Irgendwann habe ich mich einfach aufgerichtet. Da hat er losgelassen und wir sind ohne weitere Worte auseinander gegangen. Mein Weg hat mich ganz automatisch Heim geführt. Ich wollte eh sicher gehen, dass Isebell nicht doch hier her gelaufen ist, anstatt zum Arzt. Mir war auch klar, was passieren würde, wenn ich hinein gehe aber ich musste. Ich musste wissen, was Vater von Isebell denkt und als er mir währenddessen … in all seinem 'Eifer' sagte, was er langsam von ihr will, musste ich den Entschluss fassen, all ihre Sachen lieber mitzunehmen.
Es reicht … Es reicht, dass Sally und ich … dass wir das mitmachen mussten. Sie nicht auch noch, auch wenn er unser Vater ist. Irgendwann, irgendwo ist einfach Schluss damit. Ich musste diesen Entschluss fassen und als ich mit all den Sachen beim Arzt aufgetaucht bin, hat der zur Abwechslung mal nichts zu sagen, keine altklugen Kommentare und keine Strafpredigt. Er nimmt mir den vollen Rucksack ab, ignoriert die leichten Tränen in meinen Augen und meinen schweren Atem. Ich bin bis hier her gerannt, so schnell ich nur konnte. Der Mann behandelt die neuen Wunden. Ich meine nicht Küsschen auf viele blaue Flecken, nein, ich meine Kratzwunden am Rücken und Bauch. Er fragt nicht nach, wie weit Vater geht, wie … körperlich … er wohl wird. Ich glaube, das war auch so klar genug. Mir wird erst dann so richtig klar, wo genau ich mich befinde, ich liege, als ich mich umschaue. Das ist ein Bett, ein großes Bett für mindestens 2 Personen. Er bemerkt, dass ich es bemerkt habe und fängt wie in Trance an zu reden – über sich und seine Frau. Er muss sie vermissen, sehr vermissen und trotzdem lässt er mich in diesem Bett schlafen. Er erzählt mir, dass sie sich immer Kinder gewünscht haben, sie aber wegen der Unfruchtbarkeit seiner Frau keine bekommen konnten und dass das für mich komisch klingen muss, weil er ja doch erst 32 Jahre ist. Er hat recht. Das ist zwar doppelt so alt wie ich aber 32 ist kein Alter, in dem man so sprechen sollte. Meine Antwort … war ganz einfach. „Wenn Ihnen unsere … oder meine Anwesenheit nicht stört, dann …“ Ja, dann … mehr Worte brauchte es nicht. Auf seine Lippen legt sich endlich wieder ein Lächeln. Es wirkt nicht 100% echt. Er kann mich auch nicht dabei ansehen, als er lächelt. „Kinder in deinem Alter sollten ja eigentlich so sein. Es erschreckt mich nur, dass du so bist, obwohl … “ Ja obwohl, … auch dafür brauchte es keine weiteren Worte. Er hatte sich so lange zurück gehalten es nicht anzusprechen, dass klar war, dass es nun doch passieren musste. Ich versuche einfach alle Gedanken an das was Vater macht zu verdrängen, sobald ich aus der Tür raus bin. Außerdem braucht Isebell uns doch. Es gibt viele Gründe, warum ich bin, wie ich bin. Er ist so vertieft in irgendwelche Gedanken, dass ich noch währenddessen einschlafe. Er hat mich liegen gelassen und ist selbst erst danach, am Bettrand liegend eingeschlafen und das obwohl er immer so früh raus muss. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich die Nacht super geschlafen habe. Nur jetzt, kurz vor dem Unterricht, wäre ich doch lieber müde, um Kayli ignorieren zu können. Sie hat sich sofort neben mich gesetzt und ich wusste, dass sie irgendetwas 'wichtiges' zu sagen hätte. „Ich wusste es! Ich wusste es, ich wusste es!!!“ Fragend schaue ich sie an: „Was?“ „Na, dass du einen Freund hast! Du hattest in letzter Zeit so wenig Zeit für Isebell oder mich, dass da irgendetwas sein musste und gestern – gestern habe ich dich gesehen oder besser gesagt euch!“ Sie berichtet mir davon, wie sie einen Jungen und mich an einer Brüstung auf den hohen Brücken gesehen hat. Ich bin ganz ehrlich gesagt schockiert darüber. Konnte man wirklich denken, dass wir etwas miteinander hätten? Nein, als ob! Niemand außer Kayli konnte so darüber denken. Ich habe kopfschüttelnd verneint, ihr aber auch nicht erklärt, wer das dann hätte sein können. Es hat nicht nur etwas mit diesem – diesem Typen an sich zu tun. Da ist noch mehr, eigentlich die wichtigste Abmachung zwischen der Schule und meinem Chef. Ich darf nichts darüber sagen, nichts erzählen, weil sonst andere ankommen würden und das Selbe verlangen würden. Es ist wie gesagt eine Ausnahme. Nichtmal Kayli darf davon erfahren. Sie gibt sich natürlich nicht damit zufrieden und verfolgt mich seitdem auf Schritt und Tritt. Nicht mal in der Pause darf ich alleine zum Essen holen gehen. Sie folgt mir durch den Zaun und über die Mauer. Kein Wunder, sie ist ja im selben Athletikkurs wie ich. Sie wirkt ganz aufgeregt und lächelt noch breiter als sonst schon. „Dann brauche ich mir heute wenigstens keine Gedanken machen, wofür du so lange brauchst und noch mehr dieser Flecken kommen bestimmt auch nicht dazu!