Mein Körper zittert als würde ich seit Tagen in einer Spalte eines Gletschers festsitzen. Er hat sich nun schon ein paar Meter zurück begeben, warum also steht er nicht endlich auf? Glaubt er wohl noch immer an die Theorie mit dem Kätzchen?
Der Mann bleibt vor mir hocken, bis sich jemand in die Tür stellt. Lange ignoriert er ihn, bis den Direktor doch interessiert, was nun ist. Langsam wendet er sich von mir ab, nur so viel, dass er dem hinter sich ins Gesicht schauen kann. „Und, was ist? Wie geht es ihm?“ Seine Stimme ist so leise, als wolle er mich nicht stören oder nein, als wäre er schwach und diese innere Schwäche würde nun zum Vorschein kommen. Was habe ich nur wieder angerichtet?! Wieder? Wieso stolpre ich ständig über solche kleinen Worte? Sind sie wirklich nur zufällig gewählt und ohne Bedeutung oder weiß mein Innerstes etwa mehr? Weiß es noch, was passiert ist und hält es einfach nur vor mir versteckt? Die Gedanken daran, lassen mich überhören, worum es bei den Beiden geht. „Ich wollte eigentlich nur die Decke holen und auswaschen. Zero hat mir erzählt, dass er alles … beschmutzt hat.“ „Danach habe ich nicht gefragt.“ „Ich weiß, ich weiß. Nicht so ungeduldig. Zero … er tut als wäre nichts aber seine Aussage war Eindeutig. Er will nichts mit diesem Kind zu tun haben. Zwinge ihn nicht dazu.“ Kaien erinnert sich an seine eigenen Zweifel. Seine Blicke sinken weiter zu Boden. Er akzeptiert endlich, was die beiden von ihm wollen. Als er mich anblickt, weiß er, dass er endlich die richtige Entscheidung gefällt hat. Yagari trägt inzwischen die Decke vor seinem Körper und steht erneut an der Tür, diesmal um zu gehen. „Kaien, lass ihn da sitzen. Zero muss bald los, also kann er noch eine Weile bleiben.“ Der Mann mit dem schwarzen Haar bleibt nicht mal stehen, um zu überprüfen, ob sein Freund tatsächlich geht. Er verlässt sich einfach darauf. Wieso tut er das? Wie kann man sich nur so auf das verlassen, was andere tun oder sagen? Nennt man … nennt man das etwa vertrauen? … Ich … verstehe nicht viel von solchen Dingen also … Ich höre auf darüber nachzudenken, noch bevor ich eine Lösung dazu habe. Das Bild vor mir ist noch immer das gleiche. Der altmodische Herr sitzt noch immer da, blickt auch wieder zu mir, anstatt zur Tür. Er starrt mich an, durchbohrt meinen Körper mit seinen Blicken. Er wirkt so … hin und her gerissen. Tue ich's oder tue ich's nicht? Kann ich es … nicht einfach darauf ankommen lassen? „Was ist, wenn ich es einfach tue? Wenn du bleiben MUSST, so wie bei den anderen Beiden?“ Er weiß, dass ich nicht verstehe wovon er spricht. Ich kann lediglich eins wahrnehmen: sein wieder ehrliches Lächeln! Er muss irgendetwas geplant haben, etwas, wovon keiner etwas weiß, nicht mal sein Freund mit dem zerzaustem Haar. In meinem Kopf jedoch dröhnt nur eins: Er missbraucht das Vertrauen der anderen. Sobald mir das nur zu deutlichst klar ist, schrecke ich weiter zurück. Er hat sich nicht gerührt, keinen Zentimeter und doch versuche ich die letzte Lücke hinter mir zu füllen. Sein Lächeln bleibt erhellt. Starr halte ich meine Augen geschlossen und kann dennoch meine Blicke nicht von ihm lassen. Ihm scheint in dem Moment egal zu sein, wie ich auf ihn reagiere. Energisch erhebt er sich. Im ersten Moment wird mein Zittern nur noch stärker, doch diese starke Kraft, die von ihm gegeben wird, erreicht mein kleines Herz und lässt es sprunghaft pochen. So viel Kraft von jemandem wie ihm, hätte ich nie erwartet, wirklich nie! Für diesen kurzen, kleinen Moment, lässt mein inneres Ich zu, dass ich beeindruckt bin. Gleich im nächsten Moment wirkt er nicht nur stark sondern auch entschlossen. Keine Ahnung weswegen oder was er vor hat aber zumindest in diesem Augenblick ist mir das mal egal. Für diese Sekunde habe ich auch keine Angst vor ihm. „Ja, das mache ich!