. Man stellt sich mit seinen Gegnern zusammen auf, des Spieles halber ertönt ein Startschuss, doch das Spiel geht eigentlich noch nicht los. Die ersten Minuten bis Stunden arbeiten sie nämlich zusammen. Man reizt die Phönixe so sehr, dass sie ihre Helis rufen. Erst DANN beginnt das Spiel. Man lässt sich jagen, um die Hochhäuser und Wolkenkratzer herum. Derjenige, der es schafft sie abzuhängen und am Ziel ankommt, der gewinnt.“ Seine Stimme … wie er plötzlich spricht … es ist fast schon faszinierend. Mir bleibt teilweise die Luft weg. Ich kann echt nichts dafür aber schöne Stimmen sind eben etwas besonderes. Sie hallt so schön in meinem Kopf nach, selbst als er nichts mehr sagt. Er steht lediglich noch vor mir, schaut nicht mal seltsam, weil ich nichts dazu zu sagen habe. Er schaut mich einfach nur an. Was er wohl gerade denkt? Die herrschende Stille wird Minuten später zerbrochen. Ich konnte sehen, wie das Licht vom Haus an ging und nun jemand mit tapsigen Schrittchen eilig hinaus gelaufen kommt. „Mikiiiiiiiiiiii!!!!“, höre ich sie rufen, als sie um die Ecke geschossen kommt. Ich wende mich dem vor mir umgehend ab, mit einem wirklich, wirklich eigenartigem Gefühl im Bauch. … Liegt vielleicht auch nur am Hunger. Ich kenne Isebell gut genug. Sie springt mir schon bald darauf entgegen und hofft darauf, dass ich sie auffange. Ich musste mich etwas mehr beeilen, um sie noch halten zu können. Sie legt ihre kleinen Ärmchen um mich, sodass ich nur eine Hand unter ihren Po nehmen brauche, um sie hochheben zu können. Ich streiche ihr wie eine viel zu junge Mutter über den Rücken, um ihre Aufregung zu dämpfen. „Pssssst! Nicht so laut meine Kleine. Außerdem solltest du doch schon längst schlafen!“ „Ja aber – aber – aber … Papa ist darin eingeschlafen und ich konnte nicht mehr schlafen.“, jammert sie mir vor. Mir gehen die Augen erschrocken weit auf. Ein Glück bemerkt es der neben mir nicht. Zumindest sagt er nichts dazu. Ich versuche gelassen zu wirken. „Na dann, hast du denn Lust deine Schwester besuchen zu gehen?“ Ihre Aufregung kehrt zurück: „Ja, ja, ja, ja, ja!!!! Geht es jetzt zu …“ „Psssst! Ich sagte doch, nicht so laut.“ Es reicht ja, wenn er nun meinen Namen kennt, er muss nicht auch noch Sally ihren kennen. Sie ist sofort still als ich erwähne, dass wir sonst nicht zu ihr gehen würden und dass wir beide nicht allein wären. Sie sieht sich um und entdeckt endlich den Dritten auf dem schmalen Gehweg. Sie schreckt überhaupt nicht vor seiner halben Maske zurück. „Wer bist du denn? Bist du Miki's Freund?“, fragt sie sofort was ihr im Kopf herum schwebt. Ach ja, ganz vergessen … so etwas will sie immer wissen, wenn ich mal nicht allein Heim komme. Es muss ewig her sein, dass ich jemanden bis hierher geführt habe. Ich bringe niemanden gern zu mir nach Hause aber er kennt mich ja eh nicht und abgesehen von den Regeln, die er mir nach und nach erklärt, wird da eh nichts sein. Er wird es schnell wieder vergessen haben. Ich merke nur, wie er auch mal etwas Farbe im Gesicht bekommt, ich meine, abgesehen von seiner leichten Bräune. Er kratzt sich ungewohnt nervös an der Wange. Ein Tick von ihm? „Spinn' nicht 'rum, dumme Kuh! Na los, du kannst selber laufen!“, murre ich sie sofort an und lasse sie fast schon fallen. Ihr stehen kleine Tränen in den Augen aber auf Terror reagiere ich selten, das weiß sie. Also wende ich mich wieder dem Jungen zu oder besser gesagt dem Fußweg hinter ihm. Sein kurzer Blick, der mir am vorbeigehen auffällt, sagt mir, dass er wohl wirklich gedacht haben muss, ich wäre ihre Mutter oder so etwas. O Gott, bloß nicht! Ich gehe einfach schon mal vor, bis sich Isebell zusammenreißt und nachgerannt kommt. Ich sagte doch, ihr Terror zieht bei mir nicht. Mit ihr zusammen fährt auch der Junge uns nach. Isebell schaut erstaunt über ihre Schulter. Sie kommt mir näher, zupft mit beiden Händen am Ärmel meiner Lederjacke und sieht mich fast schon missmutig an. „Miki? Wie – Wie macht der das denn?“, jammert sie atemlos, verängstigt. Ich überlege, schaue in die Sterne über uns und antworte grinsend: „Hmmm, keine Ahnung. Vielleicht ist es ja Magie!“ Daraufhin lacht sie nur und lächelt auch den Kerl an, der eben neben uns eintrifft, wieder langsamer wird, um unser Tempo zu halten. Isebell's Augen glitzern plötzlich wieder. Sie ist richtig begeistert und fragt nach: „Du kannst zaubern, ja?