Noch bevor die Sonne überhaupt aufgegangen ist, stört mich die Helligkeit im Raum. Inzwischen tut mir alles weg, was mir nur weh tun kann. Bevor ich überhaupt aufstehen kann, muss ich mich mal orientieren wo genau ich eigentlich bin. Verwundert nehme ich meine Hand aus seinem völlig zerzaustem Haar. Da war ich gestern beim Film schauen wohl etwas zu aufgeregt, halte ich mir grinsend vor. Die andere jedoch ziehe ich unter seinem aufgeknöpften Shirt hervor. Am besten frage ich mich gar nicht, wie die da hin gekommen ist. Rot werde ich ja so oder so schon. Erst zuletzt bemerke ich, dass er genau diese Hand fest in seinem Griff hat. Man merkt, wie er sogar im Schlaf noch ungern loslässt. Schmunzelnd gebe ich mein bestes, ihn nicht zu wecken.
Nur ganz behutsam stehe ich auf und lege an Stelle mir ein Kissen unter ihn. Mit leisen, tapsigen Schritten bin ich auch schon weg. Bei mir auf Arbeit erzähle ich einfach, dass mein Drucker kaputt wäre und ich deswegen nichts ausdrucken konnte. Sie sehen mich alle verwirrt, missbilligen und sogar strafend an. Nur mit viel Mühe wird mein, ich meine sein Stick akzeptiert. Mein Glück, selten aber wahr! Tala wacht erst gegen Mittag auf. Träge versucht er sich aufzusetzen, doch fällt erst mal wieder zurück ins Bett. Nachdem er mal ordentlich durchgeatmet hat, versucht er es noch einmal und es klappt. Er merkt immer noch, wie der Alkohol auf ihn wirkt. Zum Glück nicht mehr so schlimm wie gestern Abend. Seine Erinnerungen plagen ihn mehr, als der Rest. Er weiß noch alles was gestern passiert ist. So ein Mist! Was wird sie denn jetzt nur von mir denken? Wie viel habe ich überhaupt getrunken?, ist das einzige, woran er sich nicht mehr erinnern kann. Bei seinem alltäglichen Gang in die Küche, sieht er auch schon die Antwort darauf. Es sieht ja noch alles so aus wie gestern. Innerhalb der viertel Stunde von gestern muss er seine Whiskyflasche , drei Bier und den Likör seiner Mutter geschluckt haben. Missbilligend schüttelt er über sich selber angewidert den Kopf. Er nimmt sich ein paar Brötchen aus dem Ofen und greift wahllos nach irgendetwas aus dem Kühlschrank. Am kleinen Küchentisch beginnt sein verspäteter Morgen. In Ruhe nippt er an seinem Kaffee und isst alles auf. Noch immer müde, verzieht er sich erneut in seinem Zimmer. Mit einem Schwung liegt er drinnen und umklammert bauchlinks mit beiden Armen sein Kissen. Tief einatmend, bemerkt er meinen noch immer verharrenden Geruch darin. Er hängt in der ganzen Luft. Gestern Abend …, ruft es ihn wieder zurück. Schwer ausatmend, erinnert er sich, wie er selber meine Hand festgehalten hat. Sie war zu kalt, als dass er hätte normal weiter schlafen können. Wärmend hat er sie unter sein Shirt rutschen lassen und nicht mehr losgelassen. … warum mache ich so etwas? Wie dumm bin ich eigentlich sofort die Freundschaft wieder aufs Spiel zu setzen?! Das alles verdrängend, lässt er sich tiefer in seine Sachen sinken und schläft sofort ein. Sprichwörtlich: die Ruhe vor dem Sturm! Auf Arbeit sind wir wie immer draußen. Es macht mal wieder so richtig Spaß und nach den ersten Stunden ist mein ganzer Ausfall in letzter Zeit auch gleich vergessen. Die anderen neun machen sogar mal wieder richtig Späße, doch nach ganzen acht Stunden kann ich kaum noch einen überflüssigen Schritt machen. Endlich wieder in meinen eigenen Sachen, wollen die anderen noch irgendetwas zusammen unternehmen und ich muss ja unbedingt mit. So kann der Spaß zwar noch weiter gehen, doch die Schmerzen geraten dabei nicht in Vergessenheit. Zum Schluss kommen wir am Bahnhof an, was so viel bedeutet wie, drei Kilometer ohne Pause. So langsam rutscht mein Herzschlag in jede einzelne meiner Zehen. Erleichterung kommt in mir auf, sobald ich nach der Verabschiedung in meine Bahn steigen kann. In der Bahn sitzend, starre ich durch das Fenster nach draußen. Mir fällt auf, das es inzwischen schon Winter ist, doch weder Temperaturen, noch das Wetter stimmt. Der Schnee bleibt seit Tagen aus. Hoffentlich kommt er überhaupt noch und wenn, dass es dann nicht eiskalt wird. Nach einer halben Stunde stehe ich vor der Haustür. Wie immer schaue ich auch dieses mal in den viel zu hoch geratenen Briefkasten. Vorsichtig taste ich, ob etwas darin liegt, denn ich kann nicht mal bis hinein sehen, selbst nicht, wenn ich mich auf den kleinen Absatz stelle. Eigentlich hätte ich es mir ja denken können, denn es gibt nichts neues, nicht mal Rechnungen. Mit jedem Stockwerk freue ich mich mehr auf mein warmes, großes, weiches, kuscheliges Bett. Ich kann es wirklich kaum noch abwarten. Meine Füße brennen schon und können mich kaum noch tragen. Endlich auf den letzten Stufen bis hin zu meiner Wohnung, rückt mit einem mal alles in den Hintergrund. Erstarrt, entsetzt hauche ich, „Tala! … Mein Gott!“ Er liegt auf dem Absatz zu meiner Wohnung, wahrscheinlich Bewusstlos. Meine Augen weiten sich und ich finde endlich wieder zu mir zurück. Hastig stürze ich die Stufen hinauf und knie mich neben ihn. Eine Hand halte ich sofort über Mund und Nase, die andere an seinen Hals. Seine Atmung funktioniert und Puls ist auch noch da. „Puh, ein Glück!“, pruste ich erleichtert. Sobald ich seinen Kopf ein Stück zu mir drehe, merke ich, dass noch etwas nicht stimmt. Irgendetwas ernsteres muss passiert sein. Ich versuche ihn irgendwie auf mich aufmerksam zu machen, doch der Rotschopf sieht immer wieder von mir weg, geradezu als wäre es ihm unangenehm mich sehen zu müssen. „Was hast du? Was ist passiert? Sprich endlich mit mir!“, werde ich von mal zu mal lauter. Er zittert am ganzen Körper und reagiert fast gar nicht auf meine Worte. Inzwischen habe ich mich zumindest etwas beruhigt und ich bekomme einen klaren Gedanken. Ich schließe die Tür auf und versuche das Häufchen Elend auf zwei Beine zu stellen. „Komm schon. Du musst wenigstens aufstehen! Ich bekomme dich sonst nicht hoch.“, bettle ich zähneknirschend. Verkrampft und nach ganzen fünf Minuten kauert er immerhin an der Wand. Das reicht mir aus, um ihn in die Wohnung zu bekommen. So lange er steht, nutze ich das voll aus und bringe ihn sofort zum Sofa. Er blutet stark an Armen und Beinen, hält etliche Blessuren am Körper, ein blaues Auge und hält sich noch dazu seinen Magen. Das erkenne ich zumindest auf dem ersten Blick. So wie ich das beurteilen kann, stimmt auch innerlich etwas nicht mit ihm. Nur was? Er zittert zwar die ganze Zeit, doch sein Körper ist heiß. Nur schwer lässt er sich helfen und auf mein Sofa will er eigentlich auch nicht. „Ruhig. Ganz ruhig und leg dich hin!