Sobald ich den Asphalt des Schulhofes betrete, fühle ich eine gewissen Beklemmung. Ich weiß, dass der Rotschopf von weitem noch immer sehen kann was ich mache.
„Naaa! Hast du dich wieder versteckt?“, werde ich plötzlich von der Seite angequatscht. Das war es also, was mich so beklemmt hat werden lassen. Mit einem Mal fällt die ganze Spannung von mir. Leider … zucke ich wie gewohnt dabei zusammen. Grinsend tritt der neben mir näher. Nah genug, dass der Rotschopf ihn ebenfalls sieht. Den Army-Typen. Ich sage nichts dazu. Mein Körper ist inzwischen auch wieder ganz ruhig. „Was ist denn plötzlich aus meinem Spitznamen geworden?“, fragt er treuherzig lächelnd, fast wie ein Hund. Wieder gibt es keine Antwort von mir. Viel mehr verstecke ich mein Gesicht nun noch weiter unter meiner Kapuze. Mit einer Hand ziehe ich ein Stück daran. Sein treuherziges Lächeln wird immer breiter, bis er sogar anfängt zu lachen. „Ja ja! So warst du schon immer!“, belustigt er sich. Er weiß, dass ich ihm nicht antworten werden. Inzwischen hat sich der Besuch von eben auch an uns heran getastet. Kentin wird mit einem Mal sofort still. Er stellt sich wieder aufrecht hin und geht ein paar Schritte zurück. Man, mein Nachbar muss ja wirklich einen ganz miesen Ruf haben, wenn sogar einer aus der Militärschule Respekt vor ihm hat. Auf der Schule hier herrschen wohl andere Gesetze als auf unserer alten. Er schau sowohl mich als auch den bei mir von oben herab an, lässt sich Zeit beim vorbei gehen. Was er wohl vor hatte? Das Rückt jedenfalls sofort in den Hintergrund als er Kentin's Erachten nach weit genug weg ist. Sofort öffnet sich wieder sein Mund und sein Lächeln kehrt zurück. „Na. Weißt du denn, was wir jetzt für Unterricht haben?“ Natürlich! Warum habe ich damit nicht gerechnet? Erneut eine Aussage, die mich weiter zu Boden blicken lassen. Der Moment für ihn, in dem er auf den Zettel in meiner Hand blicken kann. Mino steht auf dem Formular und dass … dass sie ein Junge sei!, für den Moment lässt ihn das verstummen, auch seine Gedanken. Mit einem Mal wird er freundlicher zu mir. „Na komm, ich gebe dir nachher meinen alten Plan. Wir haben jetzt Sport. Was wirst du jetzt also machen?“ Ja genau, was werde ich jetzt machen? Gute Frage! „Dann zeige ich dir erst mal die Umkleiden, ich meine die der Jungs.“ Erschrocken schaue ich auf. Stimmt ja. Mir war bis eben nicht bewusst was es bedeuten würde als Junge angemeldet zu sein. Heißt das jetzt etwa … ich muss mich immer bei denen umziehen!? Schon nur vom Gedanken wird mir schlecht. Zu viele Körper, zu viel Haut, zu viele Gerüche und vor allem zu viele Kerle! Dann zieh ich mich eben nicht um!, weigere ich mich eben. Was soll's. … Vorerst. Obwohl ich nicht weiß wo es lang geht, gehe ich voraus. Warum? Weil er sich ja nicht bewegt! Er sieht mir kurz nach, eh er endlich versteht. Er folgt mir auf dem Fuße. Ja ja … Mino … so warst du ja schon immer. Glaube mir, mich kannst du nicht so einfach täuschen, dafür … kenne ich dich einfach zu lange. Du willst doch nur nicht zeigen, dass du, bei Kontakt mit anderen Menschen sofort sch … Er ist so in seinen Gedanken vertieft, dass er nicht mitbekommt, wie ich mit meinem Fuß aushole und ohne Vorwarnung einfach zu trete. Dabei kann ich gut meinen Stand bewahren, obwohl er größer ist, obwohl er kräftiger ist und obwohl er ein echter Junge ist. Mich stört es eben einfach, wenn er so verträumt in der Weltgeschichte herum schaut und langsamer wird. Die Tatsache hat er wohl in den paar Wochen vergessen. „Ahhh! Das war deutlich!