Kentin sieht auch ein, dass es so schnell nicht aufhören wird. Er ist damit einverstanden und erklärt sich auch bereit mein restliches Zeug mitzunehmen. Bis auf die Tüte mit den nassen Sachen lasse ich ihn auch machen.
Sobald er ein paar Meter weiter weg ist, hört man sofort den anderen, „Was hat der überhaupt für komische Sachen an? Sage bloß der hat nen Date!“ Man merkt wie sehr ihn der Gedanke belustigt. Ich mache mir nicht die Mühe ihm zu erklären, dass er so natürlich nicht zur Schule kommen wird. Meine innere Stimme verlangt andere Worte von mir zu sprechen. „Wie weit ist es bis zu dir?“ Ein Glück bekomme ich diese Worte halbwegs gleichgültig rüber. Es hat bei ihm aber keinen Sinn. Er glaubt trotzdem, dass ich mir Sorgen mache. „Sage nur! Es regnet doch nur etwas. Die paar Kilometer schaffe ich schon.“ „Sei nicht albern. Es ist kurz vor eins, regnet in strömen und wird auch nicht mehr aufhören.“ „Soll was heißen?!“, will er nun endlich wissen. Mir ist es ja selber unangenehm aber es ist die einfachste Lösung. „Ich wohne nur zwei Straßen weiter.“ „Thaha, soll heißen ich soll bei dir schlafen ja? Sage doch gleich, wenn du was von mir willst!“ „Tut mir leid dich zu enttäuschen!“, bändige ich endlich seine Zunge. Er fängt wirklich an zu nerven, wodurch meine Stimme nur noch tiefer, böser wird. Ich wollte es ihm nur einfach genug machen. Wenn er nicht will hat er eben Pech gehabt. Egal kann es mir sowieso sein. Ich versuche meine Kapuze noch ein Stück höher zu nehmen und laufe dann los, allein so wie es scheint. Erst als ich eine Hand hebe und damit eigentlich nur soviel wie 'bye' sagen will, kommt er doch nach. Also ist ihm der Weg zu sich Heim doch zu weit. „Ich habe aber einen Hund der bestimmt mal raus will.“ „Dann geh zu ihm!“, schaue ich scharf über meine Schulter, „Und hör auf mir zu folgen!“ Als er seinen Mund erneut öffnen will, lässt er es lieber gleich. Er hält kurz inne und denkt darüber nach. Als er endlich zu einem Schluss gekommen ist, der wohl eindeutig heißt, dass er nicht gehen wird, stehen wir auch schon vor meinem Haus. Dieser Dummkopf ist mir doch wirklich die zwei Straßen gefolgt ohne es zu merken. Er staunt nicht schlecht, als wir im 2.OG stehen. Alles sieht so rein aus, ziemlich edel. Als er dazu mich betrachtet, passe ich da irgendwie nicht hinein. Noch im Eingangsbereich müssen die Schuhe ausgezogen werden und in einem Falle wie diesem auch die Klamotten. Er macht mir eigentlich nur alles nach was ich auch tue. Er kommt sich so fremd in dieser Gegend vor, wie eine Katze die ihr neues Heim betritt, tapsig und niedlich. Hätten wir Teppich und er Krallen, würde er sich sicher darin verfangen. Grinsend sehe ich weiter zu Boden und kümmere mich um meine Schuhe. „Zieh deine Sachen aus, Hose darfst du gern an behalten bis ins Bad.“ „Sage bloß du willst vermeiden mich nackt zu sehen und da soll ich nicht auf den Gedanken kommen, dass du auf Kerle stehst ja?!“ Seine Provokation kommt nicht an. Ich kümmere mich seelenruhig weiter um meine Sachen. Stutzig macht er erneut was ich sage. „Das Bad ist den Gang durch, links, ganz hinten, die rechte Tür.“ Etwas vorsichtiger als zuvor sieht er sich um. Ich sage ja, wie eine Katze blickt er um die Ecke den Flur entlan. Der etwas komplizierten Beschreibung folgend, findet er es aber doch auf Anhieb. Als er die Tür hinter sich schließt, kann er noch weniger glauben, dass jemand wie ich hier wohnen soll. Alles blitzt und blinkt. Es gibt sogar Säulen aus Marmor, die die Decke stützen. Dusche und Wanne sind jeweils aus Glas, so offensichtlich. Ein Glück ist zumindest das Glas der Wanne milchig, gewollt milchig. Obwohl er sich noch immer davor fürchtet, dass ich auf ihn stehen könnte, entscheidet er sich lieber für die Dusche. 