“, rechtfertigt sie ihre Verfolgung. Ich muss nur lachen. Irgendwie seltsam, dass jemand mit mir mit kommt. Auch für Kayli ist es das erste Mal. Normalerweise sitzt sie lieber bei den Jungs in der Klasse und wartet da darauf, dass ich zurück komme. Tja, man kann echt sagen was man will aber sie versteht sich eben mit jedem. Sie erzählt mir von ein paar ihrer Jungs, von einem am meisten. Mit dem hatte sie sich auch gestern getroffen. Sie gibt offen zu wann und mit wem sie ein Date hatte. „Nun gib es endlich zu, du hattest gestern auch eins!“ „Was? Darauf willst du hinaus? Ehrlich? Jetzt glaube mir doch endlich, er ist nicht mal …“ Unaufmerksam, nur mit meinen Blicken auf sie gerichtet, passiert es wieder! Genau das Gleiche wie beim letzten Mal. So langsam glaube ich, dass ein Fluch auf mir liegt. Eine Mauer vor mir versperrt uns den Weg, diesmal jedoch direkt vor der Bäckerei. Ich tapse nur ein paar Schritte zurück und sehe erschrocken auf. „Das kann doch nicht …“, entflieht es mir, bis ich sehe, dass da wirklich die selbe Person vor mir steht wie letztens schon. Diesmal stehen die Grundlagen anders. Ich kann mich an vieles wieder erinnern und ich weiß, dass ER es wirklich ist. Mir fallen keine Worte ein, die ich ihm entgegnen könnte. Keine Art von Dank und noch weniger irgendwelche Provokationen. Er tut es. Er übernimmt das erste Wort, als er mitbekommen hat, was passiert ist und sich zu uns umdreht: „Hmmmm?“ Daraufhin nur ein schmales Lächeln. Schmal, ja, aber auch unglaublich ehrlich. Es lässt mich rot werden und Kayli hat sicher wieder ihre eigenen Gedanken dazu. „Stand ich wieder im Weg?“, fragt er sowohl grinsend als auch im Halbschlaf nach. Wie – Was … Wieso sagt er das jedes Mal? „Komm Cec, jag den kleinen Mädchen keine Angst ein!“, ertönt auch kaum darauf die zweite Stimme. Es ist wirklich beinahe die gleiche Situation wie damals, a-also letztens. Wieder der zweite Typ, der ihn zu sich ruft. Nur diesmal muss er unseren Weg kreuzen. Ich bekomme einen Blick darauf, wer es wohl ist. Ich brauche gar nicht erst neben mich schauen. Kayli ist begeistert. Punkt. Während sie sich an den muskelbepackten, blonden Schönling heran wagt, haben der große, schmale, mit blasser Haut überdeckte Junge und ich Zeit für … für anschweigen. Er sagt nichts, schaut nur, schaut immer verträumter, während ich nicht weiß, was ich ihm entgegnen soll. Mein Körper reagiert von ganz alleine. Ich verneige mich tief vor ihm, sodass mein blondes Haar von meinen Schultern Richtung Boden fällt und mein gesamtes Gesicht verdeckt. „Danke! Vielen, vielen Dank!“, erleichtert sich all die Anspannung in mir mit einem beinahe heiserem Seufzen, Schluchzen. Ja, mir kommen fast schon ein paar Tränen. Ich habe ungewollt so oft daran gedacht, unterbewusst. Ich hätte sterben können an diesem Abend und das mehr als nur einmal. Doch er, aus welchem Grund auch immer, beugt sich genauso zu mir herunter und sieht mich nur an. Keine Ahnung wie das auf die anderen Beiden wirken muss aber mir wird das zu albern. Er sagt nicht mal etwas, schaut nur durch seine schmalen, schwarz umfärbten Augen. Hastig richte ich mich wieder auf, er ebenfalls. Der Junge lächelt schmal. Was ist? Macht er mich etwa nach? „Cecel, hör schon auf damit. Sollte der Jüngere nicht den Älteren blamieren? Warum läuft das bei uns Beiden nur immer anders herum?“, beschwert sich der andere Kerl, der sich das von außen angesehen hat. Er schämt sich wirklich. Ein paar Sekunden später reagiert der vor mir darauf. „Oh … tut mir leid.