Die beiden laufen nach wie vor vor mir her, so zu meinen Seiten, dass ich geradeaus schauen kann, alles sehe und trotzdem weiß, dass sie bei mir bleiben. So extrem bewacht müssen sich alle wichtigen Leute fühlen. Gehöre ich für diesen Moment wohl zu diesen wichtigen Leuten? Nur warum? Wegen dieser Karte?
„Darf ich Sie etwas fragen?“, hat sich einer von beiden fast unbemerkt aus seiner Formation bewegt und sich mir genähert. „Natürlich. Nur keine Scheu.“ Vielleicht wieder etwas zu offen, zu locker? Sein Mund steht leicht offen. Soviel kann ich noch erkennen durch die kleinen Löcher der Maske hindurch. „G-Gut.“, schluckt er schwer, eh er seine Frage stellt, „Ihr … Ihr seit so menschlich zu uns? Das müsst Ihr nicht, a-also … wieso?“ „Wieso wieso? Wie könnte ich andere Menschen nicht menschlich behandeln? Kann – Kann ich euch nun auch etwas fragen?“, bin ich genauso leise wie er. Nun nähern sich beide wieder, damit es halbwegs nach Formation aussieht. „Natürlich.“, tun sie es wieder zugleich. „A-Also gut … wie – wie viele sind denn heute da?“, irgendwie muss es ja wirken, als wäre ich nicht zum ersten Mal hier. „Heute? Na, heute sind alle gekommen. Es gab eine Rundmail an die Kings. Sie überlegen zum ersten Mal aller Generationen ein 11. Mitglied aufzunehmen.“ „Ein 11. Mitglied?“, spreche ich laut aus, unbedacht. Es gibt also 10 Kings, normalerweise. Auch wenn es mir egal sein könnte aber: „Wer soll der 11. werden?“ Für den Moment halten beide an. Was ist nun los? Waren das schon zu viele Fragen? Habe ich mich verraten? „Habt – Habt Ihr die Mail etwa nicht erhalten?“, wollen beide von mir wissen, wie in einem verhör. Nervös schaue ich auf den Boden unter unseren Füßen und werde leicht rot. Erst danach fällt mir auf, wie weit wir schon gekommen sind. Kann ich es so überhaupt schaffen, all meine Fragen los zu werden? Wir stehen schon beinahe neben den Stimmzetteln. Laut den Regeln, befinden die sich nämlich bei den Statuen. Ares und Athena. Wenn ich mich nicht ganz täusche und ich ein bisschen im Unterricht aufgepasst habe, müsste die Statue, neben der ich stehe, Athena sein. Die olympische Göttin der Weisheit. Ares hingegen, der, bei dem sich die normalen Besucher die Zettel abholen, ist der Gott des Krieges und der Gewalt. Was hat die Göttin der Weisheit denn bitte mit solch komischen Spielen zu tun? Wie gut, dass wir das eben erst im Unterricht hatten, ansonsten würde ich mich nur noch mehr blamieren. Nach viel zu langer Verzögerung wache ich endlich wieder auf und verneine ihnen, was sie mich zuvor gefragt haben. „Es geht um Cat Doll. Sie hat sich monatelang hoch gekämpft. Von der F, bis zur A-Klasse. Sie war nicht sonderlich schnell, das machen hunderte andere ihr auch nach aber ihr Stil ist einzigartig und sie liebt was sie da tut.“ „Die schafft es ganz bestimmt bis in die S-Klasse, wenn sie so weiter macht. Das Spiel heute gebührt nur ihr. Sie wäre die erste 11. King-sama. Wenn sie das wirklich schafft …“ „ … sie wird sich bestimmt geehrt fühlen.“ Seltsam. Sie sprechen sehr gern davon aber … ihr Unterton … „Was habt ihr? Ihr klingt eher … besorgt.“ „Was? A-Ach nichts …“, reden sich beide zugleich raus. Also wenn ich nicht ganz falsch liege, dann sollte da noch mehr dahinter stecken, abgesehen vom Aufstieg in die bessere Klasse. „Nun sagt schon, seit ehrlich. Wem sollte ich es denn weiter verraten?