Jungs, ist nicht so, als könnt ich euch nicht hören! Seit wann versucht ihr überhaupt so leise zu sein? Ich weiß doch eh, dass ihr gleich nach oben verschwindet und in einem der wenigen Zimmer eure Spiele deutlich ausübt. Ist nicht so, dass ich aus Luft bin oder taub werde, sobald ihr damit anfangt. Ich kann's nur langsam nicht mehr hören.
Früher … war das alles viel entspannter, du warst entspannter Lexy. Ich weiß, dass das alle anderen anders sehen aber Tyron wird ja erst dann so anders, wenn wir zu dritt sind und in der Schule wirkt Alexy dann ja auch so ruhig und entspannt. Ich versuche mich da mehr raus zu halten und ignoriere sie deswegen auch, wenn sie später zurück sind als ich. Lieber bleibe ich bei meinen Spielen, sage nichts oder gehe gar vor. Na ja, ich bin meist in die Küche gegangen aber ich glaube Harm weiß, ähh-ähm … wusste … dass ich ihnen damit irgendwie entgegen kommen wollte. In Gedanken vertieft, reißt mich nur noch die grelle Glocke heraus. Auf dem Bildschirm vor mir liegt mein eigener Wrestler auf dem Boden und somit habe ich das Titelspiel verloren. Ich habe völlig vergessen den Controller weiter zu benutzen, unter den vielen Tastenschlägen zu quälen. Der Ärger der sich sonst sofort ausbreitet, bleibt diesmal aus. Er bleibt aus, weil sich meine Aufmerksamkeit dem Spiel erneut verabschiedet hat. Meine Blicke liegen weiter rechts, fixieren den großen Bogen o-oder besser gesagt die Person, die sich dagegen gelehnt hat und dem miesen Spielverlauf wortlos, kommentarlos zusieht. Da ist es wieder. Verdammt! Und er sieht auch noch dabei zu, ganz offen sieht er zu! Er kann es sehen. Harmony, verdammt, sieh weg! Ich hasse es, ich hasse es! Es passiert nicht sehr oft, also warum ausgerechnet jetzt wieder?! Wobei, in letzter Zeit fühlte es sich an, als würde es schlimmer werden. Mich zwingend, versuche ich nochmal die Steuerknüppel zu bewegen und die Tasten zu drücken a-aber es ist zu stark. Das Zittern meiner Arme, meiner Hände ist zu stark geworden. Ich kann ja kaum mehr den Controller richtig festhalten. Es sollte keiner sehen. Es sollte doch keiner sehen! Das ist peinlich, überflüssig, einfach unangenehm. Warum muss ausgerechnet derjenige es sehen, den ich … Ach verdammt! Mein Blick bleibt in all der Zeit starr auf Harmony gerichtet. Mein Ausdruck liegt bei Null, jede Mimik ist aus meinem Gesicht gewichen. Er selbst findet über die Situation, wie ich hier vor ihm sitze und zittere, nur ein lautloses, schmales Lächeln. In seinem Blick liegt aber etwas anderes. Er – Er macht sich Gedanken deswegen, vielleicht auch so etwas wie S... nein, das ist doch unwahrscheinlich. Ich kann mit ansehen, wie er leiser Schritte näher kommt, immer näher. Sein Blick bleibt stetig gleich und seine Lippen bleiben verschlossen. Ich weiß nicht, ob ich meinen Augen trauen soll. Ich weiß nicht, ob das wirklich wahr ist und das obwohl ich ihn doch nicht zum ersten Mal sehe. Ich wusste doch, dass er wieder da ist. Ich war mit dabei, mit in der Schule a-aber so nah … so nah kam er noch nicht und so wahr kam es mir bisher nicht vor. Eher wie ein Traum, ob schlecht oder gut weiß ich noch immer nicht einzuschätzen. Erstarrt kann ich am Ende nur spüren, wie er sich zu mir auf die Couch setzt, dicht zu mir. So dicht, dass er sich an der Lehne herunter gleiten lässt und dann direkt ähm … direkt hinter mir … sitzt. Links und rechts ein Bein von ihm, doch nur das linke stellt er auf dem Sofa auf, so wie er es früher immer getan hat. Das rechte hingegen liegt schon bald hinter mir, als er meinen Körper dann auch noch zu sich zieht und ich mich so ein wenig drehe. Meinen erstarrten Körper. Wieso? Wieso passiert das alles? Verdammt! Peinlich, peinlich, peinlich! Letztendlich ziehe ich nur meine Beine näher an mich, lasse sie von Harmony's einem Bein mit einschließen. Er sagt nach wie vor nichts, nimmt nur eine Hand an meinen Controller und wartet auf eine Reaktion. Irgendwann, als