“ Ich kann mir nicht erklären warum aber … wenn er einfach so ist wie er ist, finde ich ihn unheimlich lustig. Meine Lippen breiten sich von ganz allein zu einem hellen Lächeln aus. So wie er zu seinem Bruder zurück in den Laden hinein läuft, wo Kayli genau den aufgehalten hat, laufe ich ihnen auch schon nach. Ich kann es nicht lassen beim vorbeigehen zur Theke zu sagen: „Du bist echt cool, weißt du das? Nochmal, danke!“ Seine Reaktion darauf kann ich nicht sehen. Meine rotschöpfige Begleitung ist sofort zu mir gekommen und hat mich seltsam angesehen, während der Jüngere von Beiden seinen Bruder nach draußen gezerrt hat. „Sage mal, spinnst du? Der Typ ist ein Freak! Der war doch hoffentlich nicht dein Date von gestern oder?“ Nochmal will ich es ihr nicht erklären müssen, also wende ich mich meiner 'Arbeit' zu und ignoriere sie erneut. Leichter gesagt als getan, wenn sie nur noch vom Blondschopf spricht. Es hat sie echt voll erwischt. Nach und nach lasse ich mich also doch wieder auf sie ein und kann immerhin über sie schmunzeln. Fast auf jedem Weg ist Kayli mir in letzter Zeit immer nur nachgelaufen, doch auf dem Rückweg vom Laden scheint es ihr dann zu reichen. Ich selber schwebe irgendwo in Gedanken und achte nicht auf das, was sonst so passiert, bis meine Freundin ihre keuchende Stimme erhebt. „Man, M-Mikain … wieso rennst du denn immer so? Hinzu war schon schlimm aber nun? Wo lernt man nur so schnell zu gehen?!“ Ich verstehe nicht, was sie hat. Ich bemerke keine Änderung oder dass ich schneller gehen würde. Eigentlich ist alles wie immer aber wenn ich sie so keuchen höre, muss ja irgendetwas dran sein. Ich versuche mich ihrem Wunsch zu beugen, nur kommt es mir dann vor, als würde ich stehen bleiben. Eigenartig … alles ist nur noch eigenartig seit diesem Tag, an dem ich bewusstlos war. Nach und nach, als die Tage vergehen, hört sie endlich auf mit ihrem Lieblingsthema. Sie hat die Hoffnung aufgegeben, da ich in letzter Zeit nur noch mit ihr unterwegs war. Außer natürlich an den beiden Tagen, an denen ich arbeiten musste. Es ist ihr nicht aufgefallen, da sie selbst zu tun hatte. Jeden Abend, wenn ich zum Haus des Arztes zurück sollte, bin ich immer den Umweg durch die ganze Stadt gegangen. Ich weiß auch nicht, was ich mir davon erhofft haben könnte aber meine Blicke gehen immer wieder die Brücken hinauf. Nach genau einer Woche schaffe ich es dann den immer wieder beäugelten Weg hinauf zu gehen. Es ergibt sich der selbe Anblick wie vorher. Ich komme nicht umhin mich zu fragen, wovor ich mich die ganze Zeit über gedrückt habe. Mir war klar, dass wenn er mir mehr Erklärungen geben würde, er das entweder vom Laden aus oder hier machen würde. Da dieser King nicht nochmal im Laden aufgetaucht ist, war klar, dass er hier warten würde … oder könnte. Er hat bestimmt auch besseres zu tun als einem Dummchen wie mir alles über diesen eigenartigen Sport zu erklären. Einiges weiß ich nun ja schon aber Fragen stellen sich mir trotzdem noch. Je länger ich da oben stehe und je länger ich mir den Sonnenuntergang ansehe, desto klarer wird mir wieder, wovor ich solche Angst hatte. In der Ferne kann man ab und an dieses klirren der Räder auf Metallflächen hören. Jemand muss die Höhe ausnutzen um fahren zu können. Na ja, es bietet sich ja auch regelrecht an. Vielleicht trainiert er auch oder vielleicht läuft sogar eines dieser Spiele. Es jagt mir nach wie vor einen Schauer über den Rücken, bis mir die Worte meines Chef's wieder in den Kopf kommen. Deswegen hatte ich Angst hier her zurück zu kehren. Ich will eigentlich gar nicht wissen, was alles mit den Leuten passieren kann. Sie können sterben – das zu wissen reicht aus! Ich will nie sehen müssen … sehen müssen … Die Geräusche werden immer lauter, unerträglich laut. Meine eigenen Gedanken unterbrechen, können sich nicht mehr sortieren. Meine Blicke schweben im Himmel und tasten den Geräuschen nach. Mir war nicht klar, wie deutlich man etwas hören kann, wenn man es nicht sieht. Mir war auch nicht klar … wie schwerwiegend die Konflikte in diesem Sport sein müssen … Sowie ich die Geräusche ganz genau deuten kann, taucht einer der sogenannten Slider direkt vor mir auf. Er schwebt im Himmel – wie ein Vogel, frei in der Luft und völlig ungehemmt. Er dreht sich um sich selbst, ein