“, bitte ich ihn leise und streiche ihm beruhigend über den Kopf. Viel hat sich an seinem morgendlichem Aussehen nicht geändert. Sein Haar ist noch immer zerzaust, er trägt noch die selben Sachen und der Geruch von Alkohol hängt auch noch an ihm oder vielleicht wieder? Ich schalte sofort und hole vorsichtshalber doch mal einen Eimer ran. Vielleicht braucht er ihn ja doch noch und sobald der Eimer einmal am Bett steht, kann er sich plötzlich bewegen. Die ganze Zeit über regt er sich kaum einen Zentimeter und nun? Nun schubst er mich von sich weg und übergibt sich. Etwas beklemmt sitze ich da und weiß nicht so ganz, was ich tun soll. Wie er es will, sehe ich von ihm ab. Mir schleicht sich der Gedanke auf, dass ich ihm ja ein Glas Wasser holen könnte. Das wird wohl auch in seinem Gedanken sein. Sobald es still ist, bringe ich ihm das Glas und setze mich wieder zu ihm. „Geht es wieder?“, kann ich meine Sorge um ihn nun gar nicht mehr verschweigen. Er will mir nicht antworten, konnte es auch nicht, da er wieder über dem Eimer hängt. Nach gefühlten Minuten, in denen ich wieder nicht zu ihm sehen darf, es aber auch nicht wirklich will, reiche ich ihm einfach das Glas. Damit verschwindet vielleicht ein bisschen sein Übelkeitsgefühl. „Hier nimm! Nun sag schon, was ist passiert?“, bitte ich ihn wieder, noch ruhiger als vorher schon. Er lässt ich rücklinks auf das Bett fallen. Mit seinen Armen umschlingt er frierend seinen Oberkörper und schließt seine Augen fest. Sein zittern wird immer schlimmer. Ich überdecke seinen Körper mit meiner Decke und werfe all meine Fragen zur Seite. In seinen Augen hängen noch immer kleine Tränen. Ich versuche noch leiser zu sprechen, beruhigender. „Bleib liegen, ich rufe einen Arzt. Versuche bitte etwas zu schlafen.“ Doch das kann er nicht. Ihm dreht es immer mehr im Magen. Er tut mir so furchtbar leid. Ich wünschte, ich könnte mehr für ihn tun, doch erst mal kann ich nicht mehr machen, als mich ein paar Meter von ihm zu entfernen und im Bad zu verschwinden. Ich kenne da einen guten Freund, der Arzt ist. Er hört sich bis ins Detail an, was ich zu sagen habe und beschließt sofort zu mir zu kommen. Gleich darauf setze ich mich sofort wieder zu ihm. Erschöpft lässt er sich eben wieder fallen und atmet tief ein und aus. Das Wasserglas ist schon leer. Bevor ich hundertmal die Nacht renne, besorge ich ihm lieber gleich Flaschen. Eine halbe Stunde später taucht auch schon der besagte Arzt auf. Der Rotschopf versucht ihn irgendwie genauer zu erkennen, doch das verschwommene Bild nimmt nur langsam Gestalt an. Dieses Gesicht kenne ich doch irgendwo her … woher nur?! … Ich habe solche Schmerzen! Verdammt, er muss mir helfen können! … Wer ist das nur? Ich kann mich nicht erinnern. Wer … Ich weiß es wieder … Er – Er behandelt auch immer meinen Vater. Woher kennen die beiden sich wohl? Wer da vor ihm hockt ist niemand geringeres als der beste und jüngste Arzt des Landes. Er und ich tauschen lediglich ein paar Blicke aus, eh ich die Wohnung für eine Weile verlasse. Tala versucht zusammenzusetzen, wie wir uns wohl verständigt haben. „Also gut, dann musst du dich jetzt von mir untersuchen lassen, wenn du sie schon nicht an dich ran lässt.“, verstehe ich noch gerade so von ihrem Gespräch, dann fällt die Tür schon zu. Er nimmt sich eine Weile Zeit, um wirklich genau nachzusehen. Er weiß ja, bei welchen Leuten er genau aufpassen muss und da er sonst immer Tala's Vater behandelt, ist es bei seinem Sohn selbstverständlich, dass er genauso untersucht wird. Er gibt mir Bescheid, sobald ich wieder rein darf. Dann nimmt er mich gleich mit ins Bad. Das ist der einzige Raum, in dem wir ungestört miteinander reden können. „Und hast du etwas raus gefunden?“, platzt sofort aus mir heraus, „Weißt du, was mit ihm passiert ist? Hat er dir irgendetwas erzählt? Und was hat er nun?“ Beruhigend deutet er mit seinen Händen, dass ich erst mal runter kommen soll, dann erklärt er, „Er hat fast kein Wort mit mir gesprochen. Er hat mich nur die ganze Zeit über mit seinen misstrauischen Blicken durchbohrt, schon fast aggressiv.“, schüttelt er sich irritiert, „Naja, behandelt habe ich ihn jetzt nicht. Das überlasse ich schön dir. Ich habe vor allem Blutproben genommen. Alles was ihm helfen könnte, steht in der Küche. Wenn ich etwas raus finde, melde ich mich sofort.“ Schweigend stehen wir voreinander da. Der Mann vor mir wartet immer noch auf eine Reaktion von mir. Voller Sorge rücke ich endlich mit der Sprache raus. „Man, ja verdammt! Jetzt schaue mich doch nicht so an! Ich mache mir halt Sorgen um diesen Kerl. Er spricht ja aber nicht mit mir, also kann ich auch nichts tun. Ich wette, da ist irgendetwas passiert. Nur was? Ich habe wirklich gehofft, dass er dir irgendetwas verrät.“ Auf die Lippen dessen mir gegenüber legt sich ein leichtes Lächeln und er zerzaust mir vertraut mein blondes Haar. „Ich dachte, du wärst mit ihm befreunde? Ich glaube, er will einfach nicht darüber sprechen. Gib ihm Zeit.“, spricht er mir gut zu. „Was ist, wenn er stirbt?“ „Wenn du dich um ihn kümmerst, kann er doch gar nicht sterben! Mach dir nicht solche Gedanken deswegen!“, rät er mir. Beunruhigt stimme ich ihm einfach zu. Ich bringe ihn noch zur Tür, doch noch bevor er geht, hat er einen Rat für mich. „Vergiss diesmal einfach nichts, ok. Oft genug gezeigt habe ich es dir ja, oder?“, dabei legt er mir eine Hand kurz auf die Wange und streicht darüber, eh er höher fährt zum meinem Kopf und nochmals mein Haar zerstrubbelt, „Ich vertraue dir, verstanden?“ Damit dürfte auch geklärt sein woher wir uns kennen. Er hat mir vor einer Weile viele Dinge beigebracht. Wenigstens kurz huscht mir doch mal ein lächeln über die Lippen. „Ich bin keine neun mehr, schon vergessen?“ Er kann sich nur über meinen fliegenden Stimmungswechsel belustigen. Er geht inzwischen schon die Stufen hinab, als er sich noch ein letztes mal zu mir wendet. „Man sieht sich. Bau nicht zu viel Unsinn und rufe mich an, wenn etwas sein sollte.