“, schimpft er mehr mit sich selber als mit mir. „Deine Deckung ist schlechter geworden!“, spreche ich schnell, hart, kalt. Er selber hält sich noch immer den Magen und geht gequält zu Boden. So kann er unter der Kapuze durch schauen. Er sieht mir ins Gesicht, kneift sich dabei angestrengt ein Auge zu. Ich hingegen wende mich von ihm ab. Er hat erst mal genug mit seinen Schmerzen, seiner Niederlage und meiner Aussage zu tun. Die Turnhalle sehe ich inzwischen schon. Der Rest wird sich schon finden. „O Gott, Kentin!“, höre ich eines der Mädchen rufen, die anderen folgen diesem Ruf. Sie sind alle besorgt um ihn und fragen schon von weitem was passiert sei. Erst als sie nah genug sind, hören sie ihn. „Nichts! Alles ist gut! Geht gleich wieder!“, versucht er seine Klassenkameradinnen zu beruhigen. Ohne Erfolg. Ein paar von ihnen sehen sich in der Gegend um. Das einzige was sie noch sehen ist das Fell von meiner Kapuze, ansonsten bin ich schon an der Mauer vorbei. So wie alle vor dem Eingang der Halle stehen, kann ich es nicht wagen mich dazwischen zu stellen. Das würde ja sofort auffallen. Ich halte lieber etwas Abstand. Am Rand stehen ein paar schattenspendende Bäume. Erneut lehne ich mich an, um anschließend deutlich durchzuatmen zu können. Sobald Kentin herüber kommt, sieht er auch schon nur zum Eingang. Wie er bereits sagte, er kennt mich gut … naja, zumindest besser als die anderen. Wobei die anderen mich ja überhaupt nicht kennen. Also, gut genug jedenfalls, um zu wissen wie er sich verhalten sollte. Ich höre wie einer der Lehrer die Tür auf macht. Sie quietscht unerträglich laut. Anscheinend wird mehr Geld in die Schule gesteckt als in den Rest. Da bin ich ja mal gespannt wie alles von innen aussehen soll! Erst als alle drinnen sind und der Lehrer über den Hof schaut, entdeckt er mich. „Heeey! Gehörst du mit zu dieser Klasse? Bist du Neu?“ Das kann kein gutes Zeichen sein. Wenn er mich nun schon entdeckt hat, werden es die anderen sicher auch bald tun. Natürlich werden sie das. Ich bereite mich lieber darauf vor, dass mich alle während dieser Stunde anglotzen werden. Wie ätzend! Genervt setze ich mich langsam in Bewegung. „Na, da hat es aber einer eilig!“, belächelt er meine Trägheit und das obwohl er eigentlich genervt ist. Interessant … äußerst interessant!, legt sich mein Kopf bereits einige Dinge zurecht, fiese Dinge. „Na los jetzt, die Jungs sind schon alle drinnen!“, ermahnt er mich schon jetzt. Das kann lustig werden!, lasse ich wieder ein böses Lächeln unter meiner Kapuze hervor scheinen. Je mehr er will, dass ich mich beeile, desto langsamer werde ich. Zumindest ist es schon mal erfreulich, dass alle Jungs aus dem Raum sind. Davon kann ich mich selber überzeugen, als ich im Raum stehe. Die Tür schließt er schon ziemlich laut hinter mir. Er selber geht durch eine andere, um in die Halle zu gelangen. „Gut, dann fangen wir schon mal an.