“, ertönt energisch von ihm, womit der Moment dahin wäre. Seine Stimme halte ich noch immer nicht im Kopf aus, erst Recht nicht, wenn er so laut dabei ist. „Guten Morgen Rektor Cross.“ Schmollend hält der Mann inne. „Nenn' mich Papa!“, verlangt er kindlich. Prustend setzt sich die Brünette, doch sobald sie auf den gut bestellten Tisch schaut, kann sie wieder aufrichtig lächeln. Sie freut sich jeden Tag auf dieses Frühstück. Zumindest das kann ihr 'Vater' richtig gut. Lächelnd wartet sie, bis sich der Mann dazu setzt und zur Abwechslung kommt auch Zero mal pünktlich. So müssen sie nicht erst wieder warten und würden wohl zu spät zum Unterricht kommen. Heute ist ein richtig schöner Tag, stellt sie erfreut fest, so erfreut, dass sogar ihre Wangen eine lebendig, rosige Farbe annehmen. Der finster dreinblickende junge Mann hingegen scheint kaum geschlafen zu haben. Er bedenkt beide mit einer wegwerfenden Hand und einem rauen, „Morgen.“ Ein Glück kann das Yúki's Stimmung nicht beeinflussen, dafür kennen die zwei sich schon zu lange. Genüsslich verschlingen die zwei ihr Essen, wohingegen Zero nur auf den Nachtisch wartet. Er hat bisher kaum etwas angerührt und macht auch keine großen Anstalten etwas daran zu ändern. Lediglich den kleinen Pudding nimmt er zu sich. Yúki würde normalerweise ja fragen was los ist, doch heute ist sie so aufgeregt und voller Tatendrang, dass sie es einfach übersieht. „Na Zero, kommst du nach?“ „Wartest du heute gar nicht auf ihn?“ „Nein, ich habe es eilig. Die Wöchentliche Ausgabe der Schulzeitung kommt doch.“ Und schon läuft sie davon. Natürlich, sie las diese Klatschzeitschrift jede Woche aber sie hat sich nie so sehr darauf gefreut. Was da wohl drinnen stand? Noch dazu erscheint sie ja wie gesagt jede Woche. Soweit Zero sich erinnert, wird immer über die gleichen Lehrer geschrieben und über die gleichen Events und natürlich, das wichtigste – die mindestens 12 Seiten an Night Class Tratsch. Dieses Blatt ist nichts für ihn. Vielleicht … weiß sie ja schon, was drinnen stehen wird. Wenn ja, dann kann ich mir ihre Aufregung erklären. Ich bin gespannt, wie die Neuigkeit ankommen wird., freut sich der Mann am Tisch schon. Erst als er wieder im Hier und Jetzt steht, sieht er den Day Class Schüler vor sich richtig an. „Zero … ist irgendetwas mit dir?“ „Nichts … nur schlecht geschlafen.“ Er ist und bleibt ein schlechter Lügner. Das zaubert dem Direktor für eine kurze Zeit ein Lächeln auf seine schmalen Lippen. „Gut, also schlecht geschlafen. Seit wann schon?“ Genervt stemmt er sich auf und läuft in sein Zimmer mit dem kleinen Anhängsel, „Spielt das denn eine Rolle?!“ Er gerät in letzter Zeit sehr schnell außer Kontrolle. Er nimmt einem jeglichen Satz übel, obwohl man nichts gesagt hat. Liegt es vielleicht daran, dass er es nicht mehr lang ohne aushält …aber er hat doch die Tabletten also … irgendetwas stimmt noch immer nicht, nur was?! Schwer atmend lässt sich der Grauschopf in sein Bett fallen. Wie in den letzten Tagen schon öfter, bekommt er erneut keine Luft. Gequält krallt er sich im weißen Laken fest. Die Tablette, die er noch vor dem Essen versuchte einzunehmen, sucht sich nun schmerzhaft seinen Weg zurück. Hustend spuckt er sie aus, daran klebt Blut. Unter ihm färbt sich