'Das geht schneller', glaubt er. Gucken könnte ich trotzdem, wenn ich wollte, doch ich habe besseres zu tun. Seine und meine durchnässten Sachen landen sofort im Trockner, welchen ich sogar noch um so eine Uhrzeit anwerfe. Der Wäscheraum ist gleich neben dem Bad, weswegen er auch hören kann was ich mache. Mein Weg führt mich weiter in die offene, große Küche meiner Mutter. Wenigstens etwas kleines könnte ich ja zubereiten. Ich entscheide mich für gewöhnliches Spiegelei, das wird ihm ja wohl hoffentlich reichen. Er genießt das Wasser in vollen Zügen. Er liebt es, wenn heißes Wasser seinen Körper herunter läuft. Genüsslich streckt er seinen Kopf entgegen und fährt mit seinen Händen seinen Körper entlang. Dabei kommt das Gefühl in seinen Gliedern schnell wieder zurück und er fühlt jede Unebenheit seines Körpers. Erst als er sich abtrocknet kommt ihm eine Frage auf. Was soll er denn jetzt anziehen? Noch völlig durchnässt, nur mit einem Handtuch um seine Taille gebunden, schleicht er auf Zehenspitzen dem wunderbaren Geruch entgegen. „Sage mal, was soll ich denn anziehen?“ Schon nur als ich über meine Schulter blicke sehe ich seinen halben Körper. Er hat so eine kräftige Muskulatur, besser als bei Kentin. Seine Waden sind durchtrainiert und sogar an seinem Hals hat er eine ausgeprägte Muskulatur. So genau habe ich mir schon lange niemanden mehr angesehen, furchtbar. Mit glühend rotem Kopf wende ich mich von ihm ab, lege das gebratene auf einen Teller und mache mich auf die Suche nach ein paar Sachen. „Was ist?“, wundert er sich. „Iss!“, befehle ich ihm streng. Ich höre, wie er sich setzt. Ich versuche irgendetwas in meinem Schrank zu finden, was ihm passen könnte. Zwar sind meine Sachen meist eine Nummer größer aber für ihn noch immer ungeeignet. Zumindest finde ich eine Boxer und letztendlich auch ein Shirt, zwar ist es ziemlich alt aber besser als nichts. Ich bekomme nur etwas Zeit ihm die Sachen hinzuwerfen und meine neue Hose, die er erst im Bad fallengelassen hat, aufzuhängen. Er sieht sich das Oberteil nur an und meint, „Niemals!“ „Es ist nur zum schlafen, morgen früh sind deine eigenen wieder trocken!“ Weshalb er sich so wehrt? Auf der Vorderseite sind 3 grinsende Reiskuchen in den Farben von Seifenblasen, auf der Rückseite befindet sich noch so einer, auf dem Kopf stehend und viel größer als die anderen. Noch während er isst, zieht er es doch drüber. Natürlich nur weil ihm kalt ist, meint er. Ich könnte mich endlich mal hinsetzen, da klingelt auch schon das Telefon. Um die Zeit? Kurz vor zwei? Unverständlich für den Rotschopf. Ich stehe sofort auf und gehe heran sobald das erste mal Klingeln verstummt. „Sage nur du bist jetzt erst Heim?!“, werde ich sofort angemault. „Ja!“, versuche ich leise zu sein. „Wie war das eben!“ Ernster als zuvor richte ich mich nun gerade auf und stärke meine Stimme, „Jawohl meine ich, Sir!“ Castiel kann nicht glauben was er da hört. So spricht mein Vater mit mir und so muss ich ihm antworten? Das würde er sich nie gefallen lassen, niemals! Er weiß aber auch, dass ich mir das nicht gefallen lassen würde, wenn ich etwas daran ändern könnte. Ihm ist klar, dass mein Vater sehr akkurat sein muss und streng und vor allem angsteinflößend. „Wie war dein Tag heute? Gab es Probleme?“ „Nein, Sir. Alles lief wie gewohnt, ohne große Schwierigkeiten.“ „Ohne große?“, fragt er nach. „Ich meine, es gab keine Schwierigkeiten. Alles verlief in bester Ordnung, Sir.