“, erläutert er seinen Schülern – genervt prustend. Ich kann mich schon jetzt kaum noch halten bei dessen Reaktionen. Da ja eh keiner da ist, kann es auch keinen stören wenn mir ein gemeines Gelächter heraus rutscht, nur ganz leise. Meine Hose tausche ich gegen eine Shorts, welche ich zum Glück schon einstecken hatte und damit keiner meine eher schwachen, um nicht zu sagen weiblichen, Beine sieht, ziehe ich ein paar Kniestrümpfe darüber. Schuhe? Keine! Meine Jacke? Bleibt an! Und der Spaß kann beginnen!!! Kurz zuvor erinnere ich mich noch daran, dass ich das Formular lieber wegstecken sollte. Ich vergrabe es ganz weit in einem meiner Blöcke. Da sollte es so schnell keiner finden können. Der Flur ist so schmal in diesem Gebäude und alles ist braun und riecht nach Linoleum. Die Halle ist tatsächlich eine der ältesten die ich je gesehen habe. Sobald ich den Lehrer erblicke, werde ich gleich noch etwas langsamer. Langsam genug, dass er schon fast seine Fassung verliert und zu mir herüber kommt. Wenn mich nun schon alle endlich sehen, dann wird das wohl mit einem lauten knall passieren!, zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht wie deutlich diese Aussage zu verstehen ist. Schon nur als ich den ersten Fuß hinein setze und ein Teil meiner Jacke sichtbar wird, richten sich die Blicke derer Mädchen, die nichts zu tun haben, sofort auf mich. Ätzend! Eigentlich ist es ja eher meine Art mich sofort vorn zur Tür zu setzen um nicht zu weit gehen zu müssen und als erste wieder gehen zu können. Heute jedoch nichts. Bei einem ungesehenem Blick zu dem mir gegenüber kann ich ja gar nicht anders. Meine Schritte sind noch immer so träge wie zuvor. Genau so bahne ich mir einen Weg über das Spielfeld. Die Jungs, die gerade am spielen sind, bringt das vollkommen aus der Ruhe. Sie versuchen mir alle auszuweichen und dennoch weiter zu spielen. Die Hälfte leider ohne Erfolg. Viele stürzen einfach zu Boden und schüfen sich die Knie auf nur um sich anschließend beim Lehrer zu beschweren. „Sage mal muss das denn sein? Na los, komm runter vom Feld!“, zügelt sich der Sportlehrer noch. Ich höre nicht aber absolut nicht! Ich bin so auf den Mann fixiert, dass der Rest um mich herum verstummt. Der Rotschopf spielt ebenso nicht mit wie die Mädchen. Er sitzt am Rand, ganz in der Nähe dessen wo ich hin möchte. Er muss sich sein Lachen verkneifen, um weiter unbemerkt zuschauen zu können. Er hat sich eh schon gewundert, warum der Lehrer ihn nicht mit aufgestellt hat. Jetzt wird ihm einiges klar. Sobald ich auf der anderen Seite bin, die anderen wenigstens zur Hälfte unbeschadet blieben, kommt der Lehrer mit schweren Schritten auf mich zu. Er versucht seine Stimme sachte zu halten, doch seine Gestik sagt alles. Somit wissen auch die Mädchen gegenüber und die Jungs, die ihr Spiel eben unterbrechen, dass er wütend sein muss. „Sage mal, was soll überhaupt diese Aufmachung? Wir wollen Sport machen und nicht am Weihnachtsbaum sitzen oder Schnee schippen.“ Unbeeindruckt halte ich mir lediglich ein Ohr zu und schaue zur Bank neben mir. Hey, was gegen meine Jacken geht ist echt uncool! So schlimm ist es außerdem gar nicht, was die Füllung angeht! Gut, nun hat er es nicht anders verdient als weiter gereizt zu werden. Mit der nächsten Reaktion jedoch konnte nicht mal ich rechnen. „H-Hey wartet mal. Ist das nicht die Jacke? Ich meine von dem Kerl der Kentin grundlos so zusammen geschlagen hat?“, wird die Neue zu laut. Der Lehrer konnte es bestens hören. Dummerweise stimmen ihr die anderen Mädchen auch noch zu, obwohl die eigentlich nichts gesehen haben. Unpraktisch für mich, wobei … Der Kopf des Lehrers wird langsam aber sicher rot vor Wut. Jetzt kann er schon seine Stimme nicht mehr kontrollieren. „Kentin! SOFORT herkommen!