Inzwischen ist es schon um fünf. Ich merke, dass der Waldplatz seinen Namen nicht um sonst trägt. Ich befinde mich sehr weit außerhalb. Hier gibt es nur noch Grün. Die Bäume sind riesig. Nur ein Weg ist da, den man hätte gehen können. Er wird von einer Allee aus Kastanien geleitet. Alle anderen Bäume stehen wild herum, eben ein Wald. So lange es noch hell ist, mag das ja noch in Ordnung sein aber ich fürchte schon jetzt den Heimweg. Ziemlich versteckt, vielleicht einen Kilometer von der Haltestelle entfernt steht das süße Puppenhäuschen. Es hat eine ganz verwunschene, magische Wirkung auf mich.
Für eine Weile setze ich mich einfach auf die Bank vor dem Haus gegenüber. Durch die Fenster versuche ich zu erspähen was darin vor sich geht. So sehr ich auch warte und schaue, niemand taucht auch nur einmal am Fenster auf. Nach zehn Minuten reicht es mir. Ich hole immer wieder tief Luft, um all meinen Mut zusammen zu nehmen. Meine Hand balle ich zur Faust und gehe endlich auf die Tür zu. Ich merke wie mein Körper zittert und hoffe, dass es nicht wieder auf meine Stimme über geht. Mein Mut gestaltet sich so weit, dass ich dreimal zaghaft an die Tür klopfen kann. Es ist so leise, dass sogar ich es kaum wahrnehme. Etwa zwei Minuten stehe ich davor und noch immer tut sich nichts. Ich mache gerade auf dem Absatz kehrt, als ein grelles quietschen ertönt. Zusammenzuckend wage ich einen Blick nach hinten. Eine hübsche, schon etwas ältere Frau mit langem, braunem Haar und schon ein paar Falten im Gesicht steht da hinter mir. Sie wirkt freundlich, aufgeschlossen. Trotzdem schaffe ich es nicht sie anzusehen. Also fallen meine Blicke nervös zu Boden. Ich warte darauf, dass die Stimme der mir gegenüber ertönt. „Hallo, was machst du hier? Hast du dich verlaufen?“ Ich versuche meine Lippen und meine Stimme unter Kontrolle zu bekommen. Mein Mund öffnet sich zwar, doch nur schwer zwängt sich ein Ton zwischen meinen Zähnen hervor. „N-N-Nein e-eigentlich n-nicht. S-Sie -Sie h-haben doch Frettchen oder?“ „Ja das stimmt aber wir haben zur Zeit keine zu verkaufen.“, glaubt die Frau mir gegenüber, dass sie mich enttäuschen würde. Ich stelle gleich klar, dass ich deswegen nicht da bin, „Ich – Ich bin hier, weil – weil ich m-mir nur welche – welche ansehen wollte. Mir wurde dazu geraten, bevor – bevor ich mir welche k-kaufe. I-Ich weiß, ich hätte vorher a-anrufen solle. T-Tun mir leid.“ Schon ein paar Schritte zurück gehend, hält die Brünette mich auf. „Schon gut, komm ruhig rein. Wir wollten sie eh gerade füttern. Möchtest du vielleicht mitkommen?“, lädt sie mich aufgeschlossen ein. Ich kann nicht anders als sofort nicken. Genau deswegen bin ich ja hier. Ich will sie sehen, kennenlernen. Die Frau hält mir die Tür weit auf und bitten mich hinein. Verkrampft lasse ich meine Nervosität an meinem Shirt aus. Ich zerre immer wieder daran, um besser damit umgehen zu können. Ich tapse vorsichtig zur Tür herein und bleibe gleich im Flur stehen. „D-Danke.“, hauche ich höflich. Schon die ganze Zeit über steht mir diese leichte Röte im Gesicht. Ich weiß, dass die Frau sich darüber amüsiert. „Möchtest du etwas trinken?“ „N-Nein danke.“, versuche ich lauter zu werden, doch krächze nur. Also holt die Frau nur etwas für sich. Von der Küche aus ruft sie zu mir rüber, „Du kannst ja schon mal hinter gehen. Mein Sohn ist gerade draußen.