paar Mal. Springt zwischen den Hochhäusern entlang, macht seine Tricks, die so als Silhouette betrachtet einfach nur als wunderschön zu bezeichnen sind. Ich kann mich nicht davon lösen. Er schreit ja auch geradezu danach gesehen werden zu wollen. Eine Silhouette die in der Luft schwebt und tanzt. Tanzt. Tanzt … und stirbt … Meine Augen stehen weit offen, ungläubig, schockiert, verängstigt. Ich habe mich sofort vom Geländer entfernt, meine Arme kraftvoll davon abgestoßen. Zu kraftvoll. Unkontrollierbar taumle ich die Schritte zurück, presse mich gegen das Geländer hinter mir und sinke mit nun kaum noch vorhandener Kraft zu Boden. Mein Atem stockt. Mein Herz zerspringt in meiner Brust. Ich glaube es nicht … Ich glaube nicht, dass so etwas passieren kann, passieren sollte. Die Geräusche des zweiten Sliders, die zweite Silhouette die der ersten gegenüber aufgetaucht ist, hat ihn ohne Schwierigkeiten durchbohrt, ohne Zurückhaltung, ohne jegliches Gefühl in ihm. Durchbohrt … mit – mit was? Ich erkenne es nicht. Die Sonne steht zu tief, die Schatten sind zu groß. Ich sehe nur, wie Flüssigkeit aus dem Körper des eben noch tanzenden heraus läuft und zu Boden tropft, viel, viel zu viel. So unglaublich viel! Warum? Warum muss so etwas passieren? Wieso direkt vor mir? Was hat der andere ihm getan? Mit was hat er ihm das antun können? Meine Augen stehen so weit offen, versuchen alles zu ergründen, doch da ist nichts. Mein Atem hingegen versucht mein Herz zu beruhigen, welches so heftig schlägt, dass ich jedes Klopfen in meinen Ohren spüre und alles droht zu zerspringen. Es tut weh, so weh. Dieser Anblick und wie all dieses … dieses … wie es aus dem leblosen Körper des Tänzers heraus läuft. O Gott … o Gott … o Gott! Nein! Es dauert kaum mehr als Sekunden, als direkt vor uns, mir und – und dem … dem Monster am Himmel, zwischen den unzähligen Hochhäusern, einer der besagten Helikopter auftaucht. Er hat seinen Strahler bereits an, um besser sehen zu können, was direkt unter ihm passiert. Ich habe Angst, große Angst und groß genug, dass die Starre aus meinen Gliedern endlich schwindet. Mein Herz sagt nein, doch alles andere spricht dafür. Flieh, flieh endlich! Hastig erhebe ich mich und laufe, ich laufe einfach geradeaus. Ich habe keine Ahnung wo die Brücke hin führt oder wo ich hin rennen will. Ich will einfach nur weg hier. Nach allem, was ich schon darüber weiß, nach allem, was sie mich haben mitmachen lassen, muss so etwas nun auch noch passieren? Ich verstehe es nicht … wieso? Wieso, wieso, wieso! Mit geschlossenen Augen und bitteren, salzigen Tränen, die mir die Wange hinunter laufen, eilen meine Beine die Brücke entlang. Blind, hastig, atemlos. So lange – So lange, bis mich etwas, ein Griff, aus dem Moment reißt. Noch in der Bewegung wendet sich mein Kopf zu dem, der mich packt. Er zerrt mich mit viel Kraft an sich, in irgendeine Gasse, zwischen irgendwelchen Gebäuden, presst meinen Körper an den seinen und greift vor allem meinen Kopf, damit ich ja nichts mehr sehen kann. Es ist das erste Mal – das erste Mal, seitdem Vater mich … dass ich weinen muss, so richtig weinen muss. So etwas will ich nicht sehen müssen, kein Blut, keine Verrückten, keine Sterbenden! Einfach nichts davon! Fast automatisch kralle ich mich in der Schuluniform fest und presse mein Gesicht in dessen Brust hinein. Niemand soll es hören, soll mich hören. „Warum … Warum, warum, warum, warum … WARUM?!“, schreie ich in das weiße Hemd. Der bei mir sagt nach wie vor nichts, hält nur beide Arme um mich. Durch all das Surren in meinem Kopf, kristallisiert sich eines heraus. Es sind wieder Räder, mehr als vorher, fast wie bei diesem Spiel vor Wochen. Darauf folgt eine Stimme, eine mir bekannte Stimme. „Hat sie …“ „Hmmm.“, folgt nur als Antwort. Das unbeeindruckte, gelangweilte ist aus seiner Stimme verschwunden. Er wirkt wacher denn je. Ein frustriertes Stöhnen ist zu hören. Ich könnte schwören, auch ohne es zu sehen, dass sich die zweite anwesende Person gerade mit einer Hand durch sein Gesicht fährt und versucht klar zu denken. „Scheiße! Bringe sie … bringe sie zum Tec. Da dürfte sie sicher sein.