“, braucht er erst den Beweis. Es ist ihm unangenehm da mit hineingezogen worden zu sein. Außerdem stellt sich jetzt sofort alles und jeder gegen mich, was ihm auch nicht sonderlich zu gefallen scheint. Erst als er sieht, wie ich mein grinsen halten kann ohne große Mühe, hebt er sein Oberteil sogar freiwillig. „Stimmt, hat er.“ Als ich den blauen Fleck auf ihm sehe, kann ich nicht anders als erneut zu Schmunzeln. Es dringt bis zum Lehrer durch. Er untersucht die Wunde noch etwas, ob es eventuell schlimm genug sei ihn zur Ärztin zu schicken, doch eins steht schon jetzt für ihn fest. Das muss eine Verwarnung nach sich ziehen! „Was soll das? Warum tust du das, zumal es nicht mal einen Grund dafür gab?!“, wird er wieder ruhiger. Ich jedoch sehe ihm an, dass er kurz vorm überkochen ist. Es fehlt nicht mehr viel bis er ganz überkocht. Na mal sehen … Genüsslich lecke ich mit meiner Zunge kaum bemerkt über meine Lippen. Augenrollend denkt sich der neben mir, Na das kann ja noch heiter werden! Die anderen zwei hingegen … , O je, was der wohl vor hat? Unser armer Lehrer. Gerade dem Rotschopf sieht man an, wie sarkastisch er seine Gedanken nimmt. Sein bester Freund hingegen meint es ernst. „Gut, dann setz sich erst mal Ken.“ „-TIN!“, vervollständigt er sauer. Niemand darf ihn Ken nennen, wirklich niemand mehr! Das musste ich auch schon erfahren, damals. Ein weiteres mal schluckt der Lehrer hart. Fast hätte der Junge mir meinen Spaß genommen. Lieber hört er nun und setzt sich. „Und du springst jetzt für ihn ein. Schließlich ist es auch deine Schuld, dass er ausfällt. Er ist einer unserer besten Spieler!“ Zugegeben, mit der letzten Aussage hätte er mich beinahe dazu bekommen zu tun was er verlangt aber eben nur beinahe. Lieber stelle ich weiter auf stur und setze mich. Je öfter er mich mahnt auf das Feld zu gehen, je mehr ignoriere ich es und drehe mich zum teil sogar schon weg. Die anderen Schüler beobachten unser treiben. Ich sagte doch, ich hasse solche Gaffer! Wütend wirft er die Punktetafel zu Boden und dreht sich von mir weg. „Wer spielt stattdessen mit!!!“, brüllt er die anderen Schüler an. Ich grinse. Im selben Moment steht die Blondine, die Neue auf. Sie will es anscheinend unbedingt probieren. Bisher sind eigentlich nur Jungs auf dem Feld, doch mit ihr zusammen getrauen sich nun noch ein paar Mädchen. Sie scheint eine gewisse Überzeugungskraft zu besitzen. So spielen nun Mädchen gegen Jungs. Jetzt könnte man ja meinen der Lehrer könnte sich in der Zeit abreagieren in der die anderen Spielen … doch falsch! Er hat mir die Punktetafel überlassen. Eigenschuld sage ich dazu. Ich lege mich mit dem Bauch auf die dünnen, alten Holzbänke und schlafe dabei sogar fast ein. Die Mädchen beschweren sich bei jedem Punkt den sie machen, dass ich nichts tu. Haha, der Lehrer ist schon fuchsteufelswild. Ist ja wirklich unglaublich wie leicht man solche Leute knacken kann. In der anderen Schule war das nicht so leicht. Schon jetzt habe ich hier mehr Spaß. Als es einem der anderen Jungs nun reicht, übernimmt dieser. Er setzt sich zu mir auf die Bank, wodurch ich wieder wach gemacht werde. Genervt stütze ich meinen Kopf auf mein Kinn und blicke geradeaus. Da sind zwei weiße Ärmel. Eigentlich hat der Army-Typ auch so etwas an, doch diese hier sind anders. Den hier kenne ich wohl noch nicht. Mehr versuche ich gar nicht erst herauszufinden. Mein Kopf fällt wieder zur Seite. Er lässt nur einen Blick zu mir herunter fallen, da fällt es mir endlich wie Schuppen von den Augen. Es ist der Kerl, der mich bereits im Unterricht gesehen hat, der beste Freund des Rotschopfes. „Warum machst du nicht mit? Du könntest wenigstens ein paar Blättchen umdrehen!