“ Ja ja, der gleiche vertrauenswürdige Mann, den ich kenne. Immer gibt er mir den gleichen Rat. Gleich darauf schließe ich die Tür. Meine Blicke fallen sofort auf mein Bett. Trotz des Gespräches und trotz des Lichtes, schläft er inzwischen. Ein Glück. Es ist mir zwar unangenehm aber irgendjemand muss sich ja um den Eimer kümmern. Also Augen zu und durch. Nach ständigem hin und her gelaufe, bin ich mir endlich sicher alles am Bett zu haben. Da er gerade schläft, muss ich umso vorsichtiger sein wenn ich ihn behandle. Gegen Mitternacht kann ich mich endlich zu ihm setzen, das wohl erste mal, wenn ich mich recht entsinne. Am Rand kann ich ja nicht sitzen, da er ja schon da schläft, also schwinge ich mich locker über ihn und setze mich dann. Ich sehe ihm die ganze Nacht lang beim schlafen zu. Ich bin die ganze Zeit in Gedanken und kann einfach nicht einschlafen. Die Schmerzen, die ich eben noch von der Arbeit Heim gebrachte habe, sind wie vergessen. Irgendwann wacht der Rotschopf nochmal auf. Er übergibt sich mehrfach und spült sich hinterher immer den Mund aus. Wenigstens für ein paar Momente verschwindet dadurch das Gefühl von Übelkeit. Man könnte behaupten er ist nur wach, weil sein Körper diese schnelle Bewegung verlangte. Fast im sitzen nickt er wider weg und spürt doch endlich, dass all seine Wunden versorgt sind. Wehleidig sehe ich ihn an, schon die ganze Zeit über. Ich mag es nicht ihn so sehen zu müssen. Vollkommen erschöpft, schwitzend und mit vielen kleinen Tränen im Gesicht, bettet er seinen Kopf in meinen Schoß. Obwohl er sich so langsam bewegt, konnte ich das nicht kommen sehen. Sein zittern hört nicht auf, im Gegenteil. Seitdem er auf meinen Beinen liegt habe ich das Gefühl es ist schlimmer geworden. Ich spüre nur zu deutlich, wie sehr er mit sich kämpft und die Schmerzen so gut aushält, wie er es nur kann. Am liebsten würde ich wegsehen, endlich wegsehen! Genau das kann ich mir aber nicht erlauben. Er ist der mit den Schmerzen. Er! Beruhigend fahre ich ihm ganz leicht über sein Haar. Ich weiß, dass er es nur zu deutlich spürt. Sein Griff um mich festigt sich. Er hält beide Arme um mich, zitternd, schwitzend, verkrampft. Als sein Körper wieder merkt, dass er schlafen kann, geht er dem sofort nach. Als ich ihn so betrachte, wie er mal gleichmäßig, mal angespannt atmend auf mir schläft, überkommt auch mich die Müdigkeit. Mein letzter Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich noch höchstens eine Stunde schlafen konnte. Als der Wecker vor mir anspringt und im hellen Ton schrillt, reagiere ich sofort darauf. Ich wollte schließlich nicht, dass mein 'Patient' aufwacht. Er kann eben so schön ruhig schlafen, das kann ich doch beim besten willen nicht zerstören wollen. Es zaubert mir ein kurzes schmunzeln über die Lippen, obwohl die Situation denkbar schlecht ist. Letztendlich schleppe ich mich mehr auf Händen als auf meinen platt gelaufenen Füßen zur Arbeit. Sobald mich die heitre Runde anblickt, schweigen sie. Sie sehen, dass heute alles andere als MEIN Tag ist. Sie wissen nicht wieso, weshalb, warum und handeln doch so, als wäre es ihnen vollkommen klar. Bei zehn Leuten in der Gruppe, hat jeder mal einen schlechten Tag. Sie lassen mich einfach in Ruhe und helfen mir ab und an, wenn ich zu langsam bin oder in meinen Gedanken vertieft. Immer wieder laufe ich dadurch rot an. Es ist mir unangenehm. So vergehen die Stunden halb im Flug. Endlich kann ich wieder nach Hause! Endlich! Als ich bereits in der Bahn bin und mir jede Station mit Sehnsucht anstarre, fällt mir eine der Straßen ganz besonders auf. O Mist!, schießt es mir wie ein Blitz durch den Kopf. Mir fällt ein, dass ich noch einkaufen muss. Mir fehlen ein paar Sachen. Leider habe ich das Problem, gehe ich einmal einkaufen, ist es nicht so leicht an allem vorbei zu gehen. Wie so oft, nehme ich auch diesmal wieder zu viel mit und verplempere zu viel Zeit im Geschäft. Erst gegen 18Uhr komme ich zu Hause an. Erst auf dem Heimweg wurde mir das klar und auch erst dann habe ich ein schlechtes Gewissen. Mit zwei vollgestopften Tüten, meinem Rucksack und dem Schlüssel zwischen den Lippen stehe ich endlich in der fünften Etage. Erschöpft und schwer atmend schließe ich die Tür auf. Schon von draußen kam mir etwas eigenartig vor. Endlich drinnen, steigt mir ein scharfer Geruch in die Nase und das Bild vor meinen Augen wird verschwommen. Die Tüten lasse ich hemmungslos fallen. Was ist hier passiert? Mein zweiter erster Blick geht zum Bett. Tala ist nicht da! Wo ist er? Eilig haste ich in die Küche. Irgendwo muss ja der Geruch von verbranntem Essen her kommen. Als ich sehe was unvermeidbar war, halte ich mir mit beiden Händen die Nase zu, innehaltend. „Kein Wunder, dass es hier verbrannt riecht!“, keuche ich mit rauer Stimme. Als ich noch einen Schritt weiter in die Küche gehe, bemerke ich endlich den Jungen. Er liegt da, einfach nur auf dem Boden, schwer atmend. Mit schnellen Griffen schalte ich sofort den Herd aus und nehme den Versuch von den Platten. Das Fenster kurz über mir reiße ich mit der anderen Hand auf. Ich will eigentlich nur nach ihm sehen, einfach nur wissen was los ist. Schnell kann ich mich zu ihm runter beugen. Ich stütze mich auf meine Knie und drehe ihn zu mir. Er weigert sich, immer wieder. Er will nicht, dass ihn jemand so sieht. „Wie geht es dir? Was hast du denn in der Küche zu suchen? Warum bist du überhaupt aufgestanden?!“, werde ich immer haltloser. Unter all meinen Versuchen ihn zu mir zu drehen, klärt sich endlich die Sicht vor mir. Endlich sehe ich, wie sich sein Blut allmählich unter ihm verteilt. Alle Wunden sind also wieder aufgerissen und sein Zustand ist denkbar schlechter als zuvor. Er ignoriert meine Worte, als wäre ich nicht mal anwesend. Er versucht er sich selber auf beide Beine zu stellen. Mit all seiner Mühe und Not sogar mit Erfolg. „I … ch .. w – will … weg.