alles im gleichen Ton. Das eben noch so blütenreine weiße Laken ist nun beschmutzt – diesmal durch ihn. Genau der Gedanke kommt ihm, sobald er die Flecken darauf sieht. Es ist das selbe Laken und doch sieht man lediglich seine Flecken darauf. Obwohl die Tablette raus ist, ist ihm noch immer schlecht. Es liegt am Geruch, der mal wieder aufgestiegen ist. Bisher dachte er, es läge an genau diesem Laken, weil der Geruch noch darin hängt, weil die Flecken nicht richtig raus gingen, doch jetzt, wo es vor ihm liegt, zweifelt auch er. Woher kommt dann diese ständige Übelkeit? Außerdem … ist da noch etwas … Seit einer Woche … irgendetwas … ach egal! Nein!, bringt er sich selber dazu nicht mehr nachzudenken. Er will nicht nachgeben. Sein Blick wird böse, böse auf sich selber, seine eigenen Gedanken. Energisch steht er auf und sucht sich seinen Weg lieber durch das Fenster, als nochmal am Direktor vorbeikommen zu müssen. Sobald er fest auf beiden Beinen steht, verschwindet auch die Energie aus ihm. Wie ein alter, gemütlicher Mann läuft er den unebenen Weg entlang. „Yúki, na los. Die Zeitung ist heute der Knaller sagen alle. Was wohl so wichtiges drinnen steht?“, freut sich auch schon ihre beste Freundin. „Sayori! Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon eine kleine Vorahnung.“ Das stimmt. Das letzte Mal, als es so einen Wirbel um diese Zeitung gab, kam Zero mitten im Jahr in eine ihm vollkommen unbekannte Klasse. Mir ist das komische Verhalten der anderen ja schon lange aufgefallen, doch nun? Vielleicht finde ich in dieser Zeitung ja endlich die Antwort darauf. Die Brünette läuft ihrer Freundin verträumt nach. Sie ist so in Gedanken, dass sie gar nicht bemerkt, wo sie entlang läuft. Mit einem Mal spürt sie einen stechenden Schmerz im Gesicht und schon bald darauf nichts mehr. Das Licht vor ihren Augen wird schwach und sie spürt wie sie fällt. Was ist passiert?! „Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“, ertönt eine ruhige, leise, liebliche Stimme. Ein Mädchen in einem großen, weißen Bett stemmt sich schwerfällig auf. Sie sieht zur Seite und erblickt das Mädchen mit der schönen Stimme. „Sayori. Schön dich hier zu sehen.“ Sie blickt ihre Freundin an und schüttelt missbilligend ihren Kopf. „Ach Yúki, ich kann es immer noch nicht glauben. Wie abgelenkt warst du denn bitteschön, dass du über das Rosenbeet stolpern konntest?“, prustend setzt sie sich neben das weiße Bett im weißen Zimmer mit all den beinahe sterilen Gegenständen. Richtig, sie sind im Krankenzimmer der Schule. „Ach Sayo, ich weiß doch auch nicht. I-Ich habe wohl einfach zu sehr geträumt. Nun sage schon, konntest du heute irgendetwas über diese dumme Zeitung herausfinden?!“, wird die Brünette inzwischen schon aufsässig. Ich wollte doch nur wissen, warum sich alle so seltsam benehmen in letzter Zeit! Dumm wie ich bin, falle ich natürlich und weil man den einen Tag mal nicht da ist, verpasst man gleich alles wichtige. Sayori hat gleich auf der Stelle kehrt gemacht, um mir zu helfen. Sie hat also auch verpasst was da so aufregendes drinnen stehen sollte. Wenn sie die anderen fragt, sagen die nur es wäre nichts interessantes gewesen oder antworten gar nicht. Als wäre das noch nicht genug findet sie kein altes Exemplar um selber nachzulesen. Es ist wie verhext! Was ist nur passiert?! Was passiert ist? Yúki lag seit drei Tagen im Krankenhaus. Ihr Blut hat so ein Aufsehen erregt, dass Kaname sofort den Rektor kontaktierte. Bei dem älteren Mann stand wie so oft Yagari. „Rektor Cross, das Blut ihrer Tochter. Wir wissen nicht was passiert ist, bitte kümmern Sie sich darum.