“, dränge ich mehr auf ihre Antwort. Sie geben mir eine aber nicht die, die ich wollte: „Den anderen Kings. Wir sind eben erst zu unserem Job gekommen, wir wollen ihn nicht gleich los werden.“ Ich schließe kurz meine Augen und gehe ein paar Antworten durch, bevor ich wieder etwas dummes von mir geben kann. In die Lounge wollen sie mich bringen, alle King-samas sind da und heute ist eine Auswahl, eine Entscheidung … „Ich will gar nicht zu den anderen. Ich will zu den normalen Zuschauern.“, gebe ich letztendlich von mir. Diesmal entgleisen ihnen wirklich die Gesichtszüge. Bevor ich mir wieder nur Gedanken mache, dränge ich mich an beiden vorbei. Ich muss zu Athena, mir meinen Stimmzettel abholen. Ich bin wirklich froh, als ich bemerke, dass da wirklich noch einer liegt. All dieses Theater wäre sonst an dieser Stelle aufgeflogen. Ich schaue mir die Liste genauer an. Darauf stehen wirklich nur solche komischen Namen. „Rino, Holy Devil, Cat Doll, Berrybee und Alainy-boy.“ „Ihr – Ihr seit wirklich völlig anders. Ihr tragt keine volle Maske, sprecht mit uns, als wären wir ebenbürtig und wollt jetzt auch noch zur Allgemeinheit? Verzeiht, wenn ich zu offen spreche aber …“ „Nun hört schon auf. Ihr habt gesehen, dass das nicht meine Maske ist. Ihr habt bestimmt auch etwas gegen mich in der Hand, wenn ich es den anderen sagen sollte. … Aber gut, dann antwortet eben nicht. Beantwortet mir dafür eine andere Frage … wie heißt ihr?“ Wieder schweigen sie. Okay, ich bin sehr offen, soviel habe ich auch schon begriffen aber ich muss mehr wissen. Als sie ihre Mimik wieder in den Griff bekommen, gibt es endlich Worte von ihnen, die nicht auf weitere Fragen deuten. „Wir sind Heyvo …“, stellt sich mir der linke vor, „ … und Séox.“, beendet der rechte von beiden. Sie sehen sich wirklich komplett gleich, zumindest von dem, was man sehen kann! Erleichtert atme ich durch und wende mich dem zweiten Tor zu. Ich will endlich hinein, wenn sie mir schon nicht weitere Antworten geben wollen. Trotzdem muss ich erleichtert anmerken: „Gut … dann kann man euch wenigstens unterscheiden!“ Ich spüre ein erneutes, ungezwungenes Grinsen, dann folgen sie mir. Ich kann spüren, wie sie weitere Überlegungen anstellen. Bevor wir am zweiten Tor ankommen, dessen Weg bis dahin mir schier unendlich vorkam, schafft es einer von beiden etwas zu sagen. Séox, wenn ich richtig liege. „Wir – Wir machen uns Sorgen um Cat Doll.“ Ich bleibe stehen. Sie auch. Wende mich zu ihnen. Beide gehen einen Schritt zurück. „Warum?“, hinterfrage ich lediglich, als sich mir nur weitere Fragen auftun. Keine der Regeln besagt, dass man sich keine Sorgen machen darf. Also warum haben sie solche Angst davor das zuzugeben? Heyvo übernimmt diesmal die Antwort: „Weil … Weil man sich auch sagt, dass Cat Doll's Zustand schlechter geworden sei. Das passiert vielen hier und am schlimmsten ist es, wenn sie trotzdem weiter machen und dann abstürzen. … Nicht viele überleben das und wir … “ „Nicht!“, mischt sich sein Bruder mit ein, umsonst. „Nein Séox! Von mir aus sollen sie mich wieder bestrafen aber … wir kennen Cat Doll. Richtig! Sie übersteht vielleicht noch diesen Kampf aber … wenn sie sie wirklich aufnehmen, folgt danach gleich noch ein Kampf, meist in der selben Disziplin, Round Jump 'n' Run, aber gegen die King-samas, also gegen Euch. Schon nur ein A-Klasse Kampf an einem Abend ist …“ „Ich verstehe schon. Schon gut, sprich nicht weiter. Die anderen schauen schon.