“, mehr bringt er nicht über seine Lippen. Er ist so schwach, so krank. Meine Augen weiten sich. Was hat er da gesagt? Ich kann es nicht glauben, will es auch nicht! Wie kann er nur. Wütend und zugleich noch besorgter zerre ich an seinem Oberteil. Ich zerre ihn hinter mir her, bis zu meinem Sofa, meinem Bett. Ich stoße ihn unsanft da rauf. „Idiot! Warum kommst du dann überhaupt erst hier her?! Wärst du doch lieber in irgendeiner Ecke liegen geblieben, anstatt mich da mit reinzuziehen. Du machst dir all diese Mühe und willst jetzt einfach so gehen?! Was denkst du dir eigentlich!“, werde ich ungehalten laut. Mir ist klar, wie deutlich er es hören muss. Er antwortet mir nicht. Er sieht weg. Er ignoriert mich. Er tut so, als wäre ich noch immer nicht da. Als meine aufgestaute Wut endlich abnimmt, sehe ich noch mehr in ihm. Er sieht nicht weg um mich zu ignorieren. Er tut es, weil er es anscheinend selber begriffen hat. Er schämt sich. Er weiß selber, dass er vollkommen falsch reagiert hat und anscheinend auch, dass es ihm schlechter denn je geht. All das wird nur noch mehr durch ein erneutes Gefühl von Übelkeit unterstützt. Sobald er über dem Eimer hängt, schlucke ich schwer runter. All meine Wut muss im Magen verschwinden. Ich muss endlich ruhiger werden. „Ob du nun willst oder nicht, du bleibst bis es dir tatsächlich wieder besser geht. Verschwinden kannst du dann immer noch.“ Dafür ist zumindest für mich das 'Gespräch' beendet. Ich bin mir vollkommen im klaren, dass er endlich mal darüber nachdenkt, was ich ihm gesagt habe. Für die nächste Zeit gehe ich ihm vorerst aus dem Weg. Ich kümmere mich böse grummelnd um den verursachten Müll, mache ihm etwas leichtes zu Essen, übernehme schnell den Abwasch und renne noch mindestens dreimal runter und wider hoch. Erst danach wage ich mich noch einmal an ihn heran. Tala blickt genau in dem Moment ungewollt über seine Schulter und sieht nun doch neugierig zu mir. Bei mir habe ich das Tablett mit dem Essen, ein paar Tabletten und anderem, was er nicht mehr so gut erkennt, höchstens noch die Verbände und Pflaster. Der Rotschopf spürt jeden Knochen an seinem Körper. Er brennt innerlich vor Schmerz und Hitze und doch ist ihm gleichzeitig kalt, so kalt, dass er nicht mehr aufhören kann zu zittern. Trotz all der Schmerzen überwindet er sich, sich auf seinen Rücken zu legen. Ob ich nun das Tablett abstelle oder mir etwas leichtes runter fällt, er hört alles doppelt und dreifach. Sein ganzer Körper schreit nach Hilfe und deswegen weiß ich auch, dass er sie dringend benötigt. Dieser Hilferuf dringt nur einfach nicht weit genug zu ihm, dass er es wagt es auszusprechen. Sein innerstes jedoch sieht, dass ich dennoch weiß, was ich zu tun habe. Immerhin hält er jetzt endlich still. Er redet nicht mehr davon gehen zu wollen und will sich im Moment auch nicht in seinen Kochkünsten üben. Ich kann mich endlich einfach mal in Ruhe um seine Wunden kümmern, während der blaue Rauch aus der Wohnung entflieht. Ich sehe ihm an, dass er nur darauf wartet, dass der Rauch weg ist. Er will in den Nachthimmel hinauf schauen. Genau jetzt würde er sich wohl alles gefallen lassen. Ich lege soeben den Rest des Verbandes weg, als ich mir wieder in Erinnerung rufe, woran ich eben gedacht habe. Zögernd greife ich zur Suppe auf dem Tablett. Ich versuche mich so wenig zu bewegen wie nur möglich. Vorsichtig rutsche ich ihm ein Stück näher, direkt neben seinem Kopf hockend, hebe ich vorsichtig seinen Oberkörper. Bei einem genauen Blick auf ihn, fällt mir auf, dass er wohl so gut wie nichts mitbekommt. Vielleicht weigert er sich ja deswegen nicht. „Du hast doch Hunger oder? Na komm, iss.“, bitte ich ihn behutsam. Er wehrt sich noch immer nicht und schluckt alles was ich ihm einflöße. Obwohl alles flüssig ist, schluckt er es als wären es Rasierklingen. Ich lasse ihm Zeit, bis er sogar schon fast von mir fordert, dass ich ihm mehr gebe. Schmunzelnd tue ich natürlich was er verlangt. Er sieht mich an, verwirrt. Er rätselt, wie viel ich wohl von seinem tatsächlichen Zustand wüsste. Es kann nicht viel sein, er redet ja nicht und doch kann ich mit der Situation so umgehen wie sonst keiner. Als die Schale leer ist, hört er nur zu deutlich, wie ich sie zurück auf das Tablett stelle. Er ist froh, sich endlich zurück ins Kissen fallen zu lassen. Ich sehe es ihm sofort an und höre, wie er tief durchatmet. „Mache dir keine Gedanken. Es wird schon bald besser werden. Du solltest jetzt lieber etwas schlafen.“ Ich mache mir keiner weitere Mühe ihn festzuhalten. Außerdem muss ich das Geschirr wegräumen und etwas abwaschen. Als ich eben versuche aufzustehen, bekomme ich eine Bewegung hinter mir mit. Tala sitzt plötzlich wieder, um mich wenigstens noch an meiner Hand zu erwischen. Er hält mich verkrampft fest und vielleicht hätte ich auch erkannt, dass er nur will, dass ich bleibe, doch auch in mir regt sich etwas. Ich halte diese Art, seine Art zum ersten Mal nicht mehr aus. Ich sehe von ihm weg und lasse mein Haar weit genug nach über sein Gesicht fallen, dass er meine Augen nicht mehr sehen kann. Hauchend zwängt sich zwischen meinen Lippen hervor, „Was ist nur in dich gefahren? Ich dachte wir wären Freunde aber du … du sprichst ja nicht mal mehr mit mir. Ich verstehe dich einfach nicht.“ In einem Moment wie diesen, kann ich nicht mal verhindern, dass er ein paar Tränen von mir sieht, auch wenn ich es versuche. Sobald sie auftauchen, sobald sie sichtbar sind, wische ich sie sofort weg. Verunsichert lässt er mich zwar los, doch spricht noch immer kein einziges Wort. Wieder! Wieder stehe ich lieber am Abwasch als mich um ihn zu kümmern. Prustend muss ich feststellen: Ich bin nun nur noch verwirrter als vorher. Wie könnte es denn aber auch anders sein? Im einen Moment will er am liebsten so weit weg wie möglich sein und im Nächsten? Da lässt er mich nicht mal mehr los. Ich kann nur Hoffen, dass sein Verhalten an seinen Verletzungen und am Fieber liegen. Letztendlich setze ich mich doch wieder zu ihm. Der Rotschopf starrt nur zum Fenster, so wie erst, s ich bedingungslos an ihn heran kam. Schon wieder hat er seine Meinung geändert. Er will nun wohl gar nichts mehr sagen aber ich … „Erzähl mir bitte was passiert ist.