“ Während ich meinem Vater Bericht erstatte, verliert der Rotschopf den Faden. Er isst normal weiter, doch seine Blicke rutschen vom Telefon aus tiefer. Er kann kaum glauben, dass ich sogar in meiner eigenen Wohnung noch diese Jacke an habe. Nein falsch, diese ist trocken. Ich muss sie also zweimal haben. Er hat mich inzwischen zwar noch nicht von vorn gesehen, doch er weiß, dass ich das gleiche Oberteil an haben muss wie er normalerweise, das von den Skulls. Am meisten jedoch verfangen sich seine Blicke an meiner Unterwäsche. Eine einfache Boxer mit Streifen aber irgendetwas hält seine Blicke eben daran fest. Vielleicht sind es auch einfach meine schwach ausgeprägten Beine? Das kann er sogar durch meine Kniestrümpfe hindurch gut erkennen. Außerdem ist die Boxer schon eine S und trotzdem liegt sie an meinen Beinen nicht an. Er findet, dass sie genauso zu dünn sind wie meine Arme, beziehungsweise Handgelenke. So sehr wie er mich anstarrt, vergisst er glatt das Essen dabei. „Also noch zwei Monate länger, ja?“ „Jawohl, so ist es. Wir werden bald wieder zu Hause sein Sch...“, bevor er aussprechen kann was er sagen wollte, lege ich schon auf. Hätte er nur einmal dieses Wort verwendet, wäre Castiel bestimmt misstrauisch geworden. Es reicht schon, wenn es sein bester Freund weiß. Für den Moment bleibt meine Hand am Hörer. Er sieht mir an, dass ich mir wegen irgendetwas Sorgen mache. Natürlich mache ich mir Sorgen um meine Eltern, wenn sie nicht da sind. Sie sind immerhin meine Familie! Als ich meine Hand dann wegnehme und mich zu ihm wende, schaut er endlich wieder auf seinen Teller. Diesmal ist er es, dem es peinlich geworden ist. „Iss endlich!“, werde ich strenger zu ihm. Ich befinde nicht die Notwendigkeit mich zu ihm zu setzen. In seinem Alter sollte man schon allein essen können. Lieber gehe nun auch ich duschen, damit sich die frischen Sachen auch wirklich lohnen. Ich sage ihm nur schnell vom Flur aus Bescheid, damit das kleine Kätzchen auch keine Angst so allein bekommt. Unweigerlich fängt er wieder an darüber nachzudenken. Das gibt’s doch nicht! Wieso bringt es mich so durcheinander zu wissen, dass er jetzt allein duschen geht? Was soll der Mist denn jetzt! Das liegt bestimmt nur an der Wohnung oder am Essen oder vielleicht auch, weil ich weiß wie das Bad aussieht. Dummerweise war sein letzter Gedanke nicht der Beste. In seinem Kopf schwirren plötzlich Bilder herum, davon, wie jemand in genau dieser Wanne sitzt oder sich in der Dusche ganz anreizend wäscht. Er will sich lieber nicht mehr daran erinnern welche Person er sich da vorgestellt hat. Das würde sein komplettes bisheriges Bild von ihm zerstören. Um mal wieder von Tatsachen zu sprechen, ich war nur schnell baden. Die Wanne ist und bleibt einfach verlockend für mich. Ich liebe sie, sie ist so groß und steht frei im Raum. Wenn man am Tage baden geht, wird man vom Licht, welches durch die zwei großen Fenster scheint in eine Silhouette gehüllt. Auch für mich ist so ein Luxus kein Standard. Erst seitdem wir zurückgekommen sind haben wir diese Wohnung bekommen. Am meisten freue ich mich endlich den Rauch und den ganzen Dreck vom Tage aus meinem Haar zu bekommen. Sobald ich wieder aus der Wanne steige fühle ich sofort diese Leichtigkeit, baden ist eben einfach schön, zumindest so lange es sich um die Wanne handelt. Der Rotschopf hat sich bereits hingelegt als ich zurück bin. Er hat ganz brav aufgegessen und schaut nun fern. Der Teller ist sogar schon abgewaschen. Das hätte ich von ihm nicht erwartet. Als ich einen Blick unter meiner Kapuze hindurch wage, belustigt es auch mich ihn in diesem Shirt zu sehen. Er schläft bereits tief und fest, hat sich dabei eines der vielen Kissen gekrallt und sabbert es auch schon an. Ich lege lediglich noch eine Decke über seinen Körper und verschwinde anschließend in meinem Zimmer.
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