“ Ihre kindliche Art ist immer wieder amüsant. Sie lächelt ihn breit an, er lächelt fast genauso breit zurück. „Ja klar aber das ist nicht für kleine Mädchen wie dich oder deine Schwester bestimmt.“ Als es dann endlich mal wieder ruhiger wird, frage ich mich, warum er uns überhaupt noch folgt. Er war heute schon bei Sally und die Kleine muss er sich nicht auch noch antun. Mir gibt das aber die Chance ihn doch noch etwas zu fragen, was mich schon die ganze Zeit über verwundert. Durch die ruhige Atmosphäre frage ich fast schon flüsternd: „Warum genau nennst du mich eigentlich immer kleines Mädchen oder Kind? Wie alt bist du denn?“ Eigentlich eine dumme Frage. Wenn man schon seinen Namen und sein Gesicht verheimlichen muss, dann doch bestimmt auch sein Alter. Er scheint eine Weile darüber nachzudenken. „17.“, kommt dann doch noch. „Lügst du?“, will ich wissen. „Lügen darf man nicht, dann kommt nachts nämlich das Monster und schneidet dir die Haare ab.“, jammert die Kleinste vorlaut dazwischen und kommt mir wieder ein Stück näher, aus Angst, dass dieses Monster schon da wäre. So ganz unrecht hat sie damit ja nicht. Ich kriege mich fast nicht ein, als sie das erzählt, muss mich immer zusammen reißen. Die Blicke des neben mir machen es nicht besser. O ja … ich bekomme bestimmt einen Preis für die beste größere Schwester aller Zeiten! Als der Typ neben mir es endlich gecheckt hat, muss auch er fast lachen. „Nein, ich lüge nicht.“, lenkt er sich mit Worten ab. „Warum dann kleines Mädchen oder Kind? Du bist nur 2 Jahre älter als ich!“ „Echt jetzt? … Du wirkst wie 12!“, stellt er fest, ganz hemmungslos. „Vielen Dank auch und du wie ein arroganter, dreißigjähriger Unternehmer!!!“ Diese Bezeichnung scheint ihm nicht zu gefallen. Ich verstehe nicht warum. Dann soll er sich einfach normal benehmen und nicht alles an mir schlecht reden! Beleidigen lassen kann ich mich auch von meinen Klassenkameraden oder diesen 3 gruseligen Typen vor Isebell's Klasse. Er schweigt bis wir erneut an einem Tor stehen bleiben. „Also dann, ich sollte wohl besser mal rein gehen, bevor …“ „Ahhhh, das Mädchen, das nie hören kann, kommt mal wieder zurück!!!“, ertönt es sofort, während eine Tür aufgeschoben wird. „Und ich brauchte nicht mal zu Ende sprechen.“, murre ich und mir ist klar, dass der Arzt genau weiß, dass ich davon genervt bin. Legt er es wohl darauf an? Isebell läuft schon von ganz allein nach drinnen. Da ist schließlich Licht und wo Licht ist, da kann kein Monster sein. Außerdem muss sie Sally gesehen haben. Sie sitzt glaube ich gerade am Tisch. Der Arzt ist ihr ziemlich erschrocken aus dem Weg gegangen. Der neben mir rutscht nun so ins Bild, dass unser Arzt ihn auch sehen kann. Er wirkt … keine Ahnung wie genau er wirkt. Einfach eigenartig wohl … Leise murrt der neben mir mich an. Er schaut nur durch eine dünne Spalte seiner Augenlider, die er eben zusammen kneift. „Du scheinst wirklich keinen guten Eindruck auf Kerle zu machen, hmm?“, spielt dieser King doch tatsächlich so eine miese Karte aus! „Ach sei still, wen interessiert's!!!“, knurre ich lauter, schubse ihn von mir weg und gehe lieber sofort nach drinnen. Die zwei Jungs tauschen sich nun auch so seltsame Blicke aus, doch andere als der Barkeeper und der King hinter mir es im Laden getan haben. Die Blicke des Arztes vor mir habend, wirkt er sehr … böse? Vielleicht wegen dem was mit Sally passiert ist? Ja, bestimmt wegen ihr. Er hatte sich ja auch Sorgen um sie gemacht, als ich das erste Mal in seinem Untersuchungszimmer saß. Da wäre es normal sauer auf einen der King's zu sein oder? Erst als mein großes Gesicht direkt vor dem Berufstätigen auftaucht, wacht er kopfschüttelnd aus irgendwelchen bösartigen Gedanken auf. „Hallooohooo!“, rufe ich zusätzlich nochmal, auch wenn er schon wieder bei Sinnen ist. Der Mann macht kehrt auf der Veranda seines Hauses und geht nach drinnen, stampft direkt an mir vorbei. Er erzählt mir, dass nicht mehr viel vom Essen übrig sei und man hört, wie er Keramik aus einem Schrank kramt. Warum ich ihm nicht gleich nach gehe? In dem Moment, in dem er sich vom anderen lossagen konnte und verschwunden ist, spricht der hinter mir plötzlich wieder. „Wir treffen uns morgen wieder. Halte dich bereit!“ Er hat mich irgendwie damit überrumpelt. Schweigend blicke ich über meine Schulter, doch sehe schon nur noch, wie er gen Himmel springt … n-nein … fliegt. Er fliegt, ganz eindeutig.
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