“, flehe ich ihn halb an, heiser, schwach. Es folgt nichts. Durchatmend lasse ich mich gegen die Lehne hinter mich fallen, wobei ich mit vollem Schwung gegen de Kante stoße. Luft anhaltend zische ich lediglich und halte mir mit einer Hand den Kopf. Ich weiß nicht woher ich das habe aber sobald ich Schmerzen habe, fange ich einfach an zu lachen, so auch diesmal. Ich merke wie es auf ihn abfärbt, er lacht mit mir. Immerhin bricht das die Spannungen zwischen uns, doch leider noch lange nicht sein Schweigen. Ich merke immer mehr, wie erschöpft ich durch die Arbeit bin. Ich mache mir nicht weiter die Arbeit auf ihn einzureden. Ich lege mich einfach zu ihm. Ich bin zwar verärgert, schaffe es aber nicht vor ihm einzuschlafen. Ich warte geduldig, bis auch ich endlich meine Augen schließen kann. Sein eigenartiges Schweigen geht noch die ganze Woche lang. Ich kümmere mich selbstverständlich immer um ihn und gehe gleichzeitig zur Arbeit. Man braucht jedoch keinen Arzt, um festzustellen, dass es ihm von Tag zu Tag schlechter geht anstatt besser. Das macht mir große Sorgen, schließlich gebe ich alles, doch es nützt nichts, rein gar nichts! Bisher hat sich mein Arzt auch noch nicht gemeldet, dabei müsste er schon längst wissen, was in seinem Blut alles vorhanden ist. Ich komme gerade vom Bäcker, den ich immer nach meiner Arbeit aufsuche. „Bin wieder da. Geht es dir schon besser?“, will ich jeden Tag wissen, obwohl mir klar ist, dass ich keine Antwort bekomme. Er hat fast nichts mehr gegessen und doch übergibt er sich. Jedes einzelne Mal ist ihm unangenehm. Sobald er sich beruhigt hat, ist es still. Lediglich der Fernseher gibt Geräusche von sich. Erschöpft von der Arbeit und des schweigenden Freundes pruste ich und gehe dann meiner täglichen Arbeit nach. Am Abend lege ich mich wie gewohnt zu ihm. Seit langem will ich ihn wieder darum bitten mit mir zu sprechen. Obwohl ich total erschöpft bin, muss ich es endlich wissen! „Tala … du musst früher oder später wieder etwas sagen, du musst einfach. Bitte hilf mir. Endlich es zu verstehen. Ich weiß nicht was passiert ist.“ Er weigert sich weiter strikt dagegen seinen Mund zu öffnen, doch ich versuche es weiter. „Du merkst doch wohl selber, dass es dir von Tag zu Tag nur schlechter geht anstatt besser! Wie soll ich dir helfen können, wenn ich nicht genau weiß wogegen ich etwas unternehmen soll!“ Diesmal gibt er einen Ton von sich, doch nur weil er erneut über dem Eimer hängt und sich übergibt. Irgendwie weiß ich schon jetzt, dass er so weiter macht wie bisher. Leiser als vorher versuche ich es noch ein letztes Mal, mit den Blicken von ihm abgewandt. „Sage mir wenigstens seit wie vielen Tagen du schon Blut spuckst.“ Erschrocken stellt er das Glas weg und starrt zu mir. Ich sitze, mit der dünnen Decke über meine Beine Geschlagen und den Armen dazwischen, schaue ich ihn nicht mal an. „Woher weißt du …“ Hätte ich mir ja denken können! Gibt es überhaupt etwas was sie nicht weiß? „Seit drei Tagen.“, hält er sich kurz. Schon diese kleinen Worte reichen, um wieder Hoffnung in mir aufkommen zu lassen. Ich muss weiter versuchen irgendetwas aus ihm heraus zu bekommen. „Was genau ist passiert? Warum willst du nichts sagen?“ Er lässt sich erschöpft nach hinten fallen. Sein Mund steht immer mal wieder ein Stück offen und er holt tief Luft, als wollte er etwas sagen, doch am Ende geht es nicht. Als ich mich gerade wegdrehen will, ertönt endlich etwas. „H-Hey nicht … nicht wegdrehen. Ich … es – es ist erniedrigend. Ich will nicht als Schwächling dastehen aber … das – das würdest du eh nicht verstehen.“ Das war auf jeden Fall nicht die erhoffte Antwort. Er macht mich inzwischen richtig traurig aber noch viel mehr bin … bin ich wütend. Lauter werden, bemerkt er es. „Jetzt hör mal zu, ob du nun willst oder nicht, du musst es erzählen. Ich will nicht, dass du stirbst!“ Erschrocken zuckt der Rotschopf zusammen. „Wie kommst du darauf, dass ich sterbe?!“ In diesem Punkt reagiere ich jetzt genauso wie er und sage nichts. Er soll doch nur endlich mit der Sprache rausrücken. In ihm kommt langsam Angst auf, was ich wohl meinen würde. Widerwillig schnappt er erneut nach Luft. So wie eben schon, drehe ich mich wieder weg. Diesmal reagiert er nicht schnell genug, wahrscheinlich will er das auch gar nicht. Ich lege mich endlich und schaue starr geradeaus. Er stottert irgendetwas vor sich hin. Ich höre nicht zu. „Tiara … Tia – Tiara bitte …“, bettelt er erschöpft. Zugegeben, das höre ich. An meiner Unterlippe knabbernd, zwinge ich mich dazu nicht darauf zu reagieren. Zitternd vor Angst und Anstrengung, kommt er rollmütig zu mir gekrochen. Der Rotschopf kommt mir näher und legt einen Arm über das Kissen über meinen Kopf. „H-Hey Tia …“, haucht er mir entgegen. Das liegt allerdings nur daran, dass er müde wird sobald er liegt. Mir fällt es sichtlich schwer nicht auf ihn einzugehen jetzt wo er wenigstens ein bisschen spricht. „Tia?“, frage ich ihn künstlich schmollend. Nochmals rutscht er ein Stück an mich und legt nun auch noch einen Arm über mich. Er legt ein angestrengtes Lächeln auf, das spüre ich auch ohne ihn zu sehen. „Ja Tia … weißt du nicht was Spitznamen sind Dummkopf?!“ „Jetzt hör schon auf. Tue nicht so, als würde es dir gut gehen!“, gestehe ich ihm zu. Er soll schließlich nichts runterspielen. Er soll endlich erzählen was los ist. „Okay … also gut … wenn es unbedingt sein muss. Eigentlich dachte ich, dass das alles nur ein schlechter Traum war aber, ziemlich offensichtlich, habe ich mich geirrt. A-Also nachdem du weg warst, hatte ich nichts groß vor. Meine Freunde haben mich gefragt, ob ich mit ihnen mitkommen will. Ich weiß nicht mehr, sie wollten in irgendwelche Kneipen und Discos und so. da konnte ich nicht nein sagen, als wir dann aber unterwegs waren, haben sich irgendwie drei Kerle an uns drangehangen. Die haben mich die ganze Zeit über angemacht und – und du … du kennst mich doch. Irgendwann bin ich halt darauf eingestiegen.“, gibt er kindlich zu. Ich könnte fast lachen, wenn ich nicht wüsste wie ernst es um ihn steht. Ich wusste es immer, dieser Kerl ist zu leicht zu beeinflussen! Nur … was hat das alles mit dem Jetzt zu tun? „Als meine Jungs dann weiter zur nächsten Kneipe wollten, sind die drei eben mitgekommen. Und irgendwie, ich weiß auch nicht wie, haben wir dann meine Jungs aus den Augen verloren.“ Mit einem mal drehe ich mich zu ihm um, „Wie?“, platzt es dabei aus mir heraus. Er hingegen starrt errötend zur Decke, nimmt aber keinen seiner Arme von mir. „Wir – Wir also ...kannst du dir nicht selber zusammenreimen was war. Das ist peinlich dir alles erzählen zu müssen!