“, rede ich ihm dazwischen, bevor er zu laut werden kann. Seinem Bruder kommt das gerade recht. Auch er hätte bald eingegriffen, dass hat man ihm deutlich angesehen. Als ich schon wieder weiter gehen will, weil ich weiß, dass ich auch nichts ändern kann, richtet sich Séox doch nochmal an mich. Er hat so tief durchgeatmet und allen Mut zusammen genommen … was er jetzt sagt, kann nur schwer auf mir laste … „Könnt Ihr als Nummer 4 nicht irgendetwas ausrichten? Ich weiß, Euch könnte all das hier egal sein aber … das ist es nicht, das merken wir doch.“ Er klingt verzweifelt. Wenn sie diese Cat Doll wirklich kennen, dann muss sie ihnen viel bedeuten. Ich kann aber wirklich nichts tun. So langsam wünschte ich mir wirklich, ich könnte diese Nummer 4 sein aber das bin – ich – nicht! Wohl oder übel muss ich das jetzt tun, auch wenn es mir selber im Herzen wehtut. Es brennt … wie Feuer … „Ich kann nichts tun. Das sind nun mal die Regeln. Tut mir leid, ehrlich. Ich will es sehen … von den Zuschauerreihen aus.“ Beide sind geknickt, natürlich sind sie das. Mir ist auch zum weinen zumute, weil ich nicht diejenige bin, für die ich mich gerade ausgebe. Sie gehen wieder voraus, stehen nicht wieder Spalier, als wir die normalen Reihen betreten. Beide sind sehr betrübt deswegen, von vorn betrachtet noch viel deutlicher, als wenn man es nur hinter sich spürt. Ich schaffe es nicht, die Beiden noch einmal anzuschauen. Als ich die letzten Schritte überbrückt habe, fällt mir auch nichts mehr ein, was ich sagen könnte. Von einem Moment auf den nächsten hört man nur noch Gejubel, lauthals wird geschrien, einer übertönt den anderen. Ich habe mich geirrt, ich habe mich ja so etwas von geirrt. Das ist nicht aufgebaut wie ein Stadion. Es ähnelt einem Kolosseum! Die einzelnen Reihen gehen strikt gerade nach oben. Ringsherum tummeln sich die etlichen Zuschauer, blicken an den riesigen Steinsäulen vorbei, durch die freien Fenster, die gelassen wurden. Es ist riesig. Jetzt verstehe ich auch, warum auf den Regeln von Blöcken gesprochen wird. Gäbe es nur einen Abgabeplatz pro Etage, würden sie nicht in einer Stunde damit fertig werden. „Was schaut Ihr so? Wart Ihr bei noch keinem Spiel in der großen Area?“, hinterfragt Heyvo meinen erstaunten Gesichtsausdruck. „N-Nein … i-ich denke nicht.“ Séox erklärt mir: „Na ja, dann ist wohl auch kein Wunder, dass Ihr die Mail nicht erhalten habt. 3 Kings reichen aus, um einen neuen zu bestimmen und die King-Auswahlen müssen auch nicht immer hier stattfinden aber das wisst Ihr ja bestimmt schon längst.“ „J-Ja, natürlich weiß ich das.“ Area heißt dieses Ding also. Kein Stadion und kein Kolosseum. Als ich geradeaus, durch alles hindurch spähe, entdecke ich auch diese besagte Lounge. Sie befindet sich am anderen Ende, in einer Schalldichten, bunt erleuchteten Box. Man erkennt nur die Lichter hindurch, denn die Scheiben sind dunkel gefärbt. Mich beschleicht das Gefühl, dass gar keiner wirklich weiß, wer sich da alles als King-sama bezeichnen lässt. Diese Welt hier ist so verwirrend für mich. Dachte ich vorhin im Wald noch, dass sich heute ETWAS ändern würde? Das hier – das ist eine komplett andere Welt!!! Ich fühle mich wie gelähmt. Der Lärm, Rauch, das Feuer, die vielen Menschen. Das ist ein Feeling, wie es mit keinem Fußballspiel und keiner Rally zu vergleichen ist. „Lasst uns gehen, bevor es wirklich ohne uns anfängt.