“ Mit gleichem Schritt wie er an kam, verschwand er auch gleich wieder. „Ichijo?“, hauchen beide verwirrt. Der Blondschopf war plötzlich bei ihnen, erzählte was passiert war und war sofort wieder weg, dass sie es beinahe überhört hätten. Ist ja vielleicht auch verständlich, wenn er um diese Uhrzeit normalerweise schläft. Während der altmodische Mann ihm nachsieht, wird er zugleich den Blicken Yagari's bedacht. „Was wird aus Yúki?“, ruft er dem Mann zurück ins Gewissen. Er ist so erschrocken, dass er es für den Moment vergessen hat, dass sein ganzer Körper zusammen zuckt. Die Blicke des ihm Gegenüber durchbohren ihn noch intensiver. „J-Ja. Ich schaue sofort nach ihr.“ Wieder! Wieder durchdringen ihn seine Blicke, noch kräftiger. Was ist nur mit dem Lehrer? Wie es ihr 'Vater' bereits sagte, wollte er lieber allein nach ihr sehen. Wie zu erwarten, lässt es der bei ihm nicht zu. Er folgt ihm bis zur Stelle, an der es passierte. Vor dem Lehrgebäude, mitten auf dem Weg, auf der großen Kreuzung, verteilen sich überall kleine Blutspritzer. Hier muss es gewesen sein aber … wo ist sie? Nervös werdend, sieht er sich um. Sein guter Freund hinter ihm bemerkt sofort, dass etwas nicht stimmte und das lag nicht nur an Yúki. Mitfühlend sieht er sich genauso um. Beide laufen quer über die ganze Kreuzung. Was stimmt nicht mit ihm? Warum ist er so aufgeregt? Natürlich, seine geliebte 'Tochter' wurde verletzt aber das? Er wirkt fast mehr, als würde er sich freuen?! Worüber?!? glaubt er, er könne etwas vor mir verheim … Im selben Moment steht er vor den Bänken, vor dem Mülleimer und vor einer der Zeitungsentwürfe. Er erinnert sich, dass sie eben frisch aus dem Druck kommen müssten. Der News-Club ist eigentlich recht pfleglich, warum also liegt einer der Entwürfe hier, im Mülleimer? Wie kommt es, dass keiner etwas gemerkt hat aber viel wichtiger ist die Schlagzeile, die dem dunkelhaarigen Mann ins Gesicht lächelt. Wäre der Direktor aufmerksam gewesen, hätte er sehen können, wie sehr Yagari mit der Wut in sich zu kämpfen hatte. Wie konnte sein Freund, sein Vertrauter ihn so anlügen und dann noch wegen so etwas?! Mit ihm klären kann ich das auch noch später. Erstmal interessiert mich, wer diese Zeitung schon alles bekommen hat. Wenn ich kann, werde ich es noch aufhalten!!! Wie konnte er nur diesen Kleinen mitten im Jahr hier aufnehmen, ohne etwas mit Kaname abzusprechen oder es jemand anderem zu erzählen? Warum diese Heimlichtuerei? Warum diese dumme Lüge? Warum stellt er sich gegen unsere Aussagen?! Sieht er nicht, dass nicht mal der Kleine bleiben will. Im übrigen … wo ist der überhaupt?! Verdammt! So langsam wird dem Mann mit dem zerzaustem Haar klar, was in den letzten Tagen und Wochen alles lief. Er fängt an an dem gleichaltrigen Mann zu zweifeln, mehr als sonst schon. Deswegen! Deswegen wird Zero's Verlangen stärker und deswegen drehen alle in der Night Class so frei. Der Junge, ich, bin noch immer hier und noch immer verletzt! Die Schlagzeile der Zeitung: „Neuer Schüler seit einer Woche! Wo steckt er oder sie?!