“ Sicher? SICHER? Wovor? Was zum Teufel war das? Wovor muss man sicher sein? Der der mich in den Armen hält, deutet mit einer Hand, dass sich der Zweite entfernen soll. Er tut es, schnell. Obwohl die Aufforderung des Zweiten deutlich war, so gibt mir die Person bei mir noch etwas Zeit. Verarbeiten kann man wohl schlecht etwas, was gerade erst vor 5 Minuten passiert ist. Ich rege mich erst wieder, als mein Beschützer mir irgendetwas aus dem Haar nimmt. Irgendetwas … tzzz … Blut! Er reibt das Blut mit seinen Händen weg so gut er kann, doch ich glaube, dass es sich so nur fester hinein drückt. Mir war nicht klar, wie nah die Beiden schwebenden Silhouetten erst waren. Sie waren … sie waren direkt über mir. Sein Körper – er ist – er ist auf die Brücke gefallen, zerteilt, leblos einfach … einfach … nein! Meine Tränen verstummen langsam, doch das macht die Situation nicht besser. Den vor mir, aus dessen Armen ich eben schon geflüchtet bin, starre ich nur noch an. Ich erkenne dunkelblaues, rückenlanges Haar und ebenso dunkle Augen. Die Augenringe sind verschwunden aber es fällt nicht schwer ihn zu erkennen. Irgendwoher wusste ich, dass seine Augen genauso weit offen stehen müssen wie meine nach diesem Schock. Er ist wach. „Wer – Wer genau bist du?“ „Häääh? …“, kindlich deutet er mit einem Finger auf sich. Ich nicke nur. Obwohl es die Situation nicht zulassen sollte, legt sich ein unsicheres Lächeln in mein Gesicht. Es muss so falsch aussehen, so unecht und – und fertig. Er ist aber wirklich süß, auf eine kindliche Art süß und wie bereits gesagt … er ist cool, irgendwie, auf seine Weise eben. „Sixth – Sleepy Danger.“ Cecel, fügt mein Innerstes hinzu. In der Zeit nimmt er es sich heraus mir die übrigen Tränen aus den Augen zu wischen. Sie sind nicht verstummt, weil mir nicht mehr danach ist, sondern weil wir hier weg müssen. Seroll hat recht, er hat immer recht. Also muss ich mich zusammen reißen, damit Sixth nicht mehr Probleme hat als nötig. „Kannst du laufen?“, fragt er mich. Zustimmend nickend greift er auch schon nach meinem Arm, zieht mich hinter sich her, stärker als das, was ich noch vertragen kann. Weinen ist anstrengend, sorgt für Kopfschmerzen und … und einen verschwommenen Blick. Zumindest würde ich mir den gerne wünschen. Immer im unpassendsten Moment sehe ich das, was ich eigentlich gar nicht sehen will. Meine Beine laufen Sleepy nach, während meine Augen sehen, was da am Himmel vor sich geht. Ein Kampf, ein richtiger Kampf, kein Spaß, kein Spiel, sie wollen – sie wollen ihn fangen! Ihn – Ihn töten. Seroll, der First, die Frau, die mich damals mit verfolgt hatte, einfach alle King-sama's. Sie jagen ihn. Ihn? Wen genau denn? Ich erkenne ihn nicht. Er hat keine normalen Formen mehr, ich meine – ich meine, keine menschliche Form mehr. Wer ist das, der da am Himmel für Chaos sorgt? „Hast du Höhenangst?“, werden meine Gedanken bewusst unterbrochen. Er hat also bemerkt, dass ich nicht wirklich flüchte. Ich beobachte sie schockiert – schockiert und interessiert. Da ich nicht antworte, nimmt er das als ein nein. Sein Griff wird stärker, sogar ein wenig schmerzhaft. Er zieht mich an sich, legt beide meiner Arme um seinen Hals. O nein … was hat er vor? Er reißt mich ein Stück weit mehr in die Realität zurück. Alles Geschehen nur beobachten könnend, greife ich schon bald darauf freiwillig um seinen Hals. Er sagt zum Glück nichts gegen einen stärkeren Griff, der in dem Moment aufkommt, wie er auf das Geländer vor uns springt und mit lautem zischen seiner Räder in die Luft steigt. Ein klarer Reflex, ausgeführt nach dem starken Kribbeln in meinem Bauch. Auch meine Beine haben sich enger an seine Taille gepresst. Ich kann nicht sehen wie er es schafft so einfach aus dem Stand zu so einem Sprung, in so einem Tempo anzusetzen. Er ist schnell, unheimlich schnell. Mir wird endlich klar, warum er einen starken Griff bevorzugt. Selbst mit all meiner Kraft kann ich mich kaum an ihm halten. Ich kann unsere Geschwindigkeit nicht einschätzen, sehe dafür viel zu wenig. Die starke Zugluft zwingt mich dazu meine Augen geschlossen zu halten und auch ein wenig, meine Luft anzuhalten. Der Druck presst meine Lunge förmlich zusammen und mein Herz sorgt dann für den Rest. Mir bleibt einfach der Atem stehen, stockt, tut nicht das, was richtig ist und das immer wieder wenn sein Tempo rasant zunimmt. „Sie jagen ihn.