“, noch eh ich zustimmen konnte, spricht er schon weiter, als wüsste er dass ich ihm keine Chance lassen würde, „Na gut! Wir sind … falsch abgebogen, in irgendeine Gasse.“ Er merkt, wie ich anfange zu grinsen, dabei höre ich ihm aufmerksam zu. „Also, wenn ich ehrlich bin, kann ich mich kaum noch …“ „Unsinn. Tala, du willst dich doch nur nicht erinnern. Bitte.“, flehe ich ihn müde an. Auch mich haben die letzten Wochen fertig gemacht. Das alles ist anstrengender als ich dachte. „A-Also gut … Du wirst es mir eh nicht glauben. Anfangs war noch alles gut, genaueres bleibt bei mir! Aber irgendwie, als es vorbei war … deren Art, wie sie sich verhielten wurden plötzlich so komisch. Wie soll ich sagen, in einem Moment wirkte es sogar, als hätten sie vor Wut rote Augen. Ich weiß selber nicht mehr, was ich da rede. Sie haben mich niedergeschlagen und mich mit irgendetwas immer wieder gestochen. Ich verstehe es nicht! Ich bin es ja gewohnt, dass man neureiche Schwule ungern draußen sieht aber das?!“ „Sie haben dich nicht sofort getötet? … Warum?“ „Schön, dass dich das als einziges beschäftigt.“, schmollt er gekünstelt. „So meine ich das nicht aber … Sie hätten dich an Ort und Stelle umbringen können, also warum haben sie es nicht getan?“ „Weiß ich nicht, mir auch egal. Ich bin jedenfalls froh, dass ich noch lebe! Nur … warum glaubst du, dass ich jetzt doch sterbe? Aber wenn ich so drüber nachdenke … Sie meinten, sie wollen mich auf eine langsam Weise sterben lassen. Irgendwann haben sie mir noch irgendwelche Tabletten gegeben, so wie es sich angefühlt hat Drogen... mehr weiß ich jetzt aber nicht mehr, wirklich nicht.“ Ich hingegen weiß genau worum es geht, „Sie haben dir eine Spitze gegeben … oder?“ Nach und nach setzen sich die Bausteine in seinem Kopf zusammen. Er kann endlich wieder alles Ordnen und da wo eben noch eine Lücke war, ist nun die erwähnte Spritze. „Woher – Woher weißt du das? Hast du es gesehen oder – oder kennst du die drei?“ „Nein, weder noch. Tala, Kyoya hat angerufen. Deswegen mache ich mir nur noch mehr Gedanken als vorher. Er hat so lange gebraucht, weil da etwas in deinem Blut ist, etwas, was man nicht sofort erkennt. Gift. Dieses Gift war in der Spitze, die sie dir gegeben haben.“ Ich getraue mich nicht ihn dabei anzuschauen. Ich weiß, wie verstörend das für ihn sein muss. Die Augen des Rotschopf weiten sich. Er glaubt und hofft inständig, dass ich lüge. Aus Wut darüber, dass er tatsächlich glaubt, dass ich lüge, nimmt er beide Hände von mir, setzt sich auf und hat sich nicht mehr im Griff. Im nächsten Moment spüre ich nur wie meine Wange errötend immer schmerzhafter zieht. Es fühlt sich an, als wäre sie ein bisschen geschwollen, gleich nachdem er mich getroffen hat. „N-n-nein, das glaube ich dir nicht! Jetzt reicht es mir aber! Warum lügst du mich ständig an?! Machst du dir eigentlich nie Gedanken darüber, was das für Folgen haben kann?!“ Am liebsten wollte er keine Antwort. Zitternd legt er sich und zieht sich die Bettdecke weit über seinen Kopf. Er will nicht daran denken, dass er vielleicht bald sterben würde. Ungewollt drückt es ihm ein paar Tränen in die Augen. Ich finde in dem Moment endlich wieder zu mir zurück, habe aber alles andere als aufbauende Worte für ihn. „Ich lüge nicht. Ich weiß ganz genau, wie dieses Gift wirken wird, wenn es nicht schon längst begonnen hat. Es wird dir nach und nach all deine Organe lähmen und schon bald darauf zersetzen. Es dauert seine Zeit, eh der Prozess durchgeführt ist. Als letztes werden Lunge und Herz angegriffen. Die Tatsache, dass du jetzt schon Blut spuckst, lässt nur den Schluss übrig, dass es nicht mehr lange dauern wird. Ich kenne keinen Weg …“ Plötzlich kann ich nicht mehr weiter sprechen. Irgendetwas hinter mich daran. Wenn ich ihm jetzt sagen würde, was ich sagen will, dann wäre das vielleicht … eine Lüge. Innehaltens schweige ich darüber. Panisch nimmt er die Decke von sich und packt mich ruckartig am Oberteil. „Ich will nicht daran sterben und erst Recht noch nicht jetzt! Tue etwas dagegen. Wenn du weißt wie, dann tue es. Bitte!“, fleht er mich an. Inzwischen hält er sich mehr an mir fest, als dass er mich festhält, um mich an zu meckern. Ich selber bin ebenso verwirrt und traurig wie er. Es macht es nicht besser, wenn er mich so mit seinen Hundeaugen durchbohrt. „Ich kann nicht, niemals“, versuche ich überzeugend zu wirken. Nachdenklich sehe ich von ihm weg. Er hängt sich noch viel mehr an mein Oberteil. „Bitte! Du weißt doch immer weiter, immer! Ich flehe dich an, hilf mir!“ In dem Moment kann ich nicht mehr anders. Mir entflieht ungewollt ein böses knurren. „Du bist doch selber daran Schuld. Du hättest nur eher mit mir sprechen müssen! Dabei sprichst du immer davon, dass ich dir vertrauen soll! Dabei tust du es ja nicht mal selber!“ Ich weiß, es ist gerade nicht die richtige Situation den Moralapostel zu spielen aber es ist einfach so aus mir heraus geplatzt. Tief einatmend versuche ich mich erneut zu beruhigen. Wenn wir so weiter machen, wird eh nichts dabei herauskommen. Dem Gegenüber rate ich auch dazu. Bevor noch ein Wort ertönen kann, klingelt plötzlich mein Telefon. Kyoya ruft an. Ich verkrieche mich wie so oft im Badezimmer und merke gar nicht, wie da die Zeit vergeht. Wir sprechen fast eine Stunde miteinander. So lange wollte mein Patient eigentlich warten und wach bleiben. Er ist voller Panik und Angst und Wut und doch hält er es die Zeit über nicht aus. Er schläft ein, das wohl deutlichste Zeichen, dass es ihm schlecht geht. Ich getraue mich nur zögerlich zurück ins Wohnzimmer. Wenn er jetzt noch wach wäre, wäre er nicht nur sauer, weil ich ihm nicht helfen kann, sondern auch weil ich so lange telefoniert habe. Als ich dann doch bei ihm bin, sehe auch ich, dass er schläft. Meine Blicke fallen von ihm ab und schweifen über den kleinen Tisch. Darauf erkenne ich einen Zettel, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich setze mich vorsichtig und sehe darauf. Er hat es geschafft drei Gesichter auf den Zettel zu zeichnen. Das müssen wohl die drei sein – also das woran er sich erinnern kann. Meine Blicke richten sich recht schnell wieder auf den hinter mich. Er schläft so friedlich und es dröhnt noch immer in meinen Ohren wie sehr er mich anfleht. Lange überlege ich was ich nun tun soll. Es zerreißt mich innerlich. Stöhnend lasse ich meinen Kopf hängen. „Mir bleibt ja förmlich nichts anderes übrig. Ich will schließlich auch, dass er lebt. Also … na gut …“ Entschlossen nehme ich mir meine eigenen Worte zu Herzen: Er sollte nicht sterben müssen! Eine Woche später scheint es ihm endlich besser zu gehen. Genau aus diesem Grund kommt Kyoya heute vorbei. Er untersucht ihn nochmals von oben bis unten. „Tja, ich weiß zwar nicht wie du das geschafft hast aber … du wirst es überleben!