“, beschwert er sich, auch nur weil er den Lehrer sieht, wie er kurz vorm durchdrehen ist. Mehr jedoch wegen dem Mädchen auf dem Feld. Ich sage nichts. Als endlich mal eine Pause ist, gehen viele nach draußen. Sie wollen sich da eine kühle Brise holen. Sport scheint für sie anstrengend zu sein, dabei ist es doch nur Basketball. Als endlich alle draußen sind, versucht es der Lehrer noch ein letztes Mal bei mir. Er redet die ganze Zeit auf mich ein, ich solle mitmachen, endlich meine Sportsachen anziehen, ansonsten könne er bla bla … interessiert mich nicht. Vor allem nicht, weil ich tief und fest eingeschlafen bin! Das war es nun für ihn. Ein weiteres Mal wird er mich nicht mehr ansprechen! Gerade als die Pause vorbei geht, ist es der Junge, der als erster hinein kommt. Er kommt zu mir herüber und berichtet über das was draußen passiert ist. „Man, weißt du überhaupt wie die draußen über dich geredet haben? Die wollen dich nicht mal in ihrer Klasse haben. Meinst du nicht du übertreibst es etwas? Nur etwas? Du bist ihnen bis heute nicht mal aufgefallen und dann gleich so heftig. Würde ich dich nicht kenne, würde ich wohl das gleiche sagen.“ Sein geflüstere dringt bis in meinen Traum vor. Ungewollte wache ich auf. Mein Kopf zuckt ein wenig. Er hat es jetzt erst bemerkt und freut sich überhaupt nicht darüber zu wissen, dass er mich geweckt hat. Mein Kopf dreht sich langsam zu ihm. „Ä-Ähm ja also ähä … ich meine … Ist ja eigentlich dein Ding was du machst aber … du magst Sport doch eigentlich, richtig? Mache doch – Mach doch einfach mal eine Runde mit, wenigstens kurz.“, bettelt er. Er bekommt nur meinen wütenden-ein-Auge-Blick zu spüren, da erhebt er sich auch schon wieder und geht endlich. Er will zum Lehrer, ihm Bescheid geben, dass er wieder mitmachen will. Er muss ziemlich diskutieren, vor allem LAUT diskutieren, damit er ihn wieder mitmachen lässt. Am Ende stellt sich der Braunschopf einfach auf das Feld, egal was er sagt. Ich höre ihnen zu, so lange bis die anderen wieder auftauchen. Auch mein Banknachbar tut etwas, womit keiner Gerechnet hätte. Er spielt mit, ganz freiwillig sogar. Ihm ist es wohl auch zu nervig geworden, wer weiß. Vielleicht braucht er auch einfach nur Beschäftigung. Sofort fällt auf, dass Kentin seine Entscheidung plötzlich bereut. Ich bleibe weiter liegen. Als sich der Junge im weißen Oberteil erneut zu mir setzt, wirkt er gleich viel entspannter. Seine Stimme ist nun nicht mehr so 'böse'. „O je … Cas ist zwar mein bester Freund aber das? Warum muss er jede mal diesen Ken ärgern?“, spricht er zu sich. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er irgendwie auch mit mir spricht. Es regt mich ja geradezu an ihn zurechtzuweisen. Legt er es wohl darauf an? So oder so kann ich es mir nicht verkneifen ihn zu verbessern, „-TIN! Kentin!