“, erzählt er mir knapp gegen den Wind. Ich verstehe kaum die Hälfte, muss mir seine Worte irgendwie zusammen basteln, zwischen all den Adrenalinschüben und Panikattacken. „W-Wieso? Und – Und wen?“, entgegne ich ihm laut, obwohl ich direkt in sein Ohr hinein sprechen kann. Er scheint selbst nicht viel verstehen zu können. Er hat sich nur zweimal an den Fensterfronten der Hochhäuser abgestoßen, ist einfach dagegen gesprungen und hat sie mit seinem extrem kräftigen Abstoß zur Explosion gebracht. Man konnte die Scherben hinter uns hallen hören, doch er hat sich keine Gedanken deswegen gemacht. Man sieht aber deutlich, dass ihm irgendetwas durch den Kopf geht. Sein Blick ist beinahe normal, nicht so verrückt weit aufgerissen wie erst und auch nicht kurz vorm einschlafen wie normalerweise. Sein Tempo nimmt langsam ab. Ich habe meine Beine trotzdem fest um ihn geschlungen und lasse mit meinen Armen nicht lockerer. Mein ganzer Körper zittert vor Kälte – Kälte und Aufregung. Nur eins ist mir jetzt wieder möglich. Ich kann wieder meine Augen öffnen. In den letzten Sonnenstrahlen dieses Tages bin ich diesmal nicht diejenige, die die schwebenden Menschen beobachten muss. Ich schwebe selber hier oben, auch wenn nicht aus eigener Kraft. Eben war mein Kopf noch voll wegen des vielen Drucks und der Panik – jetzt ist er nur noch leer und das wegen der wunderbaren Aussicht, dem schönen und angenehmen Wind und der Ruhe. Weit unter uns sieht man Häuser, kleinere Häuser. Wir sind mittels 2 Sprünge bis in die Außenbezirke gekommen. Ich bin erstaunt. Geht so etwas denn? Es waren nur 2 erwähnenswerte Sprünge, die ich mitbekommen habe. Ich glaube, das ist wohl das wichtigste: was ich mitbekommen habe. Frei heraus frage ich sofort nach: „Wie oft musstest du springen?“ Erst wirkt er verwundert, sieht durch seinen Augenwinkel zu mir hinter und grinst, als er mein offenes Lächeln sieht. Ich weiß, ich weiß, da ist eben jemand gestorben und ich kann hier ganz normal Lächeln … ich verstehe es ja auch nicht. Es macht einfach Spaß. Außerdem ist sein Körper so schön warm, was wirklich hilft bei der ganzen Zugluft von eben, nur ist er auch sehr sehr dünn, selbst durch die Uniform hindurch. „2 Tip's und der sky sprint.“ „Was genau sind das?“ „Nichts was du … oder irgendwer sonst können müsste. Königsdisziplinen.“, erzählt er mehr als jemals zuvor. Er wirkt nicht einfach nur normal, er ist es plötzlich auch - also nicht müde und auch nicht total verrückt. „Das hat Seroll schon mal erwähnt.“ „Hätte er nicht tun müssen. Es braucht dich nicht interessieren.“ „Dann … Dann aber …“, kehrt das andere Thema zurück in meinen Kopf. Meine Stimme passt sich dem sofort an und er versteht, worauf ich hinaus will. „Willst du wirklich eine ehrliche, die wahre Antwort darauf?“, unterbricht er mich, bevor ich es aussprechen kann. Es stimmt. Will ich wissen, warum dieser Mensch sterben musste und warum der der ihn getötet hat, nun gejagt wird? … JA! „JA!“ „Nach alledem?“, hakt er weiter nach, dabei bin ich mir doch sicher. Mir kommt eine andere Idee, was sein Problem damit ist: „I-Ist dir das zu viel?“ Er grinst spöttisch. „Nein, zur Zeit nicht. Gleich.“ Mit gleich meint er, dass er erst mit einer geschmeidigen Rolle durch die Luft auf der Straße aufkommen will. Mein Bauch kribbelt, als wir von so hoch oben hinab fallen. Das Adrenalin lässt einfach nicht nach, schlimmer als Achterbahn fahren – was ich genau genommen ja nicht mal tun dürfte. Er hält aber nicht an, hält sich nur geduckt. Seine Scates bringen ihn bis zum nächst größten Haus, wieder etwas in die Stadt hinein. Sind wir eben etwa geflüchtet? Wovor? Und wieso nur bis hier? Ich sehe mich fragend um, als er ohne nachzufragen auf meine Gedanken antwortet: „Ja. Er war uns gefolgt. Wir waren zu laut aber die anderen haben ihn schon.“ Diese Tatsache erschreckt mich wieder. Auch wenn klar war, dass dieser gejagte Mann das Nachsehen hätte, tut die Wahrheit wirklich weh aber ich halte das schon aus – die ganze Wahrheit meine ich. „Wer … Wer war das nun?