“ Tala freut sich tierisch darüber, das sieht man ihm an, sobald der Arzt es ausgesprochen hat. Das Gefühl von Übelkeit überkommt ihm nur noch selten und Blut spuckt er auch nicht mehr. Ob mit seinen Organen noch alles in Ordnung ist, muss Kyoya erst noch im Krankenhaus überprüfen aber derzeit darf er sich noch nicht so viel bewegen. „Also gut, bis du wieder aufstehen kannst, bleibst du am besten gleich hier.“, rät er ihm. Zugleich sehe ich nur zu deutlich, wie Kyoya ein strenger Blick in meine Richtung entweicht. Erst dann spricht er weiter. „Ich glaube du hast ihr bei der Heilung mehr zu verdanken als du glaubst.“ Ich mag diesen Unterton nicht. Am liebsten würde ich mich jetzt im nächstbesten Loch verkriechen. Solche Anspielungen sind mir ebenso unangenehm. Der Mann im weißen Kittel gibt Tala noch ein paar Tipps wie es ihm schneller wieder gut geht, doch da hört er eh nicht hin. Er verlässt sich darauf, dass ich das für ihn mache. Also wird heute wohl nichts mehr aus meiner Flucht ins Loch. Natürlich – ich höre ihm aufmerksam zu. Inzwischen sitze ich zumindest mit auf dem Sofa. Kyoya erklärt immer noch einiges, Dinge, die ich eigentlich schon längst weiß. Hinter mir tut sich plötzlich eine Bewegung auf. Tala stemmt sich schwerfällig auf. Sofort sehe ich zu ihm. Die letzten Wochen verleiten mich einfach zu Überfürsorglichkeit. „Was hast du vor?“ „Ich muss nur mal ins Bad.“, schüttelt er mich kühl ab und ist sofort im nächsten Raum. Mir fällt auf, dass er ziemlich lang weg ist. Was ich nicht wissen kann ist, dass er nur darauf wartet, dass Kyoya verschwindet. Er wirkt gerade jetzt sehr unsympathisch auf ihn, wenn nicht sogar aggressiv. Der halberwachsene im Bad schließt eben die Tür hinter sich, da sieht er noch durch den Türspalt, wie der Arzt mich fest am Arm packt und an sich heran zieht. Was er nicht sieht, dafür aber hört, ist die darauffolgende, saubere Ohrfeige. Am liebsten wäre er gleich wieder raus gestürmt und hätte ihm mal die Meinung gegeigt, da fällt ihm gerade wieder ein, dass er vor kurzem ja noch genau das gleiche getan hat. Außerdem interessiert ihn der Grund. Warum schlägt er mich? Tala lehnt die Tür nur ran und lauscht dem Geschehen. „Was denkst du dir eigentlich dabei?!“, dröhnt es, er. Ich hingegen bekomme nichts heraus, lediglich ein verängstigtes stottern. „Ich warte! Was denkst du dir nur dabei? Er hätte sterben müssen. Es ist alles andere als normal, dass er eine solche Dosis überlebt. Das kann niemand! Du hast etwas getan, das kannst du mir nicht ausreden!“ „M-Mir bleibt nichts – nichts anderes übrig. Ich wollte halt nicht, dass er stirbt!“ Was meint er wohl damit? Wovon sprechen die beiden? Was soll sie denn da getan haben? Ist ja schön, dass die beiden sich ständig meinen Tod wünschen!, denkt er sich augenrollend. Ihm fällt dabei nicht mal beim vorbeigehen am Spiegel auf, dass es doch eine klitzekleine Veränderung gibt. Lediglich als er sich mal an seinen Hals fasst, spürt er die beiden kleinen Narben. Er glaubt, er hätte sich zwei Mückenstiche aufgekratzt. Es ist noch leicht entzündet aber ansonsten nichts. Es sind sicher nur Mückenstiche, etwas anderes kann es doch nicht … oder? Sie kann mir doch nichts getan haben oder? Ich glaube, ich habe einfach zu viel Fantasie! Trotzdem bekommt er Panik ob es vielleicht doch etwas anderes zu sagen hat. Als draußen endlich Ruhe einkehrt, kommt er endlich wieder raus. Der Mann ist weg und ich – ich liege auf der Couch. Ich bewege mich nicht. Das Bett ist endlich mal wieder frei, also habe ich mir erlaubt, mir ein wenig mehr Platz zu nehmen. Meine Beine habe ich dennoch angezogen. Vor Erschöpfung prustend und sich den Magen haltend, kommt er direkt auf mich zu. Sein Herz rast und seine Atmung ist deutlich hörbar, als er sich setzt. Er muss durchatmend, bevor er überhaupt irgendetwas tun kann. „Hey. Das ist mein Platz.“, versucht er mich entweder zum lachen zu bringen oder mich wütend zu bekommen. Keins von beidem funktioniert. Ich rutsche lediglich ein Stück zur Seite. Der Schmerz in meinem Gesicht ist schlimmer als wie der bei Tala letztens. Ich kann nicht verhindern für einen Moment nachzugeben und auch nicht, dass Tala mich so sieht. Zum ersten Mal seit langem wünsche ich mich weg, ich hasse es, wenn mich jemand so sieht. Ich weine nicht, o nein, aber dennoch … so hat er mich eben noch nie gesehen und das wollte ich auch nie, doch anstatt ihn rauszuwerfen mache ich ihm auch noch Platz auf dem Bett. Ich begreife mich selbst nicht mehr. Eigentlich hoffe ich nun nur noch darauf, dass er genervt die Wohnung verlässt, doch Irrtum. Mit einem Mal spüre ich eine ungewohnte Wärme an meinem Rücken. Diese prickelnde Wärme tut mir irgendwie sogar gut. Eine Hand gleitet unter die Decke, unter der ich mich verkrochen habe, und über meinen Oberkörper. Er tastet sich ruhig bis zu meiner Wange vor. O nein, das macht es jetzt nicht besser. Wenn er weiß, warum ich mich verkrochen habe, kann das ja nur heißen er hat es gesehen. Er spürt die Wärme an seiner Hand und merkt erst jetzt, dass er da Blut an seiner Hand hat. Der Gedanke, dass ich mich wehren müsste, verschwindet sobald er sich setzt. Ich fühle mich eben nicht so gut, das ist alles, ganz sicher! Langsam geht die Schwellung zurück. Als er es merkt, nimmt er nach und nach seine Hand von meinem Gesicht. Er fährt ein Stück weit nach unten und legt seinen ganzen Arm über mich. Dabei kommt er mir näher und legt sich neben mich. Ruhig fädelt er seinen anderen Arm unter dem Kopfkissen entlang. Durchatmend schließt er seine Augen und zieht sich das Kissen ein Stück näher – so auch mich. Er hat seine Augen dabei geschlossen, das weiß ich, ohne ihn ansehen zu müssen. Ich denke, für andere wäre das nichts besonderes aber … bedeutet das nicht, dass er mir doch irgendwo ein Stück weit vertraut? Beide Arme um mich und mich fest im Griff haltend, habe ich das Gefühl jeglichen Muskel seines Körpers zu spüren. Es ist mir so unangenehm, schon allein, wenn er jedes Mal so nahe bei mir liegt aber diesmal ist es irgendwie nochmal anders. Je länger er an meiner Seite liegt, desto gleichgültiger wird es mir. Ich gewöhne mich irgendwie daran, an ihn. Ich habe das Gefühl, meine Wunde würde neu anschwellen. Mir steht wieder diese Hitze im Gesicht und wie ich glaube auch eine leichte Röte. Es kann nur die Wunde sein! Oder? So bekomme ich nicht mit, wie er mir noch ein Stück näher kommt. Hauchend flüstert er mir ins Ohr, „Es tut mir leid … !