“, schlägt Séox vor. Ich bin ein bisschen erleichtert, dass seine Worte meine Starre durchbrechen. Ich hatte das Gefühl, mich hier gar nicht mehr fortbewegen zu können. Sie gehen wieder ein paar Schritte voraus, eh ich ihnen folgen kann. Ich spüre bei jedem Schritt, wie mehr Druck auf mich ausgeübt wird. Es fühlt sich an, als würde die Begeisterung aller, nur auf einem selbst liegen. Wie sollen sich die 5 Teilnehmer nur fühlen? Vor allem aber frage ich mich, wie man 5 Personen auf einer so riesigen Fläche gegeneinander antreten lassen kann? „In welche Etage wollt Ihr, King-sama?“, fragt mich Heyvo dann mal. Meine Antwort ist ganz klar: „Dahin, wo man am besten sehen kann!“ Sie führen mich die steinernen, alten Stufen hinauf, bis in die zweite Etage. Wir gehen bis zur Längsseite. Das macht Sinn. Von den schmalen Enden aus, wird man kaum alle Teilnehmer sehen können und die zweite Etage … tja, ich weiß nicht mal, warum es überhaupt 3 gibt. Aus dem Aufbau des Feldes werde ich auch nicht schlau. Es ragen unzählige Säulen aus dem Boden empor, nicht alle gerade. Die meisten liegen schräg, als würden sie bald unter sich nachgeben. Am offenem Himmel sind Seile gespannt oder Auffangnetze … Wofür? … Grundsätzlich kann man nur sagen, dass alles da drinnen aus Stein oder Metall ist und in der Mitte befindet sich dieses riesenhafte Feuer, welches man schon von draußen erahnen konnte. Auch das ergibt Sinn. Durch den Rauch wird der Blick auf den Gegenüber verwehrt, mag der noch so weit weg sein. Es ist nur eine Sicherheitsmaßnahme … die Frage ist nur, wofür? Wofür so viel Sicherheit für die Zuschauer aber nicht für die Spieler? Es bleibt keine Zeit sich Gedanken darüber zu machen. Man hört zwischen all den Jubelschreien heraus, wie die Lautsprecher eingeschaltet werden. Séox muss Recht gehabt haben. Es geht bestimmt gleich los. Alle Blicke gehen Richtung Lounge. Das heißt also, irgendjemand da drinnen macht die Ansage. „Was kommt jetzt?“, hinterfrage ich perplex, hinterher in der Hoffnung, dass das keine verräterische Frage war. Die beiden schauen nicht von der Blackbox ab. Blickkontakt mit anderen ist ab jetzt strengstens verboten. Wer gekonnt ist, der schafft es wohl noch zu reden, obwohl auch das eigentlich verboten ist. „Die Ansprache des first King.“, hält Séox sich knapp. Gleich darauf ertönt ein räuspern. Es klingt, als hätte er keine große Lust darauf, doch das ändert sich, je länger er spricht. „Hey meine Skater, Slider, Driver, Läufer oder wie auch immer ihr euch alle nennt. Heute ist ein besonderer Tag, ein Tag wie es keinen anderen geben wird. HEUTE … wird sich entscheiden, ob wir zum allerersten Mal in der Geschichte unserer Kämpfe, unserer Spiele, unseres Sports, ein 11. MITGLIED in unsere Reihen aufnehmen werden! Nein, nicht nur einfach in die S-Klasse, wie es jeder kann. Nein, wir meinen die ERNENNUNG EINES 11. KINGS!!! Wieeeee findet ihr das LEUTE?!?!“, wird er zunehmend lauter, bis er letztendlich nur noch brüllen kann. Es lässt sich hinter den Scheiben nur erahnen, dass da jemand aufgeregt aufgestanden ist und sich zwischen all die anderen King-samas gestellt hat. Er muss wohl einen Arm ausbreiten, um seiner Ansprache mehr Feeling zu verleihen, den aber eh keiner richtig sehen kann. Egal ob ihn jemand sehen kann oder nicht, die Massen fangen an zu toben und zu feiern, sobald er zu Ende gesprochen hat. Sie schreien sich förmlich ihre Seelen aus dem Leib. Ich bin wohl die einzige, die sich dabei ihre Ohren