“, will es mir nur noch schwer über die Lippen rollen. Ich weiß, wo er mich hin bringen will, doch ich will nicht. Nicht bevor ich die Wahrheit nicht kenne. „Lass – Lass mich runter. Es kann doch nichts mehr passieren … oder?“ „Du willst lieber laufen?“, fragt er schon wieder nach, als wäre das etwas eigenartiges. Ich nicke nur. Also hält er vorsichtig an, lässt mich genauso vorsichtig herunter. Mir fallen als erstes an ihm seine Scates auf. Er hat genau die Gleichen wie Seroll, also was den Aufbau angeht. Warum mir das auffällt? Er beugt sich lediglich herunter und drückt irgendetwas an seinen Knien. Es geht zu schnell, ich erkenne nicht viel, nur dass seine Boots daraufhin von unten her auf gehen. Die Rollen lösen sich einfach in Luft auf und der Rest verschwindet nach und nach, bis nur noch seine Schuhe übrig bleiben. I-Ist es das, was – was Seroll mir nicht zeigen wollte? Gruselig. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt aber es wirkt nicht gerade normal. „Was … ach egal! Was ist nun? Wer war das?“, werde ich langsam aufmüpfiger. „Das waren Fifth und Eight. Wir dachten, sie wären in den Flammen gestorben aber … das war ein Fehler, es als so leicht zu betrachten. Ihre Leute konnten sie rechtzeitig raus holen und habe sie im letzten Monat weiterhin gegen uns verwendet. Die Phönixe weiß echt nicht, was sie damit angerichtet haben … am Ende wird eh alles wieder nur auf uns geschoben.“, spricht er unerwartet viel und unerwartet flüssig. „A-Also die beiden Verräter von letztens.“, stelle ich fest. Er nickt nur, sieht mich an: „Sie waren … Vollblut-Scater. Sie haben es geliebt und sich selbst verraten – alle Beide. Hätte Eight nicht eben Fifth umgebracht, hätten sie Beide es am Ende mit den Menschen in der ganzen Stadt getan.“ „Aber … wieso?“ „Sie waren noch nicht so weit, hatten noch ihre gewöhnliche Gen's. Erst in der zweiten Stufe, der Modifikation, schaltet man das Risiko übernommen zu werden so gut wie aus.“ „Übernommen?“, wiederhole ich ungläubig, leise. „J … Ja …“ Im aufheulen des Windes, welcher durch die Gasse zieht, von ein paar laut säuselnden Scates gebrochen, unterbricht ihn eine weitere Stimme: „Sei gefälligst still!“ Er kommt schnell näher, fliegt über unsere Köpfe hinweg o-oder nur beinahe. Er lässt es sich nicht nehmen den neben mir mit seinem Knie voll zu erwischen und aus den Stand zu reißen. Ich habe noch irgendwie versucht einzugreifen aber das hat Cecel, Sleepy nicht mehr geholfen. Das Knurren des Angeflogenen ist lauter als der Aufprall meines Beschützers. Er hat die nächste Wand erwischt, doch leiser als gedacht. Seine Scates haben sich automatisch aktiviert und er konnte sich noch rechtzeitig abfangen. Als ich sehe, dass mit ihm alles in Ordnung ist, bis auf dem zukünftigen blauen Fleck in seinem Gesicht, verwundert mich mehr die höchst aggressive Art des nun neben mir. Es macht mich sauer, sehr sauer. „Wieso?“, will ich wissen, böse wissen. „Hmm? Was wieso?“, antwortet er mir aggressiv, „Was zur Hölle hast du überhaupt da gemacht?“, schreit er ungehalten laut und kommt ein paar Schritte auf mich zu. Ich tu es es ihm mit der Stimme gleich: „Was geht’s dich denn an?! Wer rechnet denn mit so etwas? Wieso haust du ihn überhaupt um? Er hat mich immerhin weggebracht!“ „Und damit die Aufmerksamkeit des Eight auf sich gezogen! Hast du's nicht gemerkt? Dann sieh mal schön deine Jacke an!!!“, hält er mir stand. Sein Blick ist so unendlich böse, selbst durch die Maske hindurch, doch meiner muss das auch sein. Knurrend, mit bösen Blicken, stehen wir beide uns gegenüber und schreien uns an. Ich sehe trotzdem sofort an den Kragen meiner Jacke, selten aber ja, ich habe auf ihn gehört und spüre dadurch erst jetzt den kühlen Luftzug am Rücken. Sie wurde geteilt. Die ganze Jacke hat hinten einen Riss und ich habe es bis eben nicht bemerkt. Trotzdem werde ich nicht leiser: „Und das ist ein Grund ihn umzuhauen? Was ist dein Problem?!“ „Du bist mein Problem!!! Was erzählt er dir jetzt auch alles, was dich überhaupt nichts angeht?!