“ Ich nicke stumm, wissend, die würde es nicht sehen. Ich weiß zwar nicht wo es lang geht aber irgendwie finde ich den Weg schon. Als ich die Tür gefunden habe, gehe ich langsam auf diese zu. Direkt hinter der Tür liegt eine Terrasse, die an eine kleine hölzerne Brücke angrenzt. Unter der Brücke schlängelt sich ein kleiner Teich entlang. Das Haus ist wirklich wunderschön. So eins möchte ich später auch mal haben, irgendwann einmal., träume ich vor mich hin. Ich schaue so vertieft auf das dunkle Wasser, dass ich anfangs die strengen Blicke gar nicht bemerke. Das Augenpaar mustert mich von oben bis unten. Nun ja, viel gibt es ja nicht zu begutachten. Erst als ich merke, wie das Blut in meinen Adern gefriert und sich all meine Nackenhaare aufstellen, reagiere ich darauf. Dessen Blicke machen mir Angst. Ein Glück kommt seine Mutter endlich nach. Sie fasst mir leicht auf den Rücken, um mich mit sich ziehen zu können. „Du brauchst keine Angst vor ihm haben. Er ist manchmal so aber wenn man ihn erst mal kennt, kann er ganz nett und vor allem zuvorkommend sein.“ Ihre Worte beruhigen mich und ich bekomme das Gefühl, ich müsse diesmal den ersten Schritt wagen. Also will ich es versuchen. „Hallo“, kommt immerhin dabei heraus, nervös und gleichzeitig freundlich. Er hingegen bleibt mir gegenüber misstrauisch und ich weiß nicht mal wieso. „Hallo.“, entgegnet er mir kühl. Dabei sieht er mich nicht mal an. Meine gesenkten Blicke umfahren den Rand des Käfigs. Die große Außenanlage beeindruckt mich. Das muss viel Arbeit gemacht haben. „Wie - Wie lange hat es denn gedauert den – den Käfig z-zu b-bauen?“, wende ich mich an die Frau. Diese zuckt jedoch nur mit den Schultern und sieht zu ihrem Sohn. Innerlich rolle ich mit meinen Augen, doch äußerlich pruste ich nur. Lieber wäre ich gegangen, nein gleich weggerannt, als die Frage an ihn zu wenden. Seine eisblauen Augen sind beängstigend. Wenn ich ihm nochmal in die Augen schaue, bringt er mich sicher um., vermute ich ganz stark. Also betrachte ich lieber die Tiere und erwarte lieber keine Antwort mehr. Ist ja auch nicht so schlimm. Die Frau merkt, wie die Stimmung noch weiter kippt. „Na los, geh ruhig rein. Die beißen schon nicht.“, gibt sie mir einen kleinen Anstoß. In dem Moment kann ich nicht anders als das aussprechen, was mir gerade durch den Kopf schießt. „Das glaube ich gern aber bei ihrem Sohn bin ich mir da nicht so sicher.“, murmle ich. „Hast du was gesagt?!“, weiß er leider ganz genau, was ich von mir gegeben habe. Er fühlt sich sofort angegriffen. Seine Mutter blickt ihn von hinter mir nur einmal streng an und er wendet sich zähneknirschend den Frettchen zu. Dabei brabbelt er irgendetwas in sich hinein und wird immer wütender. „Also gut, dann lasse ich euch zwei mal allein.“, grinst sie uns beide an. Wir sehen sie beide erschrocken an. Für diese Aussage hätten wir beide ihr weh tun können. Sie zuckt für einen Moment zusammen. Sie geht ohne jeden Zweifel. Umso mehr verkrampfe ich nun und kaue mir nun schon auf der Lippe herum. Schweigend stehe ich da. Der Junge kümmert sich rührend um die Tiere, doch er erlaubt sich dabei nicht zu lächeln, nicht so lange ich dabei bin. Ich sehe ihm an, dass er es gern tun würde. Immer mal wieder wirft er mir einen Blick zu, in einem Moment, wo ich gerade nicht zu ihm schaue. Es sind immer die Momente, in denen ich die Fellknäule fixiere. „Was willst du hier?“, presst er die Frage nach langem warten zwischen seinen Zähnen hervor, böse. „Die – Die Tiere kennenlernen, sozusagen Erfahrung sammeln.“ „Klar.“, lässt er sich nicht in die Karten schauen. Er irritiert mich. Ich kann ihn nicht durchschauen. „Wie – Wie meinst du das?“ „Ganz einfach, das will jeder aber was hast du vor?! Willst du dir welche anschaffen?“ „Selbst wenn, dir brauche ich das bestimmt nicht sagen.“, erschrecke ich mich vor meiner eigenen Antwort aber bei so viel Abneigung, fällt es auch nicht schwer genauso zu reagieren. Genervt wendet er sich doch lieber wieder den Tieren zu, mit denen kann er besser umgehen. Man ist der kompliziert. Man muss ja echt aufpassen was man sagt, brennt sich in meinen Kopf. Nach ein paar Minuten des Schweigens, lockern sich meine Gesichtszüge. Ich sehe offen zu ihm, noch immer eingeschüchtert. „Also … ja. Eigentlich habe ich das vor.