“, hört er zum ersten Mal meine Stimme. Auf seine Lippen legt sich ein Lächeln. Also wollte er wirklich, dass ich darauf reagiere. Na schön, jetzt wo ich einmal wach bin. Hilfesuchende Blicke durchbohren mich außerdem bereits. Dabei könnte ich wohl eh nicht mehr lange weiter schlafen. Castiel spielt bei den Mädchen mit, damit diese überhaupt eine Chance bekommen. Ich schaue deren Treiben eine Weile lang zu. Die Jungs sind plötzlich am verlieren. Zwar ist Kentin der beste in der Gruppe, doch er fürchtet sich zu sehr. Ich sehe, wie er erschöpft seine Knie stützt. Ein paar vereinzelte Schweißperlen liegen ihm auch schon im Gesicht. Was mich allerdings mehr überzeugt als seine Erschöpfung ist den Rotschopf besiegen zu können. So kann ich ihn auch nochmal etwas nerven. Schon nur als ich aufstehe, schauen mich die meisten an wie Guppis. Der neben mir lächelt einfach nur. Er scheint erleichtert zu sein, wahrscheinlich weil ich seiner 'Bitte' nachgehe. Erschöpft richtet sich der Military auf. Einer der Zwillinge wirft ihm den Ball zu. Er weiß bereits was nun kommen wird. Der Rotschopf baut sich wie eine Wand vor ihm auf und er hat keine Chance mehr. Ich sehe dem Spektakel noch eine Weile lang zu, dabei bemerke ich sogar, wie der neben mir auf der Bank nervös wird. Schmunzelnd gehe ich noch ein Schritt näher ans Feld heran. Mir ist es vor allem wichtig, dass der Lehrer möglichst alles mitbekommen. Kentin gerät immer weiter in die Misere. Als es schon fast zu spät ist, betrete ich endlich das Feld. „KENNY HIER!“, rufe ich ihm lautstark zu. Dieses Kommando kennt er wohl besser als alle anderen. Seine Zurückhaltung bricht. Er geht ein paar Schritte zurück und wirft ihn mir fehlerfrei zu. Mein Lächeln ist nun nicht mehr zu stoppen. Es gilt jedoch nicht dem alten Kameraden, auch nicht dem Rotschopf sondern einzig und allein dem Lehrer. Der … hat soeben seine Nerven verloren. So oder so durchbreche ich die 'Mauern' der Mädchen. Sie sind kein großes Problem für mich. Eine Drehung oder ein Sprung und Wurf zu Kentin, dann wieder zu mir und zurück und die Mädchen sind verwirrt. Sie können dem Ball nicht mehr folgen. Obwohl man gemerkt hat, dass Castiel auch gut ist, so kann er da genauso wenig mithalten. Der Lehrer bemerkt, dass er einen neuen guten Basketballer gefunden hat – was ihn ein aller letztes Mal fluchen lässt. Ich hingegen nehme das letzte Mal den Ball an mich, schlängle mich an der Neuen vorbei und springe dem Korb entgegen. Wie die fünf Male zuvor treffe ich auch dieses Mal. Energisch erreiche ich trotz meiner Größe den Ring. Mit beiden Händen halte ich mich kurz daran fest und schwinge vor und zurück, eh ich mit Schwung wieder zu Boden sinke. Schwer lasse ich mich auf beide Beine sinken, dann stehe ich fest. Die drei Jungs aus unserem Team, welche schon gar nicht mehr mitgemacht haben, freuen sich riesig über den Erfolg. Sie sind bisher noch nie gegen Castiel angekommen. Gerade bei einem der beiden Zwillinge scheint das gut anzukommen. Ich bemerke davon nichts. Ich weiß nur, dass es dem Lehrer den Rest gegeben hat. Während sich die anderen noch freuen, weiß ich bereits was mich erwartet. Er kommt eben auf mich zu und holt bereits weit aus. Die erst herunter geschmissene Zeitschrift hat er nun wieder zusammengerollt in seiner Hand, in der ausgeholten Hand. Im darauffolgenden Moment spüre ich lediglich einen stechenden Schmerz im Gesicht und daraufhin den Boden, welcher eigentlich unter meinen Füßen sein sollte. Die Gedanken der Anderen sind mir egal. Ob sie nun glauben es wäre verdient oder ich täte ihnen leid, völlig nebensächlich. In meinem Kopf ist nur noch für den Schmerz und mein breites, unmenschlich breites Grinsen platz. Geschafft!
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