zuhalten muss. Die beiden Jungs wenden sich mir keinen Zentimeter zu. Sie würden genauso raus fliegen wie alle anderen, wenn das wer mitbekäme. Unter ihren Fuchsmasken hindurch, würden sie eh nichts erkennen. Ich muss mir echt mehr Mühe geben so zu wirken, als würde ich hier rein gehören. Ein Glück wird es wieder leiser, als er weiter sprechen mag. Nein, nicht er spricht weiter … da erklingt eine andere Stimme … eine, die nicht mal die Jungs bei mir identifizieren können. Sie schütteln nur verneinend ihren Kopf. „Doch zuerst meine Lieben, lasst uns die begrüßen, die einen Applaus genauso verdient haben, wie unsere 5 Kandidaten heute. Begrüßt mit uns all die mutigen NEULINGE, die sich heute Abend mit in die Area getrauen!!!“, ruft er es genauso aus, wie der first King von eben. Wieder reagieren alle. Sie jubeln erst diesem King zu und anschließend denen, die sich hinein wagen. Aus dem Boden öffnet sich eine große Luke. Ein Fahrstuhl wird hinauf gefahren. Zuerst sieht man die Gitter. Sie umringen den Fahrstuhl, doch das seltsame … ich sehe keine Tür, durch die die Teilnehmer hindurch kommen könnten. Sie versuchen auch nicht aus dem Käfig zu kommen, winken aber den jubelnden Massen mit Freude zu. Alles wird nur verwirrender für mich. Ich weiß nicht ob mein Kopf schon geplatzt ist oder noch nicht. Gut möglich, dass die Schmerzmittel all meine Nerven so stimulieren, dass ich nichts mehr mitbekomme. Bevor ich auch nur versuche nachzudenken, übernimmt schon eine dritte Person das Mikro. Diesmal ist es eine Frau. „Und nun meine Lieben …“, sie kommt nicht mal zum aussprechen, da jubeln vor allem die männlichen Zuschauer schon los. „Shivaaaaa!“ „Shiva meine Liebe, komm doch ruhig mal zu uns runter.“ „Wir wollen dich alle sehen Shivaaa!!!“ Das Einzig normale, was man zwischen den Jubelrufen und ihrer Unterbrechung hören kann, ist erneut Séox. „Tzzz! Die hat sich ihren King doch erschlafen! Kann nur froh sein, dass die mit unserem First was am laufen hat!“ Oha, oha, so kann man sich seinen Rang also auch erkämpfen ja? „Außerdem ist sie das Gesicht unseres Magazin's 'Run'. Kein Wunder, dass die so viele Fans hat. Wird ja schon bald zur Pornozeitschrift!“, beschwert sich auch Heyvo. Meine Beachtung gilt jedoch nicht dieser Frau, sie gilt den Neulingen. Laut der Regeln auf der Karte, gibt es 3 Bewertungskriterien. Aussehen, Kampf und Verhalten. Die Neulinge sehen aber alle gleich aus. Sie tragen eine weiße Uniform, ziemlich freizügig, wenn man mich fragt. Viel mehr sehe ich leider nicht, da die vielen Felsen einen genaueren Blick verwehren. Ein angetanes Lachen ertönt: „O, hey Jungs, Jungs, Jungs. Heute geht es nicht um mich. Beruhigt euch. Heute geht es um eine genauso schöne und junge Dame, die mir hier oben vielleicht etwas mehr weibliche Unterstützung bieten kann. ALSO, BEGRÜßT MIT MIR DIE HEUTIGEN TEILNEHMER: …“ Noch währenddessen haben sich Luken in den Wänden der zweiten Etagen geöffnet. Direkt neben uns ist auch eine auf gegangen. Man kann ein leises Surren hören, wie von einem Motor, der gerade schwer zu kämpfen hat. „Rino, Holy Devil, Cat Doll, Berrybee und Alainy-boy.