bei mir angekommen ist, was er will, lasse ich los. Mit der zweiten Hand greift er nun auch an den Controller und er spielt an meiner Stelle weiter. Gleichzeitig hat sich der Arm, den er eh schon um meine Schulter gelegt hatte, nur noch mehr um mich gezogen und ich – ich lasse mich einfach darauf ein. Was bleibt mir schon anderes übrig, wenn das Zittern nicht aufhören mag? Ich kann so nichts tun, mich nicht wehren, könnte nicht mal die Tür öffnen, selbst wenn ich es wollte. Es hört nicht auf, es hört nicht auf, es hört nicht auf. Wird schlimmer, als ich meinen Kopf auf seinen Brustkorb lege, als ich mich mehr darauf einlasse, und – und ich mich wirklich kein bisschen mehr zusammen reißen kann. Dieses halbe Jahr … dieses verflixte halbe Jahr … Ich habe es sogar schlimmer aufgenommen als Alexy und das obwohl der doch … obwohl die beiden doch zusammen waren. Er hingegen hat sich noch am selben Tag einen neuen gesucht, hat einfach abgeschlossen o-oder zumindest so getan. Wer weiß das schon, ich jedenfalls nicht mehr, denn seitdem er das gemacht hat, habe ich ihn so gut wie nicht mehr beachtet. Seinen Freund und meinen besten Freund … als wäre er nie existent gewesen. … Ich war mal wieder allein und bin es seitdem auch geblieben. Wir haben nie darüber geredet, Alexy hat abgeblockt bei Versuchen. Er hat seinen Freund vergessen aber damit auch meinen besten Freund nicht existent gemacht. Jetzt aber ist Harmony aus dem Nichts einfach wieder aufgetaucht. Das Gefühl, dass er nie da gewesen wäre, ist von jetzt auf gleich verschwunden. Das schaffe ich nicht, das packe ich nicht. Das lässt mich völlig durchdrehen. Die Situation, in die er mich dadurch bringt, macht es nicht besser. Gott, ich hänge heulend und zitternd an ihm und kann das nicht unterbinden. Wieso … wieso muss er ausgerechnet jetzt so zu mir sein? Merkt er denn nicht, dass … Merkt er denn nichts? Dieser Idiot! Die Zähne zusammen beißend, spüre ich mehr und mehr wie das Zittern nachlässt. Obwohl mich die Situation so sehr stört, ist es genau das, was mich am Ende runter bringt. Langsam, hoffend unbemerkt, lasse ich einen Blick nach oben gehen, gleich nachdem ich die Augen von den Tränen befreit habe. Peinlich. Ich und heulen. Das ist eigentlich nur Alexy's Aufgabe, nicht meine aber irgendwie bin ich auch froh drüber. Es macht das alles hier realer als auf dem Schulhof. Harmony macht sich nicht darüber lustig oder versucht mich zu provozieren. Er sieht ja nicht mal zurück, hält einfach hin und macht mal wieder das, was er für richtig und angebracht hält. Seine Aufmerksamkeit liegt in der Zeit voll auf dem Spiel und wie man hören kann, ist er am gewinnen. Das sorgt nur noch mehr dafür, dass das peinliche Gefühl von mir schwindet. Es macht den Eindruck, als wäre er zwar hier aber nicht wirklich anwesend um mein Geheule mitzubekommen. Das macht er mit Absicht, alles hier macht er mit Absicht und mir wird klar, dass ich mein „Idiot“ zurück nehmen muss. Er weiß es, natürlich weiß er es. Ansonsten hätte er sich nicht auf so eine Weise an mich heran getraut und er lockert seinen Griff doch auch schon, sobald es mir besser geht. Er tut immer so, als wüsste er es nicht und ich tue so, als wäre mir sein Wissen darum nicht bewusst. So lief es die ganze Beziehung der beiden über aber jetzt? Was ist jetzt? „Du – Du bist wirklich groß geworden.“, murmle ich ihm zu. Diesmal findet er sogar ein richtiges Schmunzeln dafür, schweigt aber nach wie vor. Sein Schweigen bricht genau dann, als er das Spiel gewonnen hat und ich meine Hand von seinem Hemd löse. Ich - Ich muss versucht haben mein Zittern aufzuhalten, indem ich nach seinem Oberteil griff. Das war mir bis eben gar nicht aufgefallen. „Sage mal, ist das was ernstes oder wegen …“ „Wegen?“, frage ich genauer nach, als er aufhört zu sprechen. Ich tue so, als wäre mir sein Wissen darum nicht bewusst. Aber vielleicht – vielleicht will ich es auch einfach von ihm ausgesprochen hören. Ich will hören, dass er sein Wissen preisgibt. „Ach … weiß auch nich', vergiss einfach mein dämliches Gerede.