“ Noch wütender platz es einfach aus ihm heraus, „Ich könnte kotzen!“ Doch mir macht das nur noch mehr Angst. Ich schwanke bodenlos ein paar Schritte zurück, eh ich fragen kann, „Warum?“ Er merkt die Enttäuschung in meiner Stimme und senkt endlich mal seinen Ton, zumindest ein wenig. „Weil das alle wollen, die hier her kommen. Hast du schon mal daran gedacht?! Außerdem nervt es mich, dass hier ständig irgendwelche Kinder auftauchen und meinen sie würden so viel darüber wissen und jetzt unbedingt eins haben wollen!“ Während wir uns endlich anfangen zu unterhalten, schaut seine Mutter uns beiden vom Küchenfenster aus zu. Mit ihrem Tee in der Hand genießt sie nicht nur den Anblick unserer Wenigkeiten, sondern auch den warmen Genuss im Magen. „Was ist dein Problem? Du kennst mich doch gar nicht. Außerdem würde ich mir nicht nur eins zulegen sondern gleich drei!“, rege ich mich endlich lauter werdend auf. Wobei lauter relativ ist, denn mein Stimmchen ist gerade laut genug, dass er es ordentlich hören kann. „Alle die hier her kommen, wollen unbedingt eins haben. Wenn sie ihren Willen endlich bekommen, können sie doch nicht damit umgehen. Spätestens wenn die Mädchen das erste mal gebissen werden, geben sie sie wieder zurück mit dem lieben Gruß, dass WIR sie doch verzogen hätten! Naja, immerhin weißt du, dass man sie in Gruppen halten sollte.“, gesteht er mir zu. Diesmal antworte ich nicht. Das würde wohl zu nichts führen. Also schweigen wir, bis er noch einen drauf setzen muss. „Ach ja, ich bin nicht biss, nur gereizt. Schlecht gelaunt.“ „Wegen mir.“, stelle ich mehr fest als nachzufragen. „Richtig! Weshalb denn sonst!“, sich ablenkend steht noch immer eine Frage offen im Raum, „Und es hat mich zwei Tage gekostet, den Käfig zu bauen. Meine Mutter hat nur tausende von Fotos gemacht und zugesehen.“ So langsam beruhigt er sich. Reden hilft bei ihm wohl den Druck los zu werden. Ich werde auch wieder ruhiger und vor allem sicherer. „Wie teuer war das ganze?“ „Das wiederum weiß meine Mutter ganz genau aber es müssten so zwischen ein und anderthalb Tausend Euro gewesen sein.“ Plötzlich wird mir so schwindelig. Das muss wohl an diesen unglaublichen Preisen liegen. „Er gefällt mir sehr.“, gestehe ich ihm. „Wir haben das damals nicht gut überdacht und gleich das mitgenommen, was vor uns stand. Es geht auch wesentlich billiger und mit der gleichen Qualität Hast du echt vor einen eigenen zu bauen? Kannst du das?“, spottet er. Leise knurrend erkläre ich, „Irgendwie bekomme ich das schon hin!“ Nach einer Weile gesteht er mir eine Kleinigkeit zu, „Wenn du schon mal die Gelegenheit hast sie kennen zu lernen, solltest du auch rein kommen!“ Dabei deutet er ungern neben sich. Wieder gehe ich ein paar Schritte zurück, denn mir fällt etwas ein, was ich bisher noch nicht bedacht habe. Wie konnte ich das nur vergessen!? Ein unechtes Lächeln legt sich auf meine Lippen. „L-Lieber nicht. Die – Die meisten Tiere mögen mich nicht sehr.“ Lachend fragt er nach, „Und da willst du dir Frettchen zulegen?“ „Schön, dass sich das freut aber ich habe gesagt die meisten!“, will ich ihm diesen Triumph nicht gönnen. „Nun komm schon. Mehr als beißen können sie nicht.“ Stöhnen versuche ich mein Glück und gehe näher. Sobald ich durch das Gatter durch bin, toben die Tiere wie verrückt. Sie verstecken sich alle in ihren Löchern. „Die können dich echt nicht leiden. Tja, da bin ich also nicht der einzige!