“, je mehr sie aufzählt, desto häufiger hört man, wie diese Motorengeräusche nachgeben. Ein Fluss entsteht, als würde man auf irgendetwas fahren, nur was? Um was genau geht es hier? Der Reihe nach kann man sehen, wie aus den Öffnungen der Wände Personen hervor gesprungen kommen. Wobei, was heißt springen. Sie gleiten förmlich aus den Öffnungen und nur ihr Schwung lässt sie weit durch die Luft gleiten. Rino ist der Erste, er ist uns direkt gegenüber gestartet. Sie tragen alle nur so etwas … so etwas wie Inlineskates. Es ist ganz schwer zu beschreiben, wie genau sie wirken. Man bekommt auch keinen direkten Blick darauf, weil er in der Luft der Area geradezu herum wirbelt. Schon jetzt zeigt er den Zuschauern, was er so drauf hat. Die vielen Säulen und die offene Decke ergeben nun auch endlich Sinn. An den Säulen nehmen sie Anlauf, lassen sich wirbelnd hinauf gleiten oder nutzen sie, um sich aus der Luft abzufangen. Rino sieht echt nicht schlecht aus. Die meisten schreiben ihre Bewertungen schon jetzt auf. Es gibt eine Leiste von 0 – 10 Punkten, wobei 10 das höchste Maß ist. Okay, ich halte mich nicht an die Regeln und schaue wie die beiden Jungs auf ihren Zetteln sofort die 10 eintragen. Ich muss beinahe wieder lachen aber was kann ich denn dafür, wenn ich schon immer gut im abgucken war? Er hat nur ein bemaltes Gesicht. Alles schwarz, mit einer Art Kopfschuss und Blut, was ihm daran hinab läuft. Um seine Lippen herum wurde auch mit rot gearbeitet, als würde er sich das Blut geradewegs aus dem Gesicht lecken. Schräg nenne ich das, schräg und irgendwie … na ja, cool. Er trägt einen Kapuzenpulli, auch in schwarz und eine normale Jeans. Jedoch fällt auf, dass an den Knien Risse eingearbeitet wurden. Mit Absicht. Er bewegt sich nur so schnell, dass ich nicht erkennen kann weswegen. Gleich nach ihm startete Holy Devil. Auch ein Junge. Der jedoch scheint noch ziemlich jung zu sein. Geschätzt 14. Er trägt ebenfalls einen schwarzen Hoody, doch auf dem ist ein kindliches Skelett abgebildet, mit großen Augen auf der Kapuze, die er genauso trägt wie Rino. Sein Gesicht verdeckt er mit einer schwarzen Hockey-Maske. „Sind sie …“ „Ja!“, bekomme ich ganz knapp als Antwort. Also sind sie Brüder. Und sie müssen hier gegeneinander antreten? Ich hoffe nur, dass ihnen nichts passiert. Keinem von beiden. Wenn ich mich recht entsinne, müsste als nächste Cat Doll dran sein. Den Jubelsprüchen zufolge liege ich richtig. Sie müsste aus der Luke hier starten. Man hört auch schon, wie die kleinen Motoren dessen Skates arbeiten und immer näher kommen. Gleichzeitig bekommt man ein schallendes Geräusch mit. Klar, wenn man genauer hinschaut, sieht man auch die gebogene Metallstange, die aus dessen Öffnung kommt. Die Metallstange windet sich einmal in sich und hört dann irgendwo mitten in der Area auf. Gebannt schaue ich auf unsere Position. „Ihr bewertet nicht.“, stellt der links neben mir fest. Knapp, wie sein Bruder eben erst, gebe ich zurück: „Erst wenn ich alle gesehen habe.“ Ganz eindeutig, er soll die Klappe halten! Das hätte ich ihm auch ohne meinen 'Status' an den Kopf geworfen. Keine Sekunde später sieht man auch endlich, wer Cat Doll ist. Ein Mädchen, natürlich, wie Shiva bereits verraten hat. Sie trägt so etwas wie einen Bolero, in dunklem Violett, dickem Stoff und mit überlangen Ärmeln. Man sieht ihre Hände nicht durch. Es hat Ähnlichkeiten mit den Uniformen der Neulinge. Die tragen auch so einen Bolero, nur in weiß – blau und ganz glattem Stoff. Darunter trägt sie nur einen Sport-BH, für ihre ziemlich große Oberweite. Bauchfrei und ansonsten nur eine Jeans, eine kurze Jeans, eine Hotpants. Was aber sofort auffällt ist ihr violettes Haar, in einem Pferdeschweif