Na endlich hat er Ruhe gegeben! Hätte ja noch gefehlt, dass er jetzt auch noch durchdreht! Aber ...lustig ist er ja schon. Ich hatte ihm erst doch abgesagt, dass er mir die Schule zeigen sollte. Er hat es trotzdem getan … Ich weiß nun immerhin wo sich die Turnhalle befindet.
Ehrlich gesagt hatte ich ihn nicht mal bemerkt. Ich wollte nur unters kalte Wasser wegen … na ja, eben deswegen! Spielt ja auch keine Rolle mehr. Eins muss man dem Kerl ja lassen – gleich am ersten Tag und dann gleich so unglaublich hart! Keine Ahnung wie weit er noch gegangen wäre, wenn ich nicht ab und zu dagegen gewirkt hätte. „Hey Harmony, hörst du mich nun endlich mal!!!“, ruft mich eine laute Stimme wach. Sie dringt von ganz hinten vom Schulhof her. Das gelbe, orangene, helle Licht strahlt komplett über den Schulhof, sodass man kaum etwas anderes sehen kann. Trotzdem weiß ich, noch bevor er vor mir steht, dass es nur dieser Rotschopf sein kann. Castiel oder wie er heißen will. „Was is?“, murre ich ihn entnervt an, viel zu leise, was er auch bemerkt hat. Verdammt, das war nicht beabsichtigt. Er schweigt, als er direkt vor mir steht, schüttelt verwundert den Kopf, eh er mir endlich die Antwort gibt: „W-Wir wollten doch den Verstärker … a-ach weißt du was, vergessen wir das lieber.“ „Ach stimmt ja. Wieso vergessen? Hast den Verstärker schon hier?“ „Nein a-aber du siehst ja schlimmer aus als wie es meinem Arm gehen könnte! Was – Was ist passiert? Von wem lässt sich jemand wie du vermöbeln?“ „Wha … Was denkst du denn von mir Alter?! Das sind nur paar Kratzer. Hör auf zu heulen und los jetzt!!!“, murre ich ihn genervt an. Castiel akzeptiert, weil er mir eh nichts verbieten könnte, geht voraus, weil ich den Weg dahin nicht kenne, doch diskutiert trotzdem noch weiter: „'N paar Kratzer?! Ja, die sehe ich! Ich meine abgesehen von den wirklichen Kratzern! D-Dein blaues Ohr, die Flecken an den Armen und diese Kopfwunde?! So oft kann man sich doch gar nicht in Schwierigkeiten bringen, oder?“ „Junge, benimm dich nicht wie Mutti. Kopf ist versorgt, dürfte bis Heim reichen. Da kann ich ja das Pflaster austauschen. Der Rest is in 'ner Stunde zu.“ „U-Und dein Brustkorb? Konnte man heute schwer im Unterricht übersehen. Du kannst den Verstärker echt …“ Ich drehe mich von ihm weg, rolle meine Augen gen Himmel und unterbreche ihn mit einem genervten Stöhnen. Für jede Aussage beiße ich mir lieber auf die Lippe, zur Untermalung nehme ich meine Hände auch noch an meinen Kopf. „Ist ja schon gut, schon gut! I-Ich glaube dir ja.“ Sehr schön, immerhin mal einer! Er bietet mir sofort seine Kippen an. Ist das seine Art Mitleid zu zeigen? Bitte nicht, denn auf Kippen kann ich nur schwer verzichten. Ich sehe ihn kontrollierend an, bis sogar er genervt wirkt und sie fast wieder wegnimmt. Ich nehme sie an und fange irgendwie an über ihn lachen. Er hebt nur verwundert seine Arme und versucht schlau aus mir zu werden. „Gib's auf, schaffst eh nich.“ Er steckt sich selbst auch noch eine an, hält mir das brennende Feuerzeug entgegen. „Sage mal, übertreibst du's nicht bisschen mit rauchen? Wann sieht man dich mal nicht draußen?“, interessiert mich dann doch mal. Seine Augenbrauen schieben sich immer mehr zusammen. Er sieht mich so zweifelnd an. „Übertreiben?! Spielst du jetzt Mutti oder was? Schaue dich selber an. Mit was übertreibst du es denn wohl?!