“, ist es für ihn eine richtige Genugtuung. Das kränkt mich schon, das so offen von ihm zu hören. Geknickt lasse ich mich einfach auf einen Baumstamm fallen. Ich starre auf den Boden unter meinen Füßen. Genervt rollt der Kerl mit einen Augen und setzt sich dann zu mir. „Gibt es eigentlich einen Grund warum du gerade Frettchen haben willst?“ So neugierig wie er ist, kann er mir nicht erzählen, er würde sie nicht leiden können. Ich wette er fand sie schon von der ersten Sekunde an sympathisch und hat sich deswegen dagegen gewehrt., sieht die Frau uns noch immer begeistert zu. „Ja, da gibt es ein paar Gründe. Ich finde sie sehr niedlich aber darum geht es mir nicht. Der Grund ist, dass sie so lebhaft sind und viel Aufmerksamkeit brauchen. Ich bin allein und habe nichts zu tun. Immer dann … naja egal. Ist ja auch nicht so wichtig.“, will ich es ihm nicht gerade auf die Nase binden. Er fragt auch nicht weiter nach. Ich glaube er weiß, wie unangenehm mir das ist. Während wir so da sitzen, getraut sich eines der Tiere nach draußen. Langsam nähert es sich, ich bemerke sie nicht mal. Der Junge neben mir hält still und sieht einfach mal zu. Sogar als sie direkt vor mir steht bemerke ich sie nicht mal. Näher getraut es sich nicht. Der junge Mann greift zögernd nach meiner Hand. Ich erschrecke mich sofort und tauche aus all meinen Gedanken auf. Verwundert sehe ich zu ihm. Am liebsten wollte ich meine Hand von ihm nehmen, doch er würde mich nicht grundlos anrühren, dessen bin sogar ich mir bewusst. Als ich endlich das Tier vor mir erblicke, begreife ich endlich. „Das ist Cleo. Sie ist die neugierigste unter allen.“, erklärt er mir und lässt mich los sobald es nicht mehr nötig ist. Die Kleine schnuppert an meinem Bein. Ihr warmer Atem und ihre kalte Nase kribbeln. Nervös halte ich still, obwohl ich lachen könnte. Die Fähe sieht mich verwirrt an, als würde sie überlegen wer ich bin. Das schmunzeln des Jungen ist kaum zu übersehen. Erst als sie an meiner Hand schnuppert, werde ich wirklich nervös. Sie scheint mit irgendetwas nicht einverstanden zu sein und beißt mir einfach so herzhaft in den Finger. Ich zucke stark zusammen und kneife meine Augen zu. Meine Haare stellen sich etwas auf, doch ich zucke nicht zurück. Nach einer Weile lässt das kleine Tier mich los und leckt mit nun das Blut vom Finger, als wolle sie sich entschuldigen. Sie klettert mir mit einem Satz auf den Schoß und leckt mir dann die Wange. Am liebsten würde ich jetzt wieder lachen aber schon allein wegen dem Rotschopf tue ich es nicht. Nach und nach kommen auch die anderen aus ihren Löchern hervor. „Na also, geht doch. Sie mögen dich.“ Ich nicke lediglich stumm. „Deine Meinung hat sich immer noch nicht geändert oder?“, muss ich einfach wissen. Als hätte ich ihn beleidigt, steht er bösartig auf und sieht mich von oben herab an. „Natürlich nicht! Was denkst du denn?!“ Auf den Boden sehend, stehe ich langsam auf. All die Frettchen versuche ich von mir zu heben. „Na gut, ich sollte wohl langsam gehen.“, gebe ich leise nach. Schon aus dem gehen draußen, höre ich ein leises, genervtes stöhnen. Gleich darauf nehme ich von hinter mir eine Bewegung wahr. „Warte mal! Soll … soll ich dich noch zur Bahn bringen? Es ist schon ziemlich dunkel.“ Was? Was denkt der denn? Was soll ich davon halten? Oder wichtiger, was soll ich ihm antworten? „Ich muss eh noch einkaufen.