“ Diesmal reicht es. Ich werde ungehalten laut. Ich habe mich selbst noch nie so laut schreien gehört und beinahe rutscht mir auch die Hand dabei aus aber das würde bei so viel Dummheit auch nichts mehr bringen! „Es geht mich nichts an? Es geht mich NICHTS AN!!! Nicht du hast dieses Blut abbekommen, nicht du hast zugesehen, wie er …“ Energisch greift er meine Schultern und presst mich in einem Ruck gegen die Wand hinter mir: „Genau deswegen musst du nicht noch mehr wissen! Schon das ging dich nichts an. Er hätte dich töten können, geht das endlich in deinen Schädel! Reicht es nicht zu wissen, dass du es überlebt hast? Schon wieder?! Sogar Sleepy mit seinen weitaus über 200 km/h wäre beinahe zu langsam gewesen! Ihr seid ihm nur knapp entkommen! Was hättest du kleines Kind schon ausrichten können außer zu sterben!“ Mein Körper, mein Geist … halten inne. Ich starre ihn nur noch an, ohne Reaktion. Hat er … Hat er sich etwa Sorgen gemacht? „Jetzt guck nicht so! Egal was du behauptest, die Wahrheit kannst DU dir eh nicht vorstellen. Es wäre etwas anderes, wenn du wirklich mitmachen würdest. Dann müsstest du vor den Risiken gewarnt werden, die Krankheiten kennen und die Gefahren, die damit eingehen. Du willst es doch aber nur wegen deiner Schwester wissen. Um für sie da zu sein … braucht man dieses Wissen nicht.“ Vielleicht hat er recht. Obwohl ich nicht davon ausgehen kann, dass jemand wie er mich auf Anhieb einschätzen könnte. Er kann jedoch seinen Sport einschätzen und weiß, was da eben passiert ist. Vielleicht reicht das ja wirklich aus, um jemandem ein klares nein sagen zu können. Mein Widerstand sinkt mit meinen Schultern. Sein Griff wird daraufhin auch lockerer und er atmet durch, ziemlich schwer sogar. Das eben scheint ziemlich anstrengend gewesen zu sein. Nicht nur der Streit, sondern die Jagt. „Hast – Hast du ihn etwa …“ Er beißt seine Zähne hörbar unter der Maske zusammen und seine Augen kneift er genauso hart zu, eh er frustriert zugibt: „Nein! … Nein. Ich wäre zu spät gekommen. Die Polizei hatte auf uns gezielt und dabei ihren eigenen Mann getroffen. Ein Streifschuss. Es hat gereicht, damit Ninth ihn einholt. Er ist neben Sleepy der Schnellste aber mit dem willst du echt nichts zu tun haben.“ Was? Wieso … Ich komme nicht zum nachdenken. Am Himmel ertönt ein finsteres, sehr lautes Gelächter. Es hört sich an wie ein Verrückter, der auf der Jagd wäre. Ich erinnere mich. Ganz am Anfang in der Area hatte der First Probleme. Er musste flüchten. Da war auch so ein Kerl mit unnatürlich breitem Lächeln. Er jagte den First und – und hatte seinen Spaß daran. Der vor mir nickt nur und deutet gen Himmel: „Und? Interesse an seiner Bekanntschaft?“ Ich verneine mit einem heftigen Kopfschütteln und muss daraufhin hart schlucken. Das ist also der 9. der King-sama's. Obwohl er mir Angst macht und obwohl er mit Sicherheit nur seinen Spaß haben wollte, hat er trotzdem Sleepy und mich gerettet. Ungewollt aber trotzdem … „Siehst du ihn ab und zu mal? Kannst – Kannst du dich für mich …“ „Vergiss es, darauf legt er keinen Wert.“ „Das war mir klar, nur …“ „Ich sagte doch, vergiss es!“, wird er schon wieder lauter. So langsam kotzt es mich an, dass er immer glaubt, alles besser zu wissen aber wie kann ich denn behaupten, dass dem nicht so wäre? Ich kann ihm entgegensetzen, dass er mich nicht kennt aber was nützt das schon? Ich sehe ihm an, dass der Schweiß, der seinen Hals hinab fließt, nicht nur der Anstrengung wegen da ist. Er muss auch für eine Weile in Panik verfallen sein oder ähnliches. All meine Wut und meinen Frust über die ungeklärten Fragen gemeinsam mit einer geballten Faust herunter schluckend, kann ich mich zumindest wieder bewegen. Ich richte mich von der Mauer auf und antworte leise, ohne ihn dabei anzusehen: „Gut …“ Mann hört, wie er wieder frustriert stöhnt aber mir egal. Das Einzige was ich noch tun will ist, mich noch einmal bei meinem zweitmaligem Retter zu bedanken. Er hatte sich nur noch abgefangen und ist dann ziemlich sacht zu Boden gesunken. Seitdem liegt er da und schläft. Seine üblichen Augenringe sind zurück. Ich hocke mich nur flüchtig vor ihn, zerzause sein eh schon viel zu langes Haar und gebe ihm ganz leicht einen Kuss auf die Wange und auf die Stirn. „Danke … nochmal … tausendmal!“
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