“ Er scheint gerade jetzt, durch diese kleine Ohrfeige begriffen zu haben, welche Schwierigkeiten er mir doch gemacht hat. In dem Moment als Kyoya ausholte, sah er schon fast sich an der Stelle und das zerreißt ihn seitdem seinen Kopf. Nicht weniger dessen, weil er es mir wochenlang so schwer gemacht hat. Er weiß, dass ich alles versucht habe um es ihm Recht zu machen und er hat nichts weiter getan als mich weggestoßen. Ich kann seinen Schmerz spüren. Je länger er nachdenkt, je länger er die Tage bis jetzt durchgeht, desto mehr versinkt er in sich. Er macht sich Vorwürfe – schließlich habe ich mich trotz allem weiter um ihn gekümmert! Die Tatsache, dass er sich bis eben nicht mal entschuldigt hat, macht es für ihn nicht besser, doch das will er jetzt alles nachholen. „Verzeih mir bitte.“ Sobald ich das das zweite Mal höre, reißt es mich aus meiner Trance, aus meiner Gleichgültigkeit. Seine warme Stimme erreicht mich bis tief in mich hinein. Perplex, weil er Worte von sich gibt, die ich kaum kenne, drehe ich mich langsam zu ihm um. Meine Augen sind weiter offen als sonst, so sehr verwundert er mich. Es ist das erste Mal, dass er mich so deutlich anschaut. Mir fällt auf, wie sein 'schauen' zu starren wird, sobald er sich meine Augen betrachtet. Er merkt nicht mal, wie er sich dabei ein Stück über mich lehnt. Ich spüre sein Gewicht, zumindest ein Teil davon. Er starrt mich so sehr an. Dass ich mich nicht mal getraue richtig zu atmen. Die Worte die er von sich gibt, sind so leise, dass ich es nicht mehr richtig verstehen kann. „Wow … schön … genial!“ „Ähhh … ich meine … du solltest nicht so komisch gucken, das steht dir nicht!“ Und dennoch berührt er ganz vorsichtig meine Wange. Bis eben habe ich auch nicht bemerkt, dass mir doch ein paar klitzekleine Tränen auf der Wange hängen. Er wischt sie von mir, als wäre es das normalste der Welt. Ich befürchte er spürt die Nervosität in mir und dass ich immer mehr verkrampfe, jedoch, wirkt er nicht so, als wäre es bei ihm anders. Vielleicht wird sogar ihm diese Nähe ZU nah. Die Tatsache, dass er bald darauf anfängt zu sprechen, lässt mich nur mehr daran glauben. „Wann hast du eigentlich das letzte Mal geschlafen?“ Ich überlege, ob ich wirklich antworten sollte. Solche Fragen sind mir immer unangenehm. Warum muss er mir auch so eine stellen?! Beunruhigter als vorher schon, presse ich die Worte zwischen meinen Lippen hervor. „Vor … vor drei Tagen.“ Ich dachte, dass er sich nun einfach nur hinlegen würde aber dass er es schafft, mich noch mehr an sich zu ziehen, verblüfft mich. Er hält mich fest in seinen Armen. Ich kann mich nicht mehr bewegen, keinen Zentimeter mehr. Ich passe für einen Moment nicht auf. Er nutzt die Sekunde und schafft es eines seiner Beine zwischen meine zu drängen. Er umschlingt eines meiner Beine, damit ich auch wirklich nicht fliehen kann. Wovor hat er nur Angst? Was ist los? „Was hast du denn?“, versuche ich ihn zu reden zu bekommen. „Es tut mir Leid, so Leid. Ich will, dass du mir verzeihst! Bitte!“, fleht er mich heiser an. Seine Schuldgedanken erdrücken ihn. Er ist es, der eigentlich nicht mehr atmen kann – nicht ich. „Ist ja schon gut, kein Problem. So schlimm war es ja nicht. Du kannst mich ruhig loslassen.“ Wie ich es von ihm gewohnt bin, verweigert er. „Ich will nicht. Ich liege hier seit Wochen nur rum.“ Da liegt etwas in seinem Unterton, was mich nervös hellhörig werden lässt. Sofort frage ich nach, was genau er jetzt damit meint. „Was soll das heißen? D-Du hast jetzt aber nichts vor, wofür ich dich hassen würde oder?!?“ Mehr hastig als entspannt antwortet auch der Rotschopf schnell, „Nein – nein – nein, Gott nein! Mache dir doch nicht solche Gedanken deswegen. Allerdings … du hast mehrere Wochen neben mir gelegen und ich durfte dich nicht einmal berühren...“ Ungern spricht er weiter. Ich sehe, wie er rot anläuft und bald darauf wegsieht. Flüsternd erklärt er, „I-Ich bin eben anhänglich, egal ob Freundschaft oder … mehr …“ Ich spüre sein Bein zwischen meinen immer deutlicher, so dass auch ich immer mehr an Farbe gewinne. Kindlich beschwere ich mich, „Denke dabei aber nichts falsches klar!“ Er kann es sich nicht verkneifen zu schmunzeln und dabei zu antworten, „Du bist doch die einzige, die hier falsch denkt!“ Ich bekomme irgendwie keine andere Wahl von ihm. Er bettet sein Kopf gleich auf meinen einen unteren Arm. Ich überlege dennoch, ob ich ihm das erlauben sollte. Irgendwie ist das ja schon … speziell. Als ich zu mir herunter Blicke und ihn so halb vor mir sehe, gebe ich auch endlich nach. Zögernd lege ich meine Arme um seinen Oberkörper. Das kommt mir so falsch vor. Ich zittere am ganzen Körper. Der Rotschopf ignoriert es einfach. Ist ja schließlich nicht nochmal, dass man sich so nahe kommt. „Du bist müde oder?“, flüstert er zu mir. Ironisch und Augen rollend antworte ich ihm, obwohl ich schon fast schlafe, „Woran mag das nur liegen? Streng mal dein hübsches Köpfchen an und denk darüber nach!“ Ich denke gar nicht nach, was ich da rede und schlafe bald darauf schon ein. Er rollt sich zwischen meinen Arme ein wie ein kleines Kätzchen. Er bekommt bei alledem nur noch einen Gedanken, der etwas von dem abweicht, woran er eigentlich denken dürfte – ich finde ihn wirklich hübsch!
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