“, fügt er nach kurzer Zeit hinten an. Wenn er eh gehen muss, dann kann er ja mitkommen. Mich stört es als nicht. Also warte ich noch direkt an der Haustür. Mich wundert es, dass er sich nur zum einkaufen noch umziehen muss. Er besitzt keine Scham und macht es gleich im Flur, fast vor mir. Seine Kleidung ist komplett weiß und wird durch eine Art rote Gürtel an den Armen und Beinen geteilt. Um seinen Hals trägt er ein Stachelhalsband, fast wie ein Hund. An seinem rechten Handgelenk trägt er noch so ein Lederarmband mit Nieten besetzt. Zuletzt kontrolliert er noch sein Aussehen im Spiegel, fast so wie ich, wenn ich früh aus dem Haus gehe. Er überprüft, ob sein Haar auch sitzt. Ich stehe schmunzelnd an der Tür und kann mir ein lachen nur schwer verkneifen. Sein Pony geht bis über sein rechtes Auge und doch sieht man noch sein Augenbrauenpiercing hindurch. Bis auf seinem Pony war sein Haar eigentlich sehr kurz. „So, wir können.“, meint er kurz und genauso kalt wie immer. Ob er wohl ein Punker ist? Sein Piercing irritiert mich nur. Wenn man es auf der rechten Seite trägt, bedeutet das nicht, dass man … naja, was soll's. Ich brauche mir ja keine Gedanken darüber zu machen. Wiedersehen werde ich ihn ja eh nicht., halte ich mir einfach vor, um meine Neugierde zu stoppen. „Vergiss dein Geld nicht Schatz!“, überwirft seine eigene Mutter das Bild eines egozentrischen Arschlochs. Diesmal muss ich mich sogar wegdrehen, um nicht im lauten Gelächter auszubrechen. „Mom!“, regt er sich in einem viel zu hohen Ton auf. Ok, von jetzt an kann ich mein Bauchkribbeln nicht mehr zurück halten. Es ist zu einfach zu schlimm. Leise kichernd, versuche ich es dabei zu belassen. Man muss ihn ja nicht mehr aufregen als er es eh schon ist. Er nimmt seiner Mutter das Portemonnaie ab und knurrt leise, „Das hätte doch nicht sein müssen oder?!“ Ich kann mir ja denken, worüber er sich da beschwert, doch sage nichts dazu. Die reife Frau zuckt einfach nur mit ihren Schultern. Zu guter Letzt, nur um ihm noch eins rein zu würgen für sein ekelhaftes Verhalten, gibt sie ihm einen Kuss auf die Wange und meint, „Komm nicht all zu spät Heim und passe auf dich auf.“ „Ich glaube, ich komme gleich gar nicht mehr nach Hause!“, wird er nun richtig böse und läuft einfach darauf los. „H-Hey, hey, hey. W-Warte doch mal!“, rufe ich ihm nach und folge ihm dann schnell. „Hast du etwa Angst im dunkeln?“, lenkt er von sich an, denn durch den Kuss eben wurde er nicht nur tierisch wütend, sondern auch unsagbar rot. „I-Ich glaube, das – das einzige wovor ich im Moment Angst haben muss, bist – bist du!“ Jeder schaut zu einer anderen Seite weg, dann herrscht Stille. Bis zur Haltestelle ist es weit und sogar da angekommen, muss ich noch zehn Minuten warten. Die nächste Bahn lässt sich viel Zeit. Diesmal kommt eine 8. mit dieser komme ich höchstens bis zum Bahnhof. Ab da an werde ich wohl laufen müssen. Ich weiß eigentlich gar nicht bis wohin der neben mir fahren will. Ich hoffe nur, dass er nicht den ganzen Weg da bleibt. Sobald die Bahn da ist steige ich ganz hinten ein, er steht in etwa der Mitte. So können wir uns zumindest nicht in die Quere kommen. Ich kann es aus irgendeinem Grund nicht lassen, immer mal wieder zu ihm zu sehen, um zu wissen, ob er auch noch da ist. Wenn ich mal nicht hinsehe, schaut er unauffällig herüber. Keiner von uns merkt es. Ich nehme mir bald mein Handy zur Hand und höre lieber noch etwas Musik. Der Rotschopf bemerkt dabei in einem der Momente, in dem ich weg sehe, dass ich noch immer am Finger blute. Er wartet bis er aussteigen muss. Da erst reißt er sich ein Stück aus seinem weißen Shirt und schreibt etwas darauf. Stur, stramm kommt er zu mir und greift nach meiner Hand. Ich bin so perplex, dass ich einfach still halte. Er bindet mir das Stück um den Finger und macht einen starken Knoten, dann hält die Bahn und er steigt so schnell er nur kann aus. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass ich noch blute. Woher wusste er das denn? Was hat seine Mutter doch gleich gesagt? … er kann sehr nett und zuvorkommend sein …
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