zusammen gebunden. Ich kann meine Blicke nicht von ihr lösen. So wie sie den Looping über die Metalleisen fährt und frei in der Luft schwebt, laufe ich dem bis zum Geländer der Area nach. Die beiden Jungs schauen mich verwirrt an, ich weiß, aber dafür habe ich keine Gedanken mehr frei. Sally. Sally. Meine Sally ist diese Cat Doll. Sie schwebt in der Luft, als würde sie das schon immer so tun. Es ist unglaublich, wie sie sich mit den Luftströmen und den Hindernissen mitbewegen kann. Sie trägt ein breites Lächeln auf ihren Lippen und obwohl sie es spielen muss, so wäre es ohne ihre Schmerzen ganz bestimmt echt. Sie war ja eh schon immer gut in Sport, blieb sogar immer länger als ich im Kurs, aber dass sie so etwas könnte … unglaublich. Trotzdem … ich weiß nun welchen Beigeschmack dieser Sport haben muss. Sie geht ständig zum Arzt und hat Probleme mit sämtlichen Bewegungen. Sogar vor Vater hat sie mal zugegeben, dass es ihr nicht so gut geht. Es muss schlimm um sie stehen und die Jungs? Warum hätten sie mich erst anlügen sollen, mit ihrer Sorge um sie? Mir war nicht mal klar, dass sie überhaupt andere Leute kennt, außer die aus ihrer Klasse und uns. Wie wenig Ahnung habe ich eigentlich von Sally? Ich weiß im Prinzip gar nichts über sie … das ist … deprimierend, so sehr, dass ich sogar meinen Kopf hängen lasse. Die zwei Jungs bei mir bemerken es natürlich, dürfen nicht hinsehen, würde ich auch nicht wollen aber … man kann es ihnen wohl nicht nehmen sich schützend zu jeder meiner Seiten zu stellen. „Alles ok?“ „Deine Bewertung.“ Versuchen es die Zwei, einer mit nachfragen, der andere mit Ablenkung. Der Ablenkungsversuch kommt von Séox. Ich nicke lediglich und schaue anschließend auf den Zettel, ich meine, nachdem ich auch die anderen Beiden gesehen habe. Berrybee ist nach Sally gestartet. Auch sie legt einen super Lauf hin, welcher nur mit Grazie zu beschreiben ist. Ebenfalls ein Mädchen. Sie hat einen schwarzen Anzug, wirklich genau wie der der Anfänger. Ihr Gesicht ist mit bunten Blumen bemalt. Zuletzt ist dann nur noch Alainy-boy. Ich finde, er strahlt die meiste Freude aus. Er hat ein pinkes Hemd an, eine weiße Hose und trägt einen Haargummi in seinem blonden Haar. Das hat etwas von Hipster, wenn da nicht die Clownsmaske wäre. Natürlich geht’s auch bei ihm nicht ganz ohne Gruselfaktor. Dem Clown fehlt ein Auge und er hat seinen Mund offen, als wolle er eben Kinder fressen. Erst danach gebe ich meine Wertung ab. So wie ich bei den anderen gesehen habe, kann man allen 10 Punkte geben. Sie haben ganz voreingenommen Cat Doll 10 Punkte verschrieben, schon bevor sie aufgetreten ist. Jetzt wo ich weiß, dass Cat Doll Sally ist, wird mir das Gespräch vor dem Spiel hier immer suspekter. Wenn sie es wirklich gewinnt … dann muss sie nochmal antreten. Wenn man bedenkt, wie schwer sie heute Abend schon laufen konnte und wie sehr sie die letzte Nacht gezittert hat … Sorge macht sich in mir breit, nichts als Sorge. Anschließend springen auch die Neulinge aus dem Käfig und dürfen sich präsentieren. Sie müssen sich für die Verbeugung vor den Spielen hinter den gefragten A-Klasse Spielern postieren, damit die auch ja jeder erkennt. Sie sind alle uns zugewandt. Ich frage mich allmählich, ob sie nicht vielleicht doch wissen, dass ich nicht ich bin. Meine Blicke halten nicht mehr auf Sally, sondern nur noch dem Dark-Room zu.
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