“ Er tut es nicht und trotzdem platzt sofort eine Antwort aus mir heraus: „N-Nein!!! Nicht deswegen … egal … Jetzt lass mich schon los B...“ Und wir tun weiter so, als wüsste keiner etwas vom anderen. Trotzdem hat er die Antwort, die er haben wollte … und noch etwas mehr … Perplex ist ein kurzer Blick zu mir herunter gekommen, der sich dann sofort zur nächstbesten Seite verflüchtigt hat. „Wolltest du eben … ä-ähm … Bro?“, fragt er mich und ist darüber wirklich überrascht, „Und ich dachte echt, mich würden alle hassen.“ „Nein! Niemals!“, bin ich ein Stück lauter geworden und seine Arme um mich sind komplett verschwunden. Meine Worte waren schnell und ein ganz leichtes Zittern ist auch wieder da. Es macht mich mehr wütend als alles andere. Er hat scheiße gebaut, keine Frage und ich sollte wirklich zu Alexy halten, der Harm seitdem hasst a-aber ich kann nicht. Er ist mein Bro o-oder kann es jetzt zumindest wieder sein. Vielleicht wäre es ja anders, wenn Lexy sich wen anderes als Neuen gesucht hätte als diesen Tyron oder wenn er mir mit seinem Verhalten nicht meinen besten Freund unwirklich gemacht hätte. Ich weiß doch auch nicht. Tyron jedenfalls ist ja ganz nett, immer freundlich und fast schon zuvorkommend. Man kann sogar Witze mit ihm reißen, nur spielen geht absolut nicht aber das ist es nicht. Irgendetwas stimmt nicht mit dem. Er hat so etwas komisches an sich, so eine seltsam Ausstrahlung. Irgendetwas lässt einen immer vorsichtig in seiner Gegenwart werden, nur Alexy scheint das nicht zu merken. Ich hätte es einfach wieder gern so wie früher, ja wirklich, und das obwohl Harmony jetzt ja … Ich starre ihn einfach nur an, wortlos und will nicht weiter denken. Alles in meinem Kopf reißt auch auseinander, als Harmony erneut zu Worten ansetzt. Sein Blick liegt nach wie vor nur neben mir, seine Arme sind komplett von mir gelöst und seine Beine kann er ja wohl schlecht wegnehmen. „Also … ähh, das mit Castiel, das ist schon etwas ernstes für mich, Armin.“ Und damit … holt er mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich verliere meine Starre und krieche sofort über sein eines Bein hinweg. Ich will da nicht mehr dazwischen sitzen müssen. Kopfschüttelnd stehe ich auf, hole mir den zweiten Controller heran und setz mich dann wieder. „Na los jetzt, wir spielen und zwar sofort! Genauso wie wir das früher auch gemacht haben!“, fordere ich ihn mit ungewollt tiefer Stimme auf. Er schmunzelt nur wieder leicht und sagt nichts dazu. Sein Blick ist nicht mehr besorgt, nun aber bemitleidet er mich. Ich will es nicht, er soll aufhören damit! Von mir aus. Ich habe doch gesagt, dass ich will, dass es wie vorher ist. Dann eben nicht mit Alexy, sondern mit Castiel. Hauptsache ich habe meinen Bro wieder, wenn schon nichts anderes möglich ist. Mal von allem abgesehen … hat er damals, gleich nachdem er mit Alexy zusammen kam, mit diesem Bro angefangen und bis heute bin ich der Einzige, den er so nennt. Als ob ich nicht auch verstehen würde, was er mir damit sagen will! Deswegen bin ich auch so froh, dass ich wenigstens so eine Position in seinem Leben einnehme. Er geht vom Karrieremodus in den Multiplayer über und ist sich hoffentlich bewusst, dass ich voll zuschlagen werde! Keine Gnade, alles an Wut, was er meinem Bruder und mir angetan hat und mir auch weiterhin antun wird, soll und darf raus! Irgendwo verstecken sich halt immer solche Gefühle. Es ist ja nur ein Spiel und er schlägt ordentlich zurück. Am Ende aber, als ich mich wirklich beruhige, muss ich noch eins wissen: „Sage mal, wenn das mit Castiel ernst ist, was genau machst du dann hier?“ „Habe Alexy Heim gebracht. Ist unterwegs eingenickt oder bewusstlos geworden, keine Ahnung, also musste ich ihn tragen. Sage mal, irre ich mich oder ist er noch leichter geworden?