“ Hat Kaien wohl versucht ihn dazu zu bewegen zum Unterricht zu gehen? Wie kommt er nur auf so eine dumme Idee?! Niemand kommt an ihn heran und wir wissen nichts über ihn, wieso glaubt er also, er könne ihn zu überhaupt irgendetwas bewegen?, dabei denkt er in erster Linie an seinen eigenen Schützling, an Zero. Er weiß nun, was mit dem Rektor nicht stimmt. Er weiß, was er vor hat und auch, dass das so nicht klappen wird, wie er sich das vorstellt. Eins muss er seinem Freund zugute halten: Er hat sich schon lange nicht mehr so sehr für etwas ins Zeug gelegt. Seine Pläne gut und schön aber soweit wie diesmal ist er noch nie gegangen. Prustend tut er so, als würde er weiter suchen und bahnt sich dabei einen Weg ins Schulgebäude vor. Wo er hin will? Zum News-Club und aufhalten, was noch aufzuhalten geht. So konnte niemand von alle dem etwas erfahren. Yagari kam noch rechtzeitig, dass niemand die Zeitung in die Hand bekommen konnte. Er ist sauer auf seinen alten Freund, natürlich ist er das, doch hätte er gewollt, dass sein Plan nicht aufgeht, hätte er das mit der Zeitung nie verhindert. Also gut, wenn man ihn nicht davon abhalten kann, muss er am Ende auch mit den Konsequenzen leben aber … damit es erst mal so weit kommen kann, muss ein anderer, ein RICHTIGER Plan her! Richtig, anstatt weiter gegen ihn zu steuern, lässt der Mann mit nur einem Auge sich langsam auf diese Theorie ein. Wirklich nur sehr langsam! Im letzten Moment stellt sich für ihn nur noch eine Frage: Wie kam dieser Entwurf in den Papierkorb? All zu lang konnte er da noch nicht liegen. Die Papierkörbe werden noch einmal vor Schulbeginn geleert, also erst vor ein paar Minuten! „O Mist!“ „Was ist denn?“ „Ich habe den Entwurf verlegt. Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich ihn bis eben noch in meiner Tasche hatte. Wo kann er nur hin sein!“ „O nein! Na komm, wir müssen ihn suchen! Gehen wir am besten nochmal zurück.“ Kann man zwei Mädchen von weitem aufgeregt reden hören. Sie sind wirklich nervös deswegen. Da fällt demjenigen, der halb zuhörte auf, dass es wohl um die Schülerzeitung ging. Er wollte eigentlich nichts davon wissen. Schon als er nur den ersten Tag hier war, empfand er diese Schriftstücke als überflüssig. Die zwei wären wohl auch nervös gewesen, hätten sie den Entwurf nicht verlegt. Für diesen einen, klitzekleinen Moment wagt der Grauschopf es neugierig zu werden und eine Vermutung in den Raum zu setzen: Wenn die zwei schon nur wegen des Erscheinens der Zeitung so aufgeregt sind, steht ja diesmal vielleicht wirklich etwas wichtiges drinnen? Im selben Moment wie er merkt, dass er dem Trott der anderen Verfällt, reißt er sich da auch schon raus. Er greift sich erneut an seinen Kopf und versucht so leise wie möglich zu bleiben. Sein Atem geht schwer und trotz der Wärme an diesem Morgen bildet sich vor ihm ein leichter Nebel. Es strengt ihn immer mehr an dagegen anzukämpfen. Er will nicht nachgeben. Wie seltsam, eben, für diesen Moment, konnte er das irgendwie verdrängen. Wie nur? Wieso konnte er es so gut verdrängen? Als er mit seinen rot leuchtenden Augen aufsah, hat er vor sich das gleiche wie immer gesehen. Das flüssige Rubin in seinen Augen, spiegelte sich in jeder Person vor ihm wieder und obwohl er die beiden Mädchen verschwommen sah, hatte er für kurze Zeit kein Verlangen danach. „Mist! … Verdammt! … Jetzt reicht es!“ , befielt er sich streng. Eben noch ist er aus dem Fenster gesprungen und jetzt sitzt er zusammengesunken hinter einem Strauch. Er lässt seiner anderen Seite zu viel Kontrolle. Er will es nicht, er will es diesem Ich nicht zugestehen. Halbkräftig stemmt er sich von der dichten Moosschicht auf. Er will nicht nachgeben. Sobald er steht, will er auch schon ins Gebäude vor ihm. Ein kleines Blitzen aus dem Augenwinkel hält ihn jedoch erneut auf. Es lässt ihn still stehen und zur Seite schauen. Der Entwurf. Warum musste ich auch nur einmal so eine Vermutung anstellen? Warum?! Versucht