“ Ich werde etwas hellhöriger. Ob er wohl eine Ahnung hat, was in der Turnhalle passiert ist? Also … mir könnte es ja egal sein, wer es herausfindet aber Lex? Dem wär's sicher nicht egal. „Was? Jetzt werd' ich ignoriert oder was? Ich mein' ja nur. Gestern von mir und heute von was weiß ich wem. Siehst du jeden Tag so aus?“ „Nicht jeden aber häufig, ja. Lex isses gewohnt. Naaaaach … chill mal 'nen Moment.“, pruste ich und lasse mich auf dem Weg zu seinem Verstärker irgendwo in der Stadt auf eine Bank fallen. Meine Augen sind geschlossen und mein Kopf zeigt gen Himmel, welcher von meinen Armen gestützt wird. Castiel hört wie tief ich durchatme, setzt sich daneben und atmet auch etwas durch. Die Sache mit seinem Arm war nicht gelogen. Er nimmt nur den anderen hinter seinen Kopf. „Ich habe noch bis morgen Zeit mit dem Verstärker.“, erwähnt er nochmals, leiser als zuvor. Ich blicke mit einem Auge zur Seite, grinse ihn an und schnaube belustigt. „Mutti!“ Er schmunzelt darüber genauso. Als ich meine Kippe austrete, stehe ich auch gleichzeitig auf. Er versteht endlich. Als ob ich jemals wegen irgendeiner Verletzung Pause machen würde, lächerlich! „Bis zum Geschenke-Shop ist es nicht mehr weit. Da drüben in einer der Gassen.“, erklärt er mir, zeigt in die Richtung und schon gleich darauf stehen wir eh davor. Der Laden ist nicht wirklich groß, hat aber irgendwie von allem etwas im Angebot. Castiel erzählt mir, dass er irgendwie immer das im Angebot hat, was man gerade braucht und auch wirklich nur diesen Gegenstand bei diesem einen Besuch. Kommt man später nochmal vorbei, hat er seine Wahre schon wieder ausgewechselt. Er grinst bei einem Kauf immer so eigenartig, als würde man gerade mit ihm dealen. Ich verstehe was er meint, als wir uns kurz unterhalten. Er versucht uns irgendeinen Kram anzudrehen, den wir überhaupt nicht brauchen. „Kippen?“, frage ich nur. Mit seinen schmalen Augen und gleich bleibendem Lächeln sieht er mich an. „Sind Sie denn schon 18, junger Mann?“ Ich suche aus meiner Hose irgendwo mein Portemonnaie heraus und lege ihm all meine Ausweise vor. Auf jedem sehe ich anders aus, deswegen zeige ich lieber alle, genervt. Ich merke wie der Rotschopf versucht einen Blick auf die Bilder zu bekommen. Lachend stecke ich sie wieder ein und er wirkt nun genervter als ich, wodurch ich nur noch mehr über ihn lachen muss. Als ich ihm draußen ein paar Kippen zurück gebe, die ich mir in letzter Zeit geschnorrt hatte, ist schon wieder alles vergessen. Wir bringen den Verstärker also zur Schule. So weit ist es ja nicht. Aus dem Keller wieder hinauf gehend, bemerke ich eine Veränderung an Castiel. Er wirkt … nervös? Was ist jetzt plötzlich los? „Gibt's Probleme?“ „Also … danke. Vielleicht sollte ich dir jetzt auch sagen, dass Alexy erst zum … zum Skatepark gegangen ist anstatt Heim zu gehen. E-Er hatte ziemlich schlechte Laune.“ „Klar, konnte mir so was schon denken. Also warum so … eben so!“ Dabei deute ich auf ihn, als würde plötzlich ein völlig anderer Mensch vor mir stehen. Vom Benehmen her stimmt es ja auch irgendwie. „Vielleicht weil er da seit einer gefühlten Ewigkeit herum sitzt und auf dich wartet oder so? U-und ich dir das vielleicht auch zeitiger hätte sagen sollen?!“, wird seine Stimme noch leiser. „Und ich dachte du gehörst zu den coolen. Tzzz, Lex hätte auch Heim gehen können. Nicht ich habe entschieden, dass er sich den Arsch abfrieren soll! Er war das ganz allein.“ „Ja aber wegen dir! Machst du dir über so etwas denn nie …“ „Hör' endlich auf zu nerven!!!“, fluche ich ihm lautstark dazwischen. Er schweigt, endlich Ruhe! „Castiel … wohin gehen wir gerade?!“, murre ich ihn ganz knapp an, damit er endlich mal etwas checkt. Er sieht mal geradeaus, sieht ein paar Bäume und den breiten, gepflasterten Weg. Gaaanz richtig Dumpfbacke – wir gehen zum Skatepark! Er bleibt ruhig. Ihm ist es wohl unangenehm seine Frage, die er eben noch stellen wollte, zu vergessen. Man sieht schon von weitem, dass Lex versucht extra gedemütigt und deprimiert auszusehen. Er hat sich auf die hohen Steintreppen gesetzt, wo die meisten Zuschauer immer sitzen, seine Beine extra nah an seinen Körper gezogen und seinen Kopf irgendwo dazwischen begraben. Castiel verkneift sich seinen Kommentar dazu, zum Glück, doch man sieht ihm an, was er gerade denkt. 'Ich hab's dir ja gesagt bla, bla …' Was interessiert's den überhaupt?! Nja, egal jetzt. „Wart 'ne Sekunde Mom. Daddy macht das.“ Castiel kann nur darüber lachen. Ich gehe einfach zu Lex rüber, als wäre nichts. Im Prinzip ist ja auch nichts. Er übertreibt, wie immer eben. Die erste Stufe ihm entgegen gehend, sehe ich ihn von oben herab an. Er versucht so weit wie möglich von mir weg zu sehen. Idiot! Mit einer Hand greife ich nach unten an seine Wange, ziemlich lieblos. Er wehrt sich natürlich nicht gegen meine Berührungen, ändert aber nichts an seiner Haltung. Mit meinem Daumen streiche ich ihm ein paar Mal über die Wange, merke, dass er wieder geheult haben muss und wische die Reste seiner Tränen gleich mit weg. „Gibt's auch noch Tage an denen du nicht heulst?“ „Hmmm …“, murrt er mich nur an. Belustigt schnaubend, tue ich ihm den Gefallen mich zu ihm herunter zu beugen. Er hebt seinen Kopf automatisch aus seiner Verteidigung, als hätte er nur darauf gewartet, dass ich ihn endlich küssen würde. Ach Lex, du bist so leicht zu durchschauen. Er lehnt sich den flüchtigen Küssen voll entgegen, will mehr als nur das bisschen. Ruhiger, menschlicher als zuvor, stütze ich beide Hände neben ihm auf. Er nimmt seine Beine von allein runter und sieht mich wehleidig, mit seinem typischen Schmollmund an. Auch der fällt, je länger ich ihm in die Augen schaue und ihm noch ein paar der flüchtigen Küsse gewähre. „Ich will mehr.“, haucht er mir im Kuss entgegen. Ich lasse sofort von ihm, richte mich aber noch nicht auf. „Nein, willst du nicht. Du willst pennen, also los jetzt, nach Hause mit dir.“ Frustriert stöhnt er, greift mit seinen Armen um meinen Hals und zieht sich an mich, sodass er mir seinen Frust direkt ins Ohr prusten kann: „Ach man, das war doch nicht … ich wollte doch nicht, dass du wieder schlechte Laune hast. Harmony, Schatz …“ Ich nehme an, stoße ihn diesmal nicht sofort weg und gebe ihm die eben gewollten Küsse, halt nur an seinem Hals. Dabei merke ich, wie kalt ihm ist und wie sehr seine einzelnen Gliedmaßen eingefroren sein müssen. Seine Arme zittern richtig und er hatte überall schon vorher Gänsehaut. Ernster, böser, hauche ich auf seinen erröteten Hals, welcher schon bald zu einem dunklen Abdruck werden soll: „Mach das nie wieder!“ „Nie wieder? W-Was?“ „Schmolle in deinem Zimmer wenn es sein muss aber nie wieder irgendwo draußen!“ „A-A …“ Ich reiße seine Arme von mir, halte beide mit zu viel Kraft fest. Mir ist klar, dass daraus Blutergüsse der nicht mehr normalen Klasse entstehen werden. Egal. Er hat es verdient! Meine Augen blitzen ihn an: „Das war keine Bitte, verstanden?!“ Er nickt. Ohne nachzufragen drehe ich mich einfach um, halte seine Arme nach wie vor fest und lege sie erneut um meinen Hals. Er hält sich schon von alleine fest und presst sich zusätzlich mit seinen Beinen um meinen Bauch. Ich sage mal nichts dazu. Er darf ruhig selber herausfinden, dass er nur noch so wenig Kraft in Armen und Beinen hat, dass ich keine fünf Minuten später selber festhalten darf. „Na, was habe ich gesagt Mom?!“, ziehe ich den Rotschopf breit grinsend auf. Sein Ausdruck wechselt von verwundert zu breit grinsend. „Okay, ich geb's zu. Das ging wirklich schnell.“ „Habe ich doch gesagt!“, muss ich mich in meiner Bestätigung noch mal extra wälzen. „Danke … hab's ja begriffen. Kannst jetzt auch aufhör'n mich Mom zu nennen?!“ „Was? Selbst Schuld, wenn du mich so bemutterst!“, ziehen wir uns wieder gegenseitig auf. Irgendwie ist es ja schon fast lustig. Wirklich ernst kann man diese kleinen Neckereien eh nicht nehmen. Am Ende will Castiel aber etwas ansprechen, was er lieber hätte sein lassen sollen: „Häh? Sollte ich riskieren, dass du den neuen Verstärker fallen lässt und umkippst?!“, schon da richten sich Alexy's Blicke auf und seine Ohren werden spitz, „Lass dir lieber deine … “ „Dzzz!!!“ „Ich mein ja nur, dass sich da wer drum …“ „Dzzzz! Ich kann Lex auch mit einer Hand halten. Riskier's nicht!“ Ich glaube das war schon zu spät für Lex. Er versucht genauer zu erkennen, was Castiel sagen wollte. Ich drücke seinen Kopf einfach nieder, sodass er nichts mehr erkennen kann. Er hört schnell darauf, lässt seinen Kopf wo ich ihn hin befehle und ich kann seinen Schädel wieder loslassen. Hier draußen hat er nichts zu sagen. Nur wenn wir bei ihm sind gestatte ich ihm, dass er sich um meine Verletzungen kümmern kann. Eine ganze Weile lang ist Ruhe. Wir gehen um den Park, den Lex so gern meidet, lieber herum, haben ja auch noch Zeit und letzterer Grund ist einfach, dass wir noch einkaufen gehen wollten. Ich wette Armin hat es vergessen. Wenn wir das auch noch tun, bekomme ich heute Abend nichts mehr in den Magen. Bloß nicht! Castiel scheint die Stille irgendwie zu stören. Er schaut regelmäßig zu uns beiden herüber und dann wieder weg. Ach … keine Ahnung was der hat und heute will ich auch nicht mehr groß darüber nachdenken. Er gehört zu den coolen Jungs an der Schule, ist aber irgendwie auch anstrengend. Da fällt mir auf … er hat seit bestimmt einer Stunde nicht mehr geraucht. Es wird doch wohl nicht daran liegen … oder?! Jedenfalls fängt er an unbedacht irgendwelche Themen anzuschneiden und sein erstes Thema ist auch schon das letzte: „Ach ja, da fällt mir ein: Lex hat erst mit den Mädchen geredet und dabei …“ Wieder muss ich mir Mühe machen, halte ihm umgehend den Mund zu aber sage nichts. Er scheint echt genervt zu sein, doch nichts hält gegen meinen genervten und einschüchternden Blick stand. Er ist schon von allein still. Ich brauche ihm kaum zu deuten, dass er lieber verschwinden sollte, da geht er schon von allein. Seine Aufmerksamkeit richtet sich nur noch einmal an uns. Nur dann, wenn ich ihm mit einem lauten Pfiff signalisiere, dass er sich umzudrehen hat. Natürlich hört er, alle hören auf mich. In letzter Sekunde bekommt er mit, dass ich ihm den Rest der Zigaretten auch noch zugeworfen habe. Hjjaah, seine Sucht auch noch fördern ist bestimmt nicht die beste Idee … wobei … sie kommt von mir. Die Idee MUSS also gut sein! „Du – D – Du willst mit mir allein sein?“, fragt mich letztendlich die liebliche, piepsige Stimme meines Freundes. Er hat seinen Kopf wie befohlen nicht nochmal gehoben, doch sieht von meiner Schulter auf, nur in meine Augen. „Klar. Wir haben noch einiges vor!“
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