“, stellt er die Gegenfrage, reicht mir gleichzeitig den Ersatzschlüssel über die Schulter und spielt dann weiter. Als ob mir nicht auffällt, dass er nur Ablenkt. Ich werde wohl trotzdem nicht fragen, wie es dazu kam. „Vielleicht bist du ja auch einfach stärker geworden. So wie du aussiehst, maaaan.“, grinse ich über meine Schulter. Er sieht ebenfalls über die seine und grinst spöttisch zurück. „Na wenigstens einer muss doch nach Mann aussehen oder? Ich musste halt ein wenig trainieren und die Größe macht's auch 'n bisschen.“ „Ja ja, du und Mann.“, zische ich belustigt und freue mich, dass es wirklich wie früher ist. Rücken an Rücken auf der Couch sitzend und blöde Sprüche gepaart mit sinnlosen Unterhaltungen führen. Um aber mal auf seine Frage zurück zu kommen und somit ein wenig ernster werdend, antworte ich ehrlich: „Du hast aber schon recht. Alexy isst fast nichts mehr, schon seit einer Weile. Seit etwas mehr als einem Monat habe ich auch das Gefühl, dass es weniger geworden wäre.“ Ja, mit seinem auftauchen ist es noch weniger geworden. Ich vermuten, dass es etwas mit Stress zu tun hat, denn angefangen hat es auch mit der neuen Beziehung. So in etwa. Ich meine, Alexy wird für all das auch seine Gründe haben, weswegen ich mir auch sorgen um ihn mache. Meine Gedanken erst müssen nach etwas vollkommen anderem geklungen haben aber er ist doch mein Zwilling. Die neue Beziehung war doch nur Ablenkung aber Lexy spricht ja auch nicht mit mir, damit endlich mal etwas von der Belastung von ihm abfallen würde. Es ist alles so kompliziert geworden. „Ich … würde dir gern Tipps geben aber die wären bestimmt vollkommen falsch platziert.“, trifft Harm voll ins Schwarze. Er kann nach so einer Nummer nicht erwarten, dass irgendwer seine Tipps zu demjenigen hören will, den er sitzengelassen hat. „Gut, dann – dann zum alten Thema zurück. Armin, du weißt besser als jeder andere, dass ich nicht so dämlich bin wie ich mich gebe. Ist das Zittern also etwas ernstes?“, stellt er mir damit also eine Frage, die er sich selbst beantworten kann. Im Kampf innehaltend, hält auch Harmony seinen Controller still. Ich mag die Ernsthaftigkeit hinter seinen Worte nicht aber wie kann ich Alexy anprangern, dass er nicht spricht, wenn ich es selbst auch nicht tue? Also antworte ich leiser werdend: „I-Ich weiß nicht. Ich war deswegen nicht beim Arzt.“ Er atmet genervt durch: „Vollidiot! Mit so etwas ist nicht zu spaßen, das könnte chronisch werden oder gibt es eine bestimmte Ursache dafür?!“ Schultern zuckend wird meine Antwort knapper: „Hm, keine Ahnung.“ Und nochmals stöhnt er genervt, genervt und frustriert: „Gut, dann also doch egoistisch gefragt: Passiert das nur, wenn du mich nach langer Zeit wieder siehst?!“ „N-Nein, Harm. Ein paar Mal hatte ich es auch vorher schon. Ich bin mir aber nicht sicher. Eine bestimmte Häufigkeit ist dann halt doch aufgetreten. Ach, egal …“ Zum Beispiel als er abgehauen ist oder ein paar Mal, wenn ich daran denken musste ihn nie wieder zu sehen. Harmony nimmt sich dann auch nicht heraus mich nochmal aufzufordern zum Arzt zu gehen. Darauf würde ich wohl auch ziemlich angepisst reagieren. Letztendlich haben wir noch sehr lange weiter gespielt, doch sobald es hell wurde, ist Harmony verschwunden. Na ja, würde Lexy ihn hier sehen, wie wir gemütlich da sitzen und zocken … er würde uns beide dafür hassen und am Ende vielleicht gar nichts mehr essen. Ich muss wirklich irgendeinen Weg finden.
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Ich würde euch ja jetzt gerne sagen, dass das hier ein sehr wichtiges Kapitel ist aber da es im gesamten zweiten Teil irgendwie um die Auflösung aller Fragen geht, ist das auch hier der Fall ^^
Andererseits ... es IST wichtig, wird aber erst zum letzten viertel hin komplett aufgeklärt xD den Großteil wird man sich bestimmt eh schon denken können :D Wörter: 2628
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