er sein inneres Ich zu mahnen. Es hört nicht. Na gut, einmal neugierig sein, wird ihn ja nicht gleich umbringen. Zögernd greift er sich das Schriftstück. Im ersten Moment sieht er nichts was hätte interessant sein können. Ist ja alles normal, eigentlich sogar eher kleine Anzeigen und unnützes Wissen. Da fällt ihm wieder ein, dass dieser News-Club doch den Fabel für Europa hat aufkommen lassen. Schon fast hastig wendet er die Zeitung und setzt seinen Weg fort. Er kommt sich selbst fremd vor in seinem Körper. Neugierde – keine Eigenschaft, die ihm gefällt. Er hat lieber seine Ruhe aber gerade? Gerade ist das anders. Seine Augen für den Moment schließend und doch weiter laufend, bekommt er seine klare, deutliche Sicht zurück. Die große Schrift sticht ihn sofort ins Auge. „Neuer Schüler seit einer Woche! Wo steckt er oder sie?!“ Was? Das ist jetzt nicht wahr oder?! Reicht es nicht schon so wie es jetzt ist?! Dieser verdammte Direktor muss es auch immer schlimmer machen! Wütend kontrolliert er für einen Moment nicht seine Reaktionen. Zwischen seinen schmalen Lippen blitzen zwei weiße Zähne hervor und ihm entflieht ein warnendes knurren. Er will nicht nachgeben. Kopfschüttelnd reißt er sich erneut zusammen. Vielleicht steht ja etwas drinnen, was wirklich mal weiterhelfen würde. Angestrengt starrt er auf die kleinen Zeilen des Blattes und muss sich noch immer an die Schreibweise gewöhnen. Er kann nichts herauslesen was gegen seine Vermutung stimmt aber eben auch nichts, was dafür stimmen würde. Na toll, die ganze Mühe umsonst! So oder so würde er jetzt seinen ach so tollen 'Vater' zur '''Rede''' stellen wollen! Wenn wirklich stimmt was er glaubt, dann reicht es ihm jetzt endlich mal! Im selben Moment wie er wütend vor sich hin trottet, spürt er eine schnelle Bewegung an sich vorüber ziehen. Erschrocken sieht er auf. Für einen Moment ist sein Blick erneut getrübt, doch dann erkennt er die Person. Yúki. Sie läuft zu ihrer Freundin und er hört, worüber die zwei sprechen. Zugleich sieht er auf das Blatt vor sich und seine Wut scheint gebannt. So ein ständiges auf und ab seiner Gefühle ist ihm unbekannt und vor allem unangenehm. Es ist lästig und anstrengend. Zugleich muss er jedoch schmunzeln, weil die zwei rätseln was in dem stehen würde, was er vor sich hat und weil er sich sicher ist, dass Yúki nichts von dem verstehen würde. Sie würde den Wirbel um diese Person nicht verstehen und noch weniger wissen, wer er ist. Sie würde rein gar nichts verstehen, weil sie einfach nicht dabei war. Sobald die zwei loslaufen, geht auch er weiter. Er braucht diesen Entwurf eigentlich nicht und überlegt schon, was er nun damit anstellt. Er braucht nicht lang zu überlegen, als bereits ein Geruch aufsteigt, der ihm gar nicht gefällt. Ein Geruch, der heute schon zu oft aufstieg. Das war für heute mehr als genug! Er will nicht nachgeben. Kann denn keiner von denen aufpassen? Sind denn alle zu dumm um auf zwei Beinen zu stehen?! Verdammt, verdammt! Verdammt!!! Er will nicht nachgeben! Zornig stapft er ein paar Meter auf das verunglückte Mädchen zu. Das Bild vor ihm ist schon längst wieder zu einer verschwommenen Kugel geworden. Er kann nur erraten wo er lang muss. Trotzdem weiß er ganz genau, wo sich die Bank und der Papierkorb befinden. Wütend und vor allem hastig lässt er sie hineinfallen. Yúki's beste Freundin ist so abgelenkt, dass sie nicht mal sieht, dass es Zero ist